Abstauber
hatte etwas gehört. Ein Knallen näherte sich draußen im Gang
und verhallte genau vor der Zimmertür, eine Sekunde später öffnete die sich.
»Oh, Entschuldigung!«, sagte die
Staatsanwältin und klopfte an den Türrahmen. Wieder hielt sie eine Zeitung in der
Hand. »Na, alle ausgeschlafen?«, fragte sie in die Runde. Dann verfinsterte sich
ihr Gesicht. »Hab ich was verpasst?«
Uhlmann nahm Tauner das Reden ab.
»Offenbar. Heiligmann ist gestern mit einem gestohlenen Wagen überfahren worden.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit absichtlich. Er liegt schwer verletzt in der Uniklinik,
wird möglicherweise nicht überleben. Der Wagen wurde vor einer Stunde ausgebrannt
in der Nähe von Leipzig gefunden. Wir haben die Überprüfung der Flugpassagierlisten
in Leipzig–Halle und Berlin veranlasst, aber bisher gibt es keine Anhaltspunkte,
keine bekannten Namen.«
Frau Diekmann-Wachte setzte sich
auf einen freien Stuhl. Pia erhob sich, um ihr einen Kaffee zu bringen. »Dann wusste
der was! Oder er war doch der Drahtzieher! Haben Sie vielleicht den Heiligmann unterschätzt?«,
fragte die Staatsanwältin.
»Ja, wir!«, sagte Uhlmann, der peinliche
Situationen überhaupt nicht mochte und wusste, wie peinlich es sein konnte, einen
wütenden Tauner zu Wort kommen zu lassen.
»Eigentlich wollte ich Ihnen das
hier zeigen.« Die Staatsanwältin entfaltete die Zeitung.
Tauner warf einen müden Blick auf
die aufgeschlagene Seite und schnaufte resigniert.
»Was hat die Frau des Nationaltrainers
mit Hauptkommissar Tauner mitten in der Nacht zu besprechen?«, las Pia leise und
hielt die volle Tasse dabei ganz gerade. »Das bist du mit der Ehlig!«, sagte sie
dann vorwurfsvoll und stellte den Kaffee ab.
Danke, dachte Tauner, ich hätte
mich beinahe nicht wiedererkannt. Jemand musste durch das Hotelfenster ins Restaurant
fotografiert haben. Gerade in diesem Moment, als die Ehlig sich vorgebeugt hatte,
während er nach seinem Glas griff, und es so aussah, als wollten sie sich gleich
küssen. Hatte die Ehlig das arrangiert? Er hatte nicht einmal einen Blitz bemerkt.
»Was seht ihr mich an? Ich bin ja nicht fremdgegangen. Die ruft mich an, lockt mich
mit Bemerkungen, behauptet, alles zu wissen, wusste schon, dass Bärlach in Hamburg
ist, ehe er dort zum ersten Mal Luft geholt hatte. Das gehört nun mal zur Ermittlung.
Wer weiß, am Ende hätte sie den richtigen Tipp für mich gehabt.«
»Dann frage ich mich, warum sie
nicht gleich damit rausrückt!« Pia goss so beleidigt Kaffee nach, dass selbst der
Kaffee beleidigt schien.
»Weil die Langeweile hat.«
»Oder weil sie sehen will, wie weit
wir sind, um reagieren zu können. Hast du ihr vielleicht gesagt, dass wir Heiligmann
noch einmal überprüfen wollen? Was erbt die denn, wenn der Ehlig stirbt?«
»Mensch, Hans, red doch nicht! Gerade
ich soll Informationen preisgeben! Ausgerechnet ich. Aber du bringst mich auf einen
wichtigen Gedanken. Wir sollten die … wie hieß die? Schober, genau, die Schober,
die Prostituierte, die bei ihm war, aufsuchen und vielleicht in Schutzhaft nehmen.
Wenn Heiligmann wirklich ein Mitwisser war, ist die jetzt auch in Gefahr.«
»Und Bärlach!«, mahnte Pia. »Immerhin
scheinen die Drahtzieher skrupellos zu sein. Vielleicht sollten wir ihm noch ein
paar Leute schicken.«
Tauner nickte. »Ich rufe den jetzt
an, dass er sich bedeckt hält, bis Verstärkung eingetroffen ist, und dass er nirgendwo
allein hingeht. Wen wollen wir ihm denn hinschicken?«
»Am besten ein paar Leute, die sich
mit Buchmacherei auskennen.« Uhlmann nahm sich eine Liste zur Hand, auf der die
Telefonnummern der verschiedenen Dezernate standen, und vertiefte sich darin.
Tauner wandte sich an Frau Diekmann-Wachte.
»Frau Staatsanwältin. Ich brauche eine Untersuchungserlaubnis für Heiligmanns Hotelzimmer,
sein Haus und seine Büros. Am besten sofort. Wir müssen schnell und gleichzeitig
Leute dahinschaffen. Und wir müssen diese Schober in Schutzhaft nehmen. Ich befürchte,
die ist so ein kleines Licht, dass es nicht einmal jemand bemerken würde, wenn die
verschwindet. Des Weiteren müssen wir zurückverfolgen, ob und wann Heiligmann die
bestellt hat, oder ob die sogar vom Hotel vermittelt wurde.«
»Machen Hotels so was?«, fragte
Pia und Tauner konnte ihr nur einen traurigen Blick zuwerfen.
»Also Herr Tauner«, lenkte die Staatsanwältin
die Aufmerksamkeit auf sich. »Das lässt sich alles in die Wege leiten. Ich will
nur nicht mehr solche Fotos von Ihnen und der Ehlig in
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