Abzocker
ausrichten, dass Sie in der Stadt sind. Manchmal kann ich Ihnen einen noch besseren Preis als heute bieten. Wir können immer ein Geschäft machen.«
»Klar.«
Ehe er mich aussteigen ließ, fing er zu lachen an. Ich fragte ihn, was denn so witzig sei.
»Nichts«, sagte er. »Mir ist nur gerade was eingefallen. Sind wir nicht in einem coolen Business? Nicht mal eine Wirtschaftskrise kann uns etwas anhaben. Ist das nicht zum Brüllen?«
Ich ließ meine Koffer in meinem Zimmer im Dunes. Ich wollte nicht aus dem Hotel auschecken, jetzt noch nicht. Um drei Uhr dreißig nahm ich den Bus nach Tahoe. Er war ziemlich leer. Die Straßen waren auch nicht überfüllt, und wir kamen schnell voran. Es war eine angenehme Fahrt – die Sonne schien, der Himmel war klar. Ich saß allein, sah zum Fenster hinaus und rauchte. Der Bus hatte eine Klimaanlage. Der Rauch kroch von der Spitze meiner Zigarette an der Fensterscheibe hoch und verschwand dann.
Als wir in Lake Tahoe ankamen, war es Zeit zum Abendessen. Ich hatte Hunger. Im Waschraum der Busstation warf ich einen Vierteldollar in einen Schlitz und verschaffte mir so Zugang zu einem abgetrennten Waschraum mit frischen Handtüchern und einem großen Waschbecken. Ich wusch mich, richtete mir die Krawatte gerade und kam mir wieder beinahe wie ein Mensch vor.
Ich aß ausgiebig, aber schnell zu Abend. Das Essen schmeckte ich allerdings kaum. Danach verließ ich das Restaurant und machte meine Runde.
Es war noch zu früh, aber ich schaute mich trotzdem schon nach ihr um. Wenn sie in Tahoe war, würde sie auch spielen. Und es gab nicht besonders viele Kasinos in Tahoe. Früher oder später würden wir uns in die Arme laufen.
Im ersten Kasino ging ich an den Würfeltisch und setzte ein paar Dollarwetten. Als ich dran war, ließ ich die Würfel liegen und verließ den Tisch. Ich hatte ein paar Dollar gewonnen, doch darum ging es mir nicht.
Im zweiten Kasino verspielte ich meinen Gewinn in einem Spielautomaten. Dabei sah ich mich nach ihr um, aber ich entdeckte sie nirgends. Also ging ich.
Dann kam ich an einem Herrenmodegeschäft vorbei, sah einen Hut im Schaufenster und überlegte, dass es viel besser war, wenn ich sie entdeckte, ehe sie mich sah. Ein Hut war angeblich eine perfekte Verkleidung. Hüte ändern die Kopfform oder so etwas. An manchen Orten fällt ein Mann mit Hut sofort auf, doch nicht in einem Kasino in Nevada. Die Eigentümer selbst nehmen die Hüte nicht ab, wenn sie ihr Etablissement betreten. Ich ging in das Geschäft und kaufte den Hut. Es war ein Borsalino, direkt aus Italien importiert, und er kostete zwanzig Dollar. Irgendwie kam es mir verschwenderisch vor, zwanzig Dollar für einen Hut auszugeben, den ich nur einmal tragen und dann wegwerfen würde. Doch dann machte ich mir klar, dass ich nicht mehr darauf achten musste, was die Dinge kosteten. Ein Fünfdollar-Hut hätte es auch getan, aber hier in diesem Laden gab es keine Hüte für fünf Dollar. Ich kaufte den Borsalino und setzte ihn gleich auf.
Ich sah nicht schlecht damit aus. Der Hut war hoch und hatte eine schmale Krempe, er war schwarz und sehr weich.
Ich musterte mein Spiegelbild im Schaufenster, schob den Hut ein paarmal hin und her, bis er richtig saß und auch seinen Zweck erfüllte. Dann machte ich mich auf ins nächste Kasino.
Ein paar Minuten nach neun entdeckte ich sie im Charlton Room. Ich trank gerade einen Bourbon Sour und beobachtete das Roulette, als ich sie sah. Sie waren an einem Würfeltisch, nur ein paar Meter von mir entfernt. Ich nahm meinen Drink und entfernte mich.
Ich hatte gewusst, dass sie nicht allein sein würde. Ich hätte sogar beschreiben können, wie er aussah: schwarzes Haar – schwarz, nicht dunkelbraun –, breite Schultern und ein teurer Anzug. Das Haar eine Spur zu sorgfältig frisiert, sodass keine Strähne falsch lag. Die Kleider standen ihm ein wenig zu gut, das Understatement war zu auffällig, als dass es echt sein konnte. Und er lachte oft. Nur zwei Arten von Männern sehen so aus und verhalten sich so: Gigolos und Homos. Und er war kein Homo.
Ich kenne die Spielregeln. Sie gab ihm etwas Geld, mit dem er spielen konnte, und er behielt es, egal ob er gewann oder verlor. Natürlich behauptete er immer, dass er verloren hatte. Sie konnte es glauben oder auch nicht, je nachdem, in welcher Stimmung sie war.
Wahrscheinlich wusste sie aber nicht, dass er auch einen Prozentsatz von ihren Verlusten erhielt. Das hatte das Kasino sich einfallen lassen,
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