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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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kenne ich Ihren Ruf, gern zu übertreiben und zu verleumden, besser als meine Mutter und ihre Vertreter.
    Ich kann Sie nicht daran hindern, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben, solange sie kooperiert, doch ich rate Ihnen auf das Nachdrücklichste, nicht zu versuchen, meinen Vater, meine Schwester oder mich zu beschreiben. Ich spreche in offizieller Funktion für meinen Vater, Professor William Wald, und kann nur annehmen, dass ich auch im Sinne meiner Schwester Laura handle. Meine Mutter ist eine doppelzüngige und egoistische Frau, die stets das sagt, was sie ihrer Meinung nach im besten Licht erscheinen lässt. Sie ist eine eitle Persönlichkeit und noch eitler, was ihren Ruf angeht. Ihre Aussagen über ihre Kinder – insbesondere über mich – sind nicht vertrauenswürdig. Ich habe mich hoffentlich klar ausgedrückt.
    Ich untersage Ihnen kategorisch, diesen Brief in irgendeiner Form zu veröffentlichen oder ihn an einen Dritten weiterzuleiten.
    Hochachtungsvoll
Mark Wald
    Am nächsten Tag. Noch nie, seit ich zu Clares Haus komme, hat Marie etwas zu mir gesagt. Heute aber gibt sie einen Laut von sich, ein irritiertes Grunzen, und führt mich den Korridor entlang am Wohnzimmer vorbei, wo die ersten Interviews stattgefunden haben, zu einer Tür im hinteren Teil des Hauses. Die Zimmer, an denen wir vorbeikommen, haben nichts Bemerkenswertes. Man würde nicht vermuten, dass eine Schriftstellerin hier ein und aus geht. Alles ist penibel sauber und zu aufgeräumt, um das Zuhause eines so komplizierten Geistes wie Clares zu sein. Ich hatte willkürliche Ansammlungen von Büchern und Raumschmuck erwartet, Zeitungsstapel und kurzlebige Dinge, wie in den vollgestopften Wohnungen akademischer Bohemiens, bei denen ich in New York verkehrt habe. Dieses Haus wirkt dagegen, als wäre es einem Designmagazin entsprungen.
    Marie klopft zweimal. Sie blickt auf ihre Uhr. Dreißig Sekunden vergehen, dann öffnet sie die Tür zu einem hellen Zimmer. Zwei der Wände sind aus Glas. Sie treffen sich in der Zimmerecke, die der Tür gegenüberliegt, und gestatten einen Blick in den Garten und auf die hohen Felshänge, die hinter dem Haus steil aufragen. An den anderen Wänden stehen Regale mit exakt ausgerichteten Büchern. Marie deutet auf eine Couch, auf die ich mich setze, während sie aus dem Zimmer geht und die Tür hinter sich zumacht. Ich bin versucht, die Bücherregale zu inspizieren, vermute jedoch, dass das – allein gelassen zu werden in diesem Raum, der offenbar Clares Arbeitszimmer ist – ein Test meiner Vertrauenswürdigkeit ist. Kurz darauf dreht sich eins der Regale über dem Fußboden und Clare taucht aus einem benachbarten Zimmer auf.
    Heute wirkt sie entspannter, bekleidet mit einem langen weißen Kittel und blauer Hose, das Haar locker um das Gesicht, die Füße bloß. Sie setzt sich hinter ihren Schreibtisch. Intime Atmosphäre, doch inszeniert. Ohne mich anzusehen, blättert sie in ihrem Terminkalender. Nach einem Augenblick sagt sie: »Ja? Gut.« Ich schalte den Rekorder ein, schraube meinen Füller auf und öffne mein Notizbuch.
    »Gestern wollte ich sie nach Black Tongue fragen.«
    »Ja.« Sie schaut noch immer vor sich hin und blättert in ihrem Kalender.
    »Sie beschreiben anrührend, welche Auswirkungen Zensur auf Schriftsteller haben kann. Ich frage mich, ob Sie auf einer persönlicheren Ebene etwas über die Art und Weise sagen könnten, wie eine mögliche Zensur Ihr eigenes Schreiben beeinflusst hat?«
    Ihre Lippen öffnen sich und sie bläst einen Luftstrom aus. Sie schiebt den Kalender hin und her, bis er gerade auf dem Schreibtisch liegt, während sie die Seiten umblättert, doch ich meine sie aus den Augenwinkeln in den Garten blicken zu sehen, wo ein Mann einen schon kompakt wirkenden Busch stutzt, dessen Namen ich nicht kenne, obwohl ich weiß, dass es ein einheimisches Gewächs ist. Solche Pflanzen sollten mir eigentlich ein Heimatgefühl verschaffen, doch ihr moschusähnlicher Wildtiergeruch überrascht mich immer wieder überfallartig.
    »Ich hätte gedacht, der Essay ließe sich auf beide Arten lesen – entweder bezogen auf alle Schriftsteller, die unter der Drohung von Zensur arbeiten, oder nur auf einen bestimmten Schriftsteller«, sagt sie und unterbricht den Satz mit einem zerstreuten Hüsteln, das ich als eine ihrer nervösen Angewohnheiten beim Gespräch anzusehen beginne – das Hüsteln, das Schnauben, das unwillkürliche Räuspern.
    »Wollen Sie mir nahelegen, den Essay so zu

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