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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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werden könnte. Als junge Leute wissen wir nicht, dass Treibenlassen und Neuausrichtung nicht immer zu fürchten sind. Nora jedoch hatte sich blind treiben lassen, sich dem Meer überantwortet und den Hafen, in den es sie verschlug, ganz zufrieden angenommen.«
    »Aber die Besuche und die Fotos von mir – habe ich die gesehen?«
    »Die habe ich selbst nie zu Gesicht bekommen. Ich stelle mir vor, dass sie böswillig gewesen sein müssen und den wahren Verhältnissen nicht entsprachen. Weil sie unangemeldet zu ungünstigen Zeiten kam, fand sie das Haus oft in beträchtlicher Unordnung vor – und schließlich begriff ich, dass sie das wusste und erwartete . Sicher hoffte sie, dich dabei zu erwischen, wie du auf einem eingeschmuggelten Exemplar von Lady Chatterley’s Lover herumkautest. In dieser frühen Zeit unserer Ehe lebten dein Vater und ich wie die Bohemiens. Wir hatten keine Bediensteten, die uns halfen, das Haus sauber zu halten, und ich mühte mich, zu schreiben und mich um dich zu kümmern und den Haushalt zu bewältigen, während dein Vater sich wenig an der Hausarbeitsfront betätigte, außer dass er dich schaukelte und dir was vorgurrte und dich zum hübschesten und klügsten Baby überhaupt erklärte. Ich akzeptiere, dass er viel zu tun hatte, aber die Dinge wurden dadurch nicht einfacher.«
    »Du hast die Fotos also nie gesehen. Du vermutest nur, dass sie böswillig waren.«
    »Ich glaube, ich habe Gründe zu der Vermutung. Bald nachdem ihre Besuche angefangen hatten, riefen meine Eltern an, die damals schon zum Fish Hoek gezogen waren, um sich zu erkundigen, ob alles in Ordnung sei. Sie wollten wissen, ob dein Vater und ich zurechtkämen. Ich sagte, nicht wenig schockiert, dass wir natürlich sehr gut zurechtkämen. Sie fragten, ob sie uns nicht bald einmal besuchen kommen dürften. Ich sagte ihnen, sie könnten jederzeit kommen, erinnerte sie aber daran, dass ich zu arbeiten und gleichzeitig Hausfrau und Mutter zu sein versuchte. Ich dachte, damit würde es sein Bewenden haben.«
    »Aber die Fotos – angenommen, es gab welche – landeten nicht endgültig bei Großmama und Großpapa?«
    »Jetzt kommen wir zum Punkt, an dem ich ernsthaft beunruhigt wurde – sogar Angst bekam. Ich denke, es ging darum, eine gewisse Vorarbeit bei deinen Großeltern zu leisten. Einige Wochen nach ihrem Anruf zitierte der Institutsleiter deinen Vater zu sich und fragte ihn, ob zu Hause alles in Ordnung sei, und machte Bemerkungen über die Notwendigkeit der richtigen Umgebung für das Wohlergehen eines Kindes, und zwar moralisch wie physisch – als wollte er andeuten, dass in unserem Fall beides gefährdet sein könne. Dein Vater versicherte ihm, dass zu Hause alles bestens sei, und in der darauffolgenden Woche stellten wir unsere erste Haushaltshilfe ein. Ich habe vergessen, wie sie hieß – Pamela oder Pumla. Dein Vater baute ein gut getarntes Schließfach im Dachboden über unserem Schlafzimmer und dort versteckte ich die riskanten Bücher und Papiere, besser, als ich es vorher getan hatte. Auf gewisse Weise hatte uns Nora einen Gefallen getan. Als die Polizei dann tatsächlich an unsere Tür klopfte, gab es für sie nichts zu entdecken. Wir präsentierten eine unauffällige bürgerliche Fassade, die, oberflächlich betrachtet, keiner anzweifeln konnte. Wir schufen uns unsere Tarnung zum großen Teil dank Noras Schikanen.«
    »Aber du hast keinen belastbaren Beweis dafür, dass sie jemandem gegenüber etwas gegen dich gesagt hat. Du vermutest es nur –«
    »Du hast deine Tante nicht gekannt, mein Lieber. Ich muss dich bitten, meiner Version zu vertrauen.«
    »Sie erscheint äußerst subjektiv und spekulativ. Es klingt nicht danach, als hättest du etwas anderes als Indizienbeweise. Haben deine Eltern oder Papas Institutsleiter etwas von Fotos gesagt?«
    »Nein, aber –«
    »Also war es damit erledigt.« Mark klang, als hätte er mehr als genug gehört. Clare fragte sich, ob er bei Gericht genauso streitlustig war wie bei ihr. Kein Wunder, dass er so erfolgreich war.
    »Nein, damit war es nicht erledigt. Einen Monat nachdem der Institutsleiter mit deinem Vater gesprochen hatte, kam eine Sozialarbeiterin zu mir auf Hausbesuch. Sie hatte sich nicht angemeldet, doch alles war in Ordnung, sauber, aufgeräumt, nichts fehlte, ein wahres Bild kleinbürgerlicher Perfektion, allerdings unter großen Opfern erreicht. Die Frau entschuldigte sich und ging wieder, nachdem sie eine halbe Stunde mit mir geplaudert und mit dir

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