Abstauber
an.«
»Ich?«
»Sie gehen unbelastet an die Sache
heran, recherchieren Sie Zeitungsartikel, versuchen sie nachzuvollziehen, was damals
geschehen ist. Dann fangen Sie an zu telefonieren. Aktivieren Sie Ihre Kontakte.
Sammeln Sie Namen, wir klopfen dann die Hotels in Dresden ab und in der Umgebung,
sobald wir Namen haben, finden wir vielleicht raus, wer in Richtung Dresden unterwegs
war, vielleicht hat jemand von diesen Personen bei uns getankt. Und wir können vielleicht
nachvollziehen, wer mit Berlin telefoniert hat.«
»Das kann Wochen und Monate dauern«,
stöhnte Bärlach. »Und es klingt nach purer Langeweile!«
Tauner klopfte
ihm auf die Schulter. »Sie werden sehen, es wird Ihnen Spaß machen! Vor allem weil
Sie einen Dienstwagen bekommen und auf Staatskosten quer durch Deutschland fahren
und in Hotels übernachten dürfen.«
Bärlach zuckte zurück, um Tauner
aus einer anderen Perspektive sehen zu können. »Sie wollen mich loswerden«, sagte
er, und alte Dämonen, die er offenbar glaubte, losgeworden zu sein, kehrten zurück.
»Sie halten mich für einen Quälgeist!«
Tauner schüttelte entrüstet den
Kopf. »Ich halte Sie für einen guten Mann. Sie haben so viel Theorie aufgesaugt
und dann hat man Sie austrocknen lassen wie ein gutes Stück Holz. Und nun kann ich
an Ihnen herumschnitzen, bis aus dem sehr guten Theoretiker ein sehr guter Kriminalist
geworden ist. Die Arbeit, die Sie übernehmen sollen, ist sehr verantwortungsvoll.
Wir sind auf der Suche nach einem Mörder und Sie sind mein verlängerter Arm, Sie
sind meine Stimme! Ich muss die Stellung halten in Dresden, ich muss vor allem aber
meinen Kopf hinhalten, ich hoffe, Sie verstehen das.«
Bärlach nickte und sah nicht mehr
ganz so verzweifelt aus.
»Sie machen das alles schon richtig«,
sagte Tauner in einem Anfall purer Väterlichkeit. »Haben Sie nur nicht immer so
viele Zweifel!«
»Ich habe keine Zweifel«, murmelte
Bärlach.
»Na, dann ist gut«, erwiderte Tauner
ein wenig resigniert und bereute seine kleine Gefühlsanwandlung schon wieder. »Fahren
wir zurück, das hier war die reinste Benzinverschwendung.«
8
»Drei zu null, das könnte Standardergebnis werden, oder?« Pia strahlte
zufrieden mit sich und der Welt und dem ersten Spiel der EM. Portugal hatte sich
nicht als ein so starker Gegner erwiesen, wie man es im deutschen Lager nach den
guten Leistungen in der Quali befürchtet hatte. »Jetzt könnten sie gegen die Niederlanden
die Vorrunde schon klar machen. Portugal hat gut gespielt, aber ehrlich, keine Chance,
unsere Jungs hatten alles unter Kontrolle …«
»Gibt’s wichtige Neuigkeiten?«,
fragte Tauner missmutig. Er hatte Kopfschmerzen auf der Autobahn bekommen und ärgerte
sich über sich selbst, denn Bärlach hatte mehrfach angeboten zu fahren. Doch weil
er niemandem traute und ans Steuer ließ, konnte er es nicht zulassen, dass der junge
Mann fuhr, während er schlief. Außerdem hatte das, was sich in Hamburg so gut anging,
die frische Brise und dunklen Wolken, längst noch nicht bis Dresden herumgesprochen.
»Was soll
denn schon groß passieren an einem halben Tag?« Pia war zufrieden und ließ Tauner
anmerken, dass er sie nicht piesacken konnte.
»Hat Spechtler
ausgepackt? Gab es einen neuen Zeugen? Haben Martin oder die Rensing etwas Neues
gefunden?«
»Hat meine
Frau angerufen?«, setzte Pia die Aufzählung fort.
»Hat sie?«, fragte Tauner.
»Nein, aber du könntest es wenigstens
versuchen, oder?«
»Pia, was soll ich damit erreichen?
Was in den letzten zwei Jahren kaputt ging, lässt sich nicht mit einem Anruf klären.
Wir sind erwachsen und alt genug, um zu wissen, was wir wollen. Die Kinder sind
groß und ziehen sowieso bald aus.«
»Aber ihr habt euch doch mal geliebt,
oder?«
Tauner sah Pia ernst an und es tat
ihm leid, denn offenbar konnte man ihr die Laune verhageln, obwohl Deutschland das
erste EM-Spiel gewonnen hatte. »Pia, hör auf damit. Es ist meine Angelegenheit.«
Pia seufzte, dann hellte sich ihr
Gesicht auf. »Vielleicht war dieser Scheidungsantrag nur ein letzter Hilferuf?«
»Oder ein Ausrufezeichen!« Tauner
erhob sich wieder von seinem Stuhl. »Ich geh mal raus. Uhlmann ist zu Hause?«
»Er hat eine Familie und es gibt
keinen Grund …«
»Pia, das war nur eine Frage!«
»Ja, er ist zu Hause.«
»Dann mach doch auch Feierabend.
Denk nicht so viel an mich, denk an dich, freu dich über deine Nationalhelden.«
Pia nickte und war ein bisschen
wie ein kleines Mädchen, das
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