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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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ihm, schwieg jedoch, um ihn nicht zu unterbrechen. „Sie war siebzehn Jahre jung und ich wäre ebenfalls für sie gestorben, doch ich war schon etwas länger ein Vampir. Dreihundertachtzig Jahre alt, um genau zu sein. Sie war das hübscheste Mädchen, das ich jemals zu Gesicht bekommen habe, auch wenn sie blind war.“
    „ Sie war blind?“
    Er nickte. „Das war sie. Sie konnte mich nicht sehen, jedenfalls nicht mit ihren menschlichen Augen, aber sie fühlte mich. Ihre Berührungen waren eines Engels ebenbürtig. Ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, als könnte sie genau erkennen wer oder was ich war.“
    „ Wieso hast du mir das nie erzählt?“
    „ Weil es ein Kapitel in meinem Leben war, dass ich abgeschlossen habe. Niemand außer ihr, dir und mir weiß davon. Ich habe sie geliebt, mehr noch, ich habe sie regelrecht vergöttert. Zwanzig Jahre hätten wir nur warten müssen. Ich habe auf sie gewartet und sie hat dasselbe für mich getan.“
    „ Zwanzig Jahre? Dann wärst du vierhundert gewesen und sie fast vierzig.“ Ich war überrascht.
    Vincent nickte lächelnd. „Ja, für damalige Verhältnisse war eine Frau mit siebenunddreißig Jahren alt. Das späte Mittelalter“, er rollte verständnislos mit den Augen. „So war nun einmal die Zeit. Es war uns egal. Ich hätte auch auf sie gewartet bis sie sechzig geworden wäre. Es war mir wirklich gleich!“
    Ich war vollkommen fassungslos. So hatte ich Vincent niemals zuvor erlebt. Ich hätte nie gedacht, dass er so gefühlsbetont sein konnte. „Was ist mit ihr passiert?“
    „ Sie wurde getötet, bevor wir endgültig zusammen sein konnten. Ritter haben sie umgebracht, weil sie mit mir zusammen sein wollte.“ Er strich sich, scheinbar gedankenverloren durchs schwarze Haar und seine Augen funkelten heller, als die Sterne über uns. „Sie ist meinetwegen gestorben. Menschen…vernichten lieber alles Unbekannte, bevor sie sich damit beschäftigen. Sie fürchten Dinge, die sie nicht erklären können, vor allem, wenn ihnen etwas überlegen zu sein scheint.“
    Mir fehlten die passenden Worte. „Es tut mir leid, Vincent…“
    Er hob seine Hand. „Ich bin mittlerweile darüber hinweg. Ich hatte schließlich Jahrhunderte Zeit dafür.“ Es klang nicht sonderlich aufrichtig, doch ich ließ es so stehen, weil ich davon ausging, dass ihm diese Offenbarung schon schwer genug gefallen war.
    Es stand mir nicht zu, weiter nach zubohren. Ich war froh, dass er so aufrichtig zu mir war. „Danke, dass du es mir erzählt hast.“
    „ Nur damit du weißt, dass ich dich besser verstehe, als du wahrscheinlich gedacht hast. Es macht diese ganze Geschichte trotzdem nicht einfacher. Du wirst dich entscheiden müssen. Treffe nicht die Entscheidung für das Mädchen. Ich habe es für Vivian getan und es war falsch.“
    „ Wie kann es falsch sein, wenn sie es ebenso will, wie ich. Vincent, Vivian hat sich damals auch entschieden, es ist nicht deine Schuld gewesen. Abgesehen davon ist es müßig sich darüber den Kopf zu zerbrechen, man kann die Uhr nicht zurückdrehen.“
    „ Da hast du Recht.“ Er lehnte sich entspannt ein Stück nach hinten. „Was hast du also nun vor. Du brauchst irgendeinen Plan.“
    „ Was wäre, wenn die Ältesten wüssten, wie ernst es mir ist. Ich meine, wirklich! Wenn sie Lesley kennen lernen würden und sie sehen, dass es uns beiden mehr als alles bedeutet. Vielleicht machen sie eine Ausnahme oder einer der Ältesten entschließt sich dazu, sich ihrer anzunehmen. Vincent, bitte hilf mir. Ich brauche nur etwas mehr Zeit.“
    Er sah mich skeptisch an. „Das glaubst du doch nicht im Ernst, oder?“
    „ Ich werde Peter finden. Er ist mein Freund und wird mit sich reden lassen“, ich machte eine kurze Pause. „Ich werde noch einmal vor dem Rat sprechen müssen.“
    „ Wie stellst du dir das vor? Du kannst dort nicht einfach ein und ausgehen, wie es dir beliebt.“
    „ Ich muss es versuchen, was habe ich denn zu verlieren?“
    „ Dein Leben, ihr Leben…“
    „ Vincent!“ Ich sah ihm in tief die Augen. „Du musst mir noch einen Gefallen tun, bitte.“
    Er schüttelte den Kopf. „Oh nein, vergiss es, ich spiele nicht den Babysitter.“
    „ Nur für den Fall, dass sie jemand zusätzlich schicken. Er wird nicht angreifen, wenn du in der Nähe bist.“
    Er knurrte.
    „ Bitte!“
    „ Ich bin zu alt für solche Sachen…“
    Ich grinste. „Ich danke dir. Schon wieder!“

    Als ich wieder zurück im Haus war, schlummerte Lesley noch immer

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