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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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anstehende Arbeiten erledigten und sie versorgten. Sie wusste, dass sie keinen Anspruch mehr auf ihn hatte – das Recht stand jetzt seiner Frau und den Kindern zu, wenn überhaupt jemandem.
    »War der Einbruch erst letztes Jahr?«, fragte Clare, weniger weil sie sich nicht sicher war, als um das Schweigen zu brechen.
    »Erinnerst du dich denn nicht, Mutter? Es war ein Jahr früher.« Er sagte das in einem Ton, der nahelegte, dass Clare oft vergesslich war, und sie empfand die Zurechtweisung wie einen Schlag in die Magengrube.
    Vor dem Einbruch hatte Mark ihr viele Jahre lang geraten, das Haus in der Canigou Avenue zu verkaufen und in eine sicherere Gegend zu ziehen, und als sie schließlich begriff, dass es keine andere Wahl gab, als sich dem freiwilligen Hausarrest zu unterwerfen, hinter hohen Mauern und Toren und Elektrozäunen, mit Marie als ihrer persönlichen Schließerin, die ihr immer nachschlich, selbst da noch hatte sie sich beklagt, das sei keine Art zu leben, keine Art für eine Frau, keine Art für irgendeine Person, geschweige denn für jemanden, der seine Freiheit immer für selbstverständlich gehalten hatte. Als Erwiderung hatte Mark ihr gesagt, dass ganz Südafrika kein Ort für eine alleinstehende ältere Frau sei oder für zwei solche Frauen, um vierundzwanzig Stunden ohne den Schutz eines Mannes im Haus zu leben. Geh nach Australien oder Neuseeland, hatte er sie nachdrücklich gebeten, oder nach Großbritannien, nach Frankreich oder sogar nach Amerika. Jedes dieser Länder wäre dem hier vorzuziehen. Clare hatte ihn gefragt, ob das Verheiratetsein oder die Gesellschaft eines Mannes Schutz garantiere, und dabei an seine Frau gedacht, die mehrmals nur knapp davongekommen war, als man auf der Straße vor ihrem Haus auf sie geschossen hatte. Nein, hatte Mark einräumen müssen, wenn er irgendwo anders auf der Welt, wo es sicherer war, eine Stelle finden könnte, einen Ort, wo er abends einkaufen gehen konnte, ohne sich Sorgen zu machen, was ihn bei seiner Rückkehr nach Hause erwartete oder was auf dem Hin- oder Rückweg geschehen könnte, wenn er etwas so Harmloses tat, wie die Sachen von der Reinigung abholen, dann würde er mit der ganzen Familie, einschließlich Clare, umziehen, ohne zu zögern. Er war zu dem Schluss gekommen, dass Südafrika einfach kein Ort für eine Frau sei, egal welchen Alters und welcher Rasse. »Das Einzige, was diese Leute dazu brächte, sich zu ändern«, hatte er gesagt, »wäre, wenn alle Frauen im ganzen Land einfach fortgehen würden. Das würde es brauchen: das Verschwinden von über der Hälfte der Bevölkerung, um zu zeigen, dass sie genug davon hatten, schlechter als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden, schlechter als die Tiere, als Eigentum im Besitz der Männergemeinschaft, freigegeben zur Ausbeutung durch Männer, missbraucht und unterworfen und gezwungen, gegen ihre Interessen zu handeln, mitzutun bei der von Männern gegen sie ausgeübten Gewalt.«
    »Dann wirst du dich an die Einzelheiten des Einbruchs erinnern«, sagte Clare und schob ihren Teller beiseite. »Die Inkompetenz der Polizei, dass es ihr nicht gelang, mutmaßliche Verdächtige aufzuspüren oder einen der offensichtlichen Hinweise zu verfolgen, die Tatsache, dass sehr viele Gegenstände von augenfälligem Wert – Elektronik und Silber und dergleichen – nicht beachtet wurden, dafür aber ein Objekt ohne offensichtlichen Wert, außer vielleicht für einen Sammler juristischer Utensilien.«
    »Großpapas Perücke.«
    »Genau.«
    »Und die Polizei hat den Fall nie gelöst.«
    »Es war die Karikatur einer Untersuchung und eines Prozesses. Sie beschuldigten mich, so etwas wie ein Verbrecher zu sein, weil ich in einer so angreifbaren Lage wohne, als ob Rondebosch Langa wäre, und sie machten verdeckte Andeutungen zu meiner Sicherheit auf lange Sicht, sogar zu meinem Recht, als weiße Frau in diesem Land zu bleiben, ungeachtet der Tatsache, dass ich mich durch Geburtsrecht eine Bürgerin der Republik nennen kann. Sie unterstellten, ich sei eine Ausländerin, oder wenn nicht direkt, dann praktisch nichts wesentlich anderes.«
    »Wenn es darum ginge, dass alle weißen Frauen das Land verlassen, bin ich überzeugt, dass eine solche Lösung sehr viele Unterstützer fände.«
    Clare hätte das selbst so nicht gesagt – sie hielt das absolut nicht für zutreffend und begann zu begreifen, dass die politischen Ansichten ihres Sohnes nicht so fortschrittlich waren, wie sie einst geglaubt

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