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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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gebräunter Mann mit einem komischen Gesicht und einem sehr dicken Bauch brachte seiner kleinen Tochter das Schwimmen bei. Sie lag mit dem Bauch auf seinem ausgestreckten Arm, wobei sie wie wild mit den Armen paddelte und mit ihren beiden rosa Beinchen um sich schlug. Ich lächelte den beiden zu und fühlte mich glücklich.
    Ich schwamm noch etwas herum. Dann ging ich zur Terrasse und trank einen Wodka Collins. Ich streckte mich auf meinem Handtuch in der Sonne aus und schwitzte den Wodka wieder aus.
    Glücklicherweise war ich schon ziemlich braun, denn ich schlief mitten in der Mittagshitze am Strand ein. Es war nett, einfach so in der Wärme wegzudösen. In meinem Kopf tanzten Erinnerungen an Mona und Gedanken an Mona und andere nette Dinge dieser Art. Vom Meer wehte eine kühle Brise herüber, Kinder brabbelten, und immer wieder dröhnte in der Ferne ein Flugzeug über das Meer.
    Also schlief ich ein.
    Die Sonne war schon untergegangen, als ich wieder aufwachte. Heiß war es auch nicht mehr – am Strand war es kalt, und ich fröstelte. Ich hüllte mich in das Handtuch und ging schnell auf mein Zimmer.
    Komischerweise war auch dieses wohlig warme Gefühl, dass alles in Ordnung war, mit der Sonne verschwunden. Mir kam es so vor, als ob etwas nicht zu stimmen schien, es war lächerlich. Ich schüttelte ärgerlich den Kopf und konnte mich nicht einmal mehr über mich selbst amüsieren. Was zum Teufel war los? Beim Einschlafen hatte ich noch glückliche Träume geträumt, und als ich aufwachte, machte ich mir schon wieder Sorgen.
    Was war das? Das Gesicht und der Schuss und die fünf Kugeln? Hin und wieder musste ich noch an sie denken, besonders wenn ich zu viel trank.
    Aber das war es nicht.
    Es war etwas anderes.
    Ich betrat mein Zimmer, fand eine frische Packung Zigaretten und steckte mir eine an. Sie schmeckte mir nicht, aber ich rauchte trotzdem nervös weiter und drückte die Zigarette dann halb geraucht aus. Was stimmte nicht?
    Ich ging zur Kommode und zog die Schublade auf. Ich nahm meine Brieftasche heraus und bestaunte all das wunderschöne grüne Papier, das den ganzen Weg von New York zur mir gekommen war. Dann schaute ich mir den weißen Umschlag an, in dem es gekommen war.
    Vielleicht hatte ich es schon vorher gesehen. Das passiert manchmal – man sieht Dinge, obwohl sie einem nicht richtig bewusst werden. Aber irgendwo tief im Gedächtnis bleiben sie haften und wollen wahrgenommen werden.
    Vielleicht war ich auch ein Hellseher.
    Oder vielleicht hatte ich einfach ein schlechtes Gefühl. Vielleicht passte irgendetwas nicht zusammen, auch wenn ich es mir passend zurechtlegte. Vielleicht brauchte es ein paar Stunden in der Sonne, bis man dem schlechten Gefühl nicht mehr mit Rationalisierungsstrategien beikommen konnte.
    Ich sah den Umschlag aus New York an. Ich sah ihn an, bis mir fast die Augen aus dem Kopf traten.
    Der Poststempel war von Las Vegas.

11
    Wir hatten uns in meinem Zimmer im Shelburne geliebt. Und dann, als ich im Dunkeln auf dem Bett lag und die letzten Spuren ihres Parfüms roch, hatte die Tür sich ein paar Zentimeter geöffnet. Ein Umschlag fiel auf den Boden, und die Tür schloss sich wieder.
    Der Umschlag hatte dreihundertundsiebzig Dollar enthalten.
    Wir hatten uns in meinem Zimmer im Collingwood geliebt, und kurz bevor sie ging, gab sie mir einen Umschlag mit mehr als siebenhundert Dollar. Vielleicht war meine Leistung damals besser gewesen, oder vielleicht wurden Liebesdienste mit jedem Mal besser bezahlt, solange man sich dafür hergab.
    Diesmal betrug die Bezahlung drei Riesen, und ich hatte noch nicht einmal Sex mit ihr gehabt.
    Jetzt erinnerte ich mich an das schlechte Gefühl im Collingwood, nachdem sie mir das Geld gegeben hatte; dieses eigenartige Gefühl, dass das Geld Bezahlung für geleistete Dienste war. Das war offenbar auch bei diesen dreitausend der Fall. Es war die Bezahlung, wahrscheinlich sogar die volle Summe, für die Beseitigung ihres Mannes. Ich fragte mich, was das gängige Honorar für Gattenmord war. Oder gab es einen festen Preis? Vielleicht variierte er, wegen der vielen Komponenten, die berücksichtigt werden mussten. Das Nettovermögen des Mannes zum Beispiel, und wie schlimm es war, mit ihm zusammenleben zu müssen. Das waren wichtige Faktoren. Es müsste mehr kosten, einen widerlichen Millionär umzubringen als einen gutmütigen, unversicherten armen Teufel. Das war doch logisch.
    Dreitausend Dollar für Mord.
    Dreitausend Dollar.
    Dreitausend Dollar

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