Abstauber
der Presse. Das wirft auch
ein schlechtes Licht auf mich, denn es heißt ja immer, dass Polizei und Staatsanwaltschaft
Hand in Hand arbeiten.«
Tauner tat, als hätte er nichts
gehört. »Ich bestelle uns jetzt Frau Ehlig zum Mittag.«
Frau Ehligs Erscheinen ließ alle in Ehrfurcht verstummen. Der Beamte,
der sie hochgebracht hatte, wollte sich gar nicht von ihrem Anblick lösen. Sie war
aufgetakelt, aber auf eine teure Art, trug ein buntes, leichtes Sommerkleid und
eine riesige Sonnenbrille, die total albern aussehen musste, wenn sie sich nicht
auf Ehligs Nase befand. Ihre Beine waren schlank und schön, die Schuhe so winzig
wie teuer. Teures Parfüm vervollständigte die angenehme Aura. Ihr Haar glänzte kastanienfarben,
war locker hochgesteckt, so wie sie morgens vielleicht ins Bad ging und doch irgendwie,
als hätte ein teurer Coiffeur Hand angelegt.
»Erst versetzen Sie mich, und nun
bestellen Sie mich hierher wie ein Mittagsmenü. Ich bin nicht gewohnt, so behandelt
zu werden.« Frau Ehlig sah Tauner fragend an. Der war nicht zum Flirten aufgelegt,
schüttelte seine Starre ab, eilte zur Tür, nahm dem Beamten dieselbe aus der Hand
und plauzte sie zu. Dann nahm er die Ehlig beim Ellenbogen und komplimentierte sie
in den Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch.
»Ein tristes Büro haben Sie hier!«
Frau Ehlig sah sich um, zeigte keine Schwäche.
»Hier geht es darum, Mörder zu suchen«,
murmelte Tauner und blätterte ein wenig in den Akten, um zu zeigen, wie wenig sie
ihm bedeutete.
Um Frau Ehligs Contenance war es
gut bestellt, sie blinzelte Uhlmann zu und schenkte Pia ein angedeutetes Nicken.
Pia sah aus, als würde sie gleich einen Knicks machen. Tauner räusperte sich, um
seine Kollegen zur Besinnung zu rufen. »Sie sind doch immer bestens informiert,
nicht wahr?«
Frau Ehlig hob die schmalen Augenbrauen
bis über die Ränder ihrer hohen Brille. »Das behaupte ich immer, macht mächtig Eindruck.«
Wieder sah sie zu Uhlmann und schmunzelte. Uhlmann ließ nicht erkennen, ob es ihm
etwas ausmachte, Tauner glaubte schon, denn unter dem dichten Fell im Gesicht schienen
sich die Mundwinkel zu heben.
»Was wissen Sie über Heiligmann?«
»Haben wir uns nicht schon über
den unterhalten? Ein armes Würstchen, konnte dem Charme meines Mannes nichts entgegensetzen,
würde ihm aber niemals ein Härchen krümmen können, weil er ein guter Kerl ist.«
»Was haben Sie gestern Nacht halb
eins getan, wo waren Sie?«
»Das fragen Sie, Herr Tauner? Gewartet
habe ich auf Sie, ganze anderthalb Stunden. Und Sie glauben nicht, wie peinlich
das ist, vor dem Personal zugeben zu müssen, dass die Verabredung einen hat sitzen
lassen.«
Anderthalb Stunden, dachte Tauner
und fügte ein anerkennendes Pfeifen im Geiste dazu. »Haben Sie telefoniert?«
»Nein, habe ich nicht, um diese
Uhrzeit schlafen die meisten Menschen, die ich kenne.«
»Sie wissen, dass wir Ihre Telefonate
nachprüfen können.«
»Nein, ich glaube, das können Sie
nicht ohne Weiteres!« Frau Ehlig lächelte milde und Tauner wünschte sich, sie säßen
auf einer Wiese unter einem Baum voller Kirschblüten und sie lächelte so. Er hatte
keine Lust mit ihr zu streiten über das, was er konnte und was nicht.
»Wir können das schon«, sagte Uhlmann
halblaut.
Tauner tat, als hätte er das nicht
gehört. »Frau Ehlig, haben Sie Herrn Heiligmann gestern gesehen?«
»Wo denn, im Fernsehen?«
»In Dresden!«
»Ach was, ist der noch hier? Traut
sich wohl nicht nach Hause.«
Tauner atmete durch, er konnte der
Frau nicht beikommen, würde nie erfahren, ob sie etwas wusste oder nicht. Ihm blieb
nur noch die nächste Reaktion abzuwarten und genau zu beobachten. »Er ist fast tot,
wurde absichtlich mit einem Auto überfahren. Ich habe es gesehen, als ich auf dem
Weg zu Ihnen war.«
Es schien, als ob Ehligs Gesichtszüge
einen Moment lang entgleisten. Ihr Lächeln verschwand aus dem Gesicht. Sie nahm
die Brille ab und sah Tauner an, als fragte sie sich, ob er log.
»Wissen Sie etwas darüber?«
»Nein, nichts«, sagte die Ehlig
leise und wenn das keine echte Betroffenheit war, dachte Tauner, hatte sie einen
Oscar verdient.
»Gestern Nacht, als ich auf dem
Weg zu Ihnen war, kam er mir entgegen. Ich habe ihn erkannt und sogar noch angesprochen
und vor einem Auto gewarnt, im nächsten Augenblick wurde er von demselben vorsätzlich
angefahren. Er liegt in der Uniklinik auf der Intensivstation. Die Ärzte schätzen
seine Chancen auf weniger als zehn
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