Abstauber
keinen von denen, was?«
Tauner sah sich Hilfe suchend nach
Bärlach um, doch der hatte sich anstandshalber ein wenig entfernt. »Ich habe mit
achtzehn aufgehört, Fußball zu spielen.«
»Weil Sie nicht gut genug waren.«
Frau Ehlig lächelte und Tauner wusste es nicht zu deuten. Noch immer hatten die
Fotografen sie im Visier und ihr machte das anscheinend nichts aus, fast schien
es, als kokettierte sie ein wenig damit.
Da Bärlach nicht da war, der diese
Frau mit seinem feinen Auftreten vielleicht in ihre Schranken hätte verweisen können,
musste er allein mit ihr fertig werden. »Ja, ich war nicht gut genug, deshalb hab
ich damit Schluss gemacht.«
»Konsequent, so kennt man Sie, hab
ich gehört. Und meinen Mann können Sie nicht leiden.«
Tauner wollte erst abwinken und
relativieren, was man so höre, haha, Sie wissen ja, doch schließlich hob er die
Schultern. »Ich kann kaum jemanden leiden. Aber Leute, die sich und das, was sie
tun, zu ernst nehmen, kann ich nicht ertragen.«
»Nun, Sie nehmen Ihre Arbeit doch
auch ernst. Sehr ernst sogar!«
»Das bringt die Arbeit mit sich.
Niemand sollte das Recht haben jemanden umzubringen, das sollte man unbedingt ernst
nehmen.«
»Aber den Fußball nicht? Trotz der
Millionen und Abermillionen, die man damit umsetzt, trotz der vielen Leute, die
davon leben?«
»Es ist ein Spiel. Ein Sport. Leute
rennen um einen Ball herum. Solche Leute sollten nicht so wichtig genommen werden.«
Frau Ehlig lachte belustigt auf
und legte ihm dabei die Hand auf den Arm. »Sie sind so zornig, Herr Hauptkommissar.
So als wüssten Sie nicht recht, etwas mit sich anzufangen. Sie denken viel nach,
nicht wahr, und es stört Sie, dass andere scheinbar nicht denken müssen. Die leben
einfach so dahin und machen Ihnen das Leben schwer. Entspannen Sie sich mal!«
»Wie soll das gehen? Immer wird
es es jemanden geben, der jemand anderen umbringt.«
»Und was tut es zur Sache, ob Sie
ihn einsperren?«
»Was es zur Sache tut?« Tauner sah
Frau Ehlig misstrauisch an.
»Ist es nicht egal, ob er noch ein
wenig draußen herumläuft oder im Knast sitzt? In ein paar Jahrzehnten ist es völlig
egal. Oder fragen Sie sich, wie viele Mörder vor hundert oder tausend Jahren ungeschoren
davonkamen?« Frau Ehlig wartete nicht auf eine Antwort. Sie winkte Tauner mit einer
Hand und schwebte davon.
»Also entweder ist sie unglaublich dämlich oder unglaublich schlau«,
sagte Bärlach leise.
Tauner sah der Ehlig hinterher,
wie sie in ihr Auto stieg und davongefahren wurde. »Ich frage mich, ob sie mir irgendetwas
sagen wollte.«
»Wollen Sie wissen, welchen Eindruck
ich hatte?«
»Nein!«
»Die hat sich an Sie herangemacht.
Und morgen wird Ihr Foto in jeder Zeitung sein.«
Tauner winkte ab. »Ach was.« Dann
aber hielt er einen Moment inne. »Vielleicht wollte die das ja. Sich mit mir fotografieren
lassen.«
»Und was hätte sie davon?«
Tauner hob die Schultern, mittlerweile
waren sie die Letzten auf dem Friedhof. Was hätte es geändert, wenn der Tumor ihn
umgebracht hätte? Die Kinder wären ein bisschen traurig gewesen und die Frau. Aber
spätestens in ein paar Jahrzehnten wären auch sie in die ewigen Jagdgründe eingezogen
und dann hätte es niemand mehr geschert. Was also machte er da? Wenn es letztendlich
doch sowieso irgendwann egal war?
»Herr Hauptkommissar?« Bärlach sah
ihn besorgt an. »Haben Sie einen Aussetzer?«
»Hat man Ihnen das gesagt? Dass
ich manchmal Aussetzer habe.«
»Es wurde jedenfalls mal angedeutet.«
»Ich habe einfach nur nachgedacht.
Warum meinen Sie, sollte man Mörder einfangen, selbst wenn sie vielleicht schon
ganz alt sind und sowieso bald sterben?«
Bärlach grinste schief und ein wenig
unsicher. »Sie wollen mich auf den Arm nehmen?«
»Nein, will ich nicht. Warum also
diese Mühe?«
»Damit sie nicht noch mehr Menschen
umbringen!« Bärlach sah Tauner an, als erwarte er noch immer, dass Tauner in lautes
Gelächter ausbrach.
Tauner nickte aber nur. »Ich denke,
wir werden der Staatsanwältin den Gefallen leider nicht tun können.«
»Welchen Gefallen?«
»Wir kommen
nicht weiter in dem Fall. Also müssen wir uns anderweitig umsehen. Möglicherweise
liegt das Motiv des Täters weit in der Vergangenheit. Vielleicht sann er seit Monaten,
wenn nicht sogar seit Jahren auf Rache, auf Genugtuung oder vielleicht Gerechtigkeit.
Uns bleibt nichts anderes übrig, als in Ehligs Vergangenheit nach dem Mörder zu
suchen. Das ist Ihr Job, dort setzen Sie
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