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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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hob den Jungen mit seinen dünnen Armen in die Luft und schüttelte ihn. »Mach das bloß nicht noch mal!« Dann setzte er ihn ab und verpasste ihm einen Faustschlag auf die Nase, sodass überall Blut auf dem Linoleumboden war, und das Blut vermengte sich mit dem Bier und dem Wasser und Bernard schüttelte den Kopf und sagte: »Wisch das auf, wir haben heute Morgen keine Zeit für deinen Scheiß.«
    Der Junge wischte also mit einem Küchentuch den Boden auf und es dauerte lange, weil er heftig aus der Nase blutete.
    Und dann duschte Bernard. Und dann sagte er, der Junge solle sich duschen, und der Junge duschte sich und zog dann seine Kakihosen an, weil er die am meisten mochte, und das blau karierte Hemd, weil ihm das sein Vater zum letzten Geburtstag geschenkt hatte und er das Hemd deshalb am meisten mochte, und die roten Schuhe, weil das sowieso seine einzigen Schuhe waren.
    Der Junge hatte Hunger, aber sie aßen nicht. »Ich kriege heute Morgen nichts runter, mach mir lieber ’nen starken Kaffee, aber dalli.« Der Junge setzte also die Kaffeemaschine in Gang und sie tranken beide eine Tasse, aber der Kaffee schmeckte nach Zigaretten und Bernard spuckte seinen auf den Fußboden und befahl ihm, das aufzuwischen, und der Junge griff wieder zum Küchentuch, und als er sich bückte, begann seine Nase wieder zu bluten.
    Er aß eine alte Banane, die eine Woche lang in der Küche herumgelegen hatte. Er wohnte noch nicht lange bei seinem Onkel, dem Halbbruder seiner Mutter, erst seit ein paar Monaten, seit dem Winter, und es hatte nie genug für mehr als eine Person zu essen gegeben.
    Sie fuhren mit Bernards Lieferwagen zu einer Polizeistation im Stadtzentrum und Bernard hielt am Eingang zum Vorhof und sagte etwas zur Wache und der Mann öffnete das Tor und ließ sie hineinfahren und drinnen stank es wie nach Toiletten und da war ein schwarzer Plastikhügel. Bernard stieg aus und blickte auf den Hügel und schüttelte den Kopf und hob eine Ecke der schwarzen Plastikplane hoch und da sah der Junge, was unter der Plane war, und er schaute nicht mal weg, denn er hatte so etwas schon früher gesehen, aber jedes Mal wieder vergessen, und der Anblick machte nun auch nichts mehr aus. Bernard und der Mann, der angerufen hatte, zogen die Plastikplane ganz weg und schauten hin und lachten, als hätten sie noch nie etwas so Komisches gesehen.
    Bernard fuhr dann mit dem Jungen nach Hause und tauschte den Lieferwagen gegen den großen Lkw aus, mit dem er die ganze Fahrt quer durch die Stadt zurück zur Polizeistation machte. Er musste den Lkw rückwärts in den Vorhof fahren und das Dach schabte oben am Tor entlang. Der Junge dachte, dass ihn Bernard vielleicht einfach im Wagen sitzen lassen würde, während er auflud, aber er sagte: »Los, Mann, du musst deinen Unterhalt verdienen«, und zerrte den Jungen vom Sitz vorn. Der Mann mit der komischen Stimme, der angerufen hatte, sagte: »Ist der Junge nicht zu jung dafür?«, und Bernard sagte: »Weißt du, was ich in seinem Alter gemacht habe?«, lachte und zog seinen Neffen am Hemd. Sie zogen Overalls aus Plastik an und Gummihandschuhe und banden einen Mundschutz um und da waren schon zwei Polizisten in der gleichen Ausrüstung und sie begannen, die Leichen hinten auf den Lkw zu laden. Doch der Mann, der angerufen hatte, half nicht mit, weil er zu wichtig war, und er ging in seine Amtsstube, die ein Fenster zum Vorhof hatte, durch das er sie beobachtete. Einmal brachte er ihnen Tee für eine Pause, doch der Junge wollte seine Hände nicht nah an sein Gesicht bringen, und Bernard sagte: »Dann eben nicht, Mann, man nimmt, was man kriegt.«
    Der Junge nahm immer die Arme und sein Onkel die Füße und dann schwangen sie die Körper und warfen sie auf den Lkw, und als hinten alles voll war, kletterte Bernard rein und schob die Leichen herum, und dann musste der Junge die restlichen Leichen draußen an den Wagen lehnen und Bernard zerrte sie mithilfe eines der Polizisten an den Händen in den Wagen. Der Junge hatte nicht die Möglichkeit gehabt, seine Mutter und seinen Vater tot zu sehen. Die Polizei hatte gesagt, es sei nichts von ihnen übrig.
    Bernard und die zwei Polizisten lachten, weil sie sich durch den Gestank fast übergeben mussten, und dann hatten sie es geschafft und Bernard lachte noch immer, als er die Türen der Ladefläche schloss und verriegelte, und die Polizisten falteten die Plane zusammen und fingen an, den Vorhof mit einem Schlauch abzuspritzen und alles, was noch da

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