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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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er wertlos: ein Parasit, ein Blutsauger. Aber der Charakter des Mannes änderte nichts an der Tatsache, dass ich ihn ermordet hatte, dass er tot war und ich sein Mörder.
    Aber der menschliche Verstand ist komisch. Ich hatte seinen Tod geplant, ich hatte ihn getötet, und damit war die Sache erledigt. Mit der Tatsache des Mordes an sich konnte ich anscheinend leben. Mich plagten keine Schuldgefühle. Man konnte es als Stärke oder Schwäche meines Charakters betrachten, doch ich war ein Killer mit einem verhältnismäßig reinen Gewissen.
    Dennoch war da ein Rest. Drei kleine Dinge, die mir immer noch deutlich vor Augen standen und die ich nie vergessen würde. Zuallererst der eigenartige Ausdruck in seinem Gesicht in dem Sekundenbruchteil, bevor ich abdrückte, diese völlige Fassungslosigkeit, als wäre er plötzlich in einem anderem Raum-Zeit-Kontinuum gelandet, in das er überhaupt nicht gehörte.
    Dann der Knall des ersten Schusses. Er hallte so laut in meinen Ohren, dass für den Zeitraum, in dem der Schuss den Morgen beherrschte, die anderen vier Sinne – Riechen, Sehen, Schmecken und Tasten – völlig ausgeblendet wurden. Die Explosion eines Knalls inmitten der Leere, die das Fehlen aller anderen sinnlichen Eindrücke hinterließ – das war eindrucksvoll gewesen.
    Und das dritte Ding war die ungeheure Dummheit, mit der ich alle diese Kugeln in einen toten Körper gejagt hatte. Ich glaube, es ist gefühlsmäßig noch viel grausamer, auf einen toten Mann zu schießen als auf einen lebenden. Darin liegt solch eine konzentrierte Brutalität, die vielleicht erklärt, warum die Zeitungen und die Öffentlichkeit immer völlig ausflippen, wenn ein Mörder eine Leiche zerhackt und sie Stück für Stück auf U-Bahn-Schließfächer verteilt oder so etwas. Ein Mord ist zumindest etwas Rationales. Aber die lächerliche Vorstellung eines Mörders, der seine ganze Munition in einen Mann verfeuert, der bereits ein Loch im Kopf hat, das ist sinnlos, dumm und viel furchtbarer.
    Der Blick im Gesicht eines Mannes. Der Knall eines Pistolenschusses. Drei, vier oder fünf verschwendete Kugeln.
    Diese drei Dinge hatten Bedeutung, sie waren wichtig.
    Viel wichtiger als der Mord.
     
    Der Vorortzug hielt in der Grand Central Station. Ich faltete die Times zusammen und klemmte sie mir unter den Arm. Dann folgte ich den Massen, als wir auf der Tiefebene des Bahnhofs ausstiegen. Kurz war ich verwirrt, dann fand ich meine Orientierung wieder und ging zu dem Schließfach, in dem ich meinen Koffer verstaut hatte. Ich holte den Schlüssel aus der Tasche, sperrte auf und nahm den Koffer heraus. Ich ging damit zum Fahrkartenschalter, wo ein gebeugter Mann mit zottigem grauen Haar und dicken, beinahe undurchsichtigen Brillengläsern mir eine einfache Fahrkarte zweiter Klasse nach Cleveland verkaufte. Der menschliche Roboter am Informationsstand teilte mir mit, dass der nächste Zug nach Cleveland in achtunddreißig Minuten von Gleis 41 abfahren würde. Ich gelangte ohne Probleme zu Gleis 41. Dort nahm ich, mit dem Koffer zwischen den Knien, auf einer Bank Platz.
    Der Zug war bequem. Er nannte sich Ohio State Limited und fuhr über Albany, Utica, Syracuse, Rochester, Erie und Buffalo und sollte um 21:04 Uhr in Cleveland eintreffen. Zur Ankunftszeit rechnete ich noch dreißig Minuten dazu, dann setzte ich mich mit meiner Zeitung hin. Nach einiger Zeit erschien der Schaffner, schnappte sich meine Fahrkarte und gab mir dafür einen schmalen roten Kartonstreifen mit Nummern darauf. Er knipste eine der Nummern ab und schob den Karton in einen Schlitz am Sitz meines Vordermannes. Kurz darauf tauchte ein weiterer Gentleman auf. Er verkaufte mir zwei Scheiben Brot mit einem kleinem Stück amerikanischem Käse dazwischen sowie einen Pappbecher mit Orangensaft, um das Sandwich hinunterzuspülen. Ich reichte ihm einen Dollar, und er gab mir fünf Cent zurück. Eisenbahnen sind etwas Einzigartiges. Seit der Planwagenzeit wurde kein Verkehrsmittel erfunden, das die kürzesten Entfernungen in so unendlich langer Zeit und für einen so hohen Preis überwindet. Es ist wirklich eine Leistung.
    In Albany trafen wir fahrplanmäßig ein, in Utica hatten wir bereits fünf Minuten Verspätung, und in Syracuse waren es schon sieben. Acht Minuten verloren wir bis Rochester und weitere fünf bis Buffalo. Dann warteten wir aus irgendwelchen obskuren Gründen im Bahnhof von Buffalo. Vielleicht stand eine Kuh auf den Schienen. So etwas wird es wohl gewesen sein.
    Als

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