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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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wirkte jedenfalls groß. Er trank Kaffee, während alle anderen Gäste in dem Lokal entweder Bier oder Schnaps tranken. Die Kaffeetasse stand vor ihm, und er saß da, kümmerte sich nicht darum und las Zeitung. Hin und wieder, wenn die Brühe in der Tasse lauwarm geworden war, erinnerte er sich daran und leerte sie. Kurz darauf brachte ihm eine aufgedunsene Blondine einen frischen Kaffee.
    An der Bar holte ich mir eine Flasche Bier, lehnte das angebotene Glas ab und nahm einen Schluck aus der Flasche. Ich ging mit meinem Bier zu seinem Tisch, stellte es ab und setzte mich ihm gegenüber.
    Er ignorierte mich ein paar Sekunden lang. Ich sagte nichts und wartete, dass er etwas sagte. Schließlich ließ er die Zeitung sinken, und seine Augen musterten mich.
    Er sagte: »Ich kenne Sie nicht.«
    »Das brauchen Sie auch nicht.«
    Er ließ es sich durch den Kopf gehen. Dann zuckte er mit den Schultern. »Reden Sie«, sagte er. »Es ist Ihre Kohle.«
    »Ein bisschen Kohle könnte ich schon gebrauchen«, sagte ich, »einen ganzen Haufen davon.«
    »Ja?«
    Ich nickte.
    »Was ist Ihr Ding?«
    »Ich kaufe und verkaufe.«
    »Hier in der Gegend?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ach, was soll’s«, sagte er langsam. »Wenn hier was faul wäre, wüsste ich schon längst Bescheid. Ein Pfund?«
    Ich nickte.
    »Gleich?«
    »Okay.«
    Er erinnerte sich an seinen Kaffee und nahm einen kleinen Schluck. »Ziemlich weit«, sagte er. »Haben Sie ’ne Karre?«
    Das hatte ich nicht. »Nehmen wir eben meine«, meinte er. »Fahren wir zusammen. Dealer und Kunde im selben Wagen. Nett, wenn die richtigen Leute die Stadt leiten. Alles paletti. Kein Trouble.«
    Ich verließ das Café zusammen mit ihm. Niemand blickte uns nach. Offenbar wussten die anderen Gäste, was gut war für sie. Seine Karre stand um die Ecke: ein nagelneues taubenblaues Oldsmobile mit allen Schikanen. Er fuhr langsam und gut. Das Olds schwebte durch die Innenstadt, dann über die Stadtautobahn in einen Außenbezirk auf der Südseite der Stadt.
    »Nette Gegend«, sagte er.
    Ich erwiderte etwas Passendes. Er hielt vor einer großen Ranch mit einem bunten Glasfenster. Er wohne hier allein, erzählte er mir. Wir gingen hinein, und ich sah mir das Haus an. Es war geschmackvoll eingerichtet, mit modernen Möbeln, die aber nicht extravagant wirkten. Teuer, aber nicht auffällig. Ich fragte mich, ob er die Einrichtung selbst ausgesucht oder einen Innenarchitekten beauftragt hatte.
    »Setzen Sie sich«, sagte er. »Machen Sie es sich bequem.«
    Ich nahm auf einem Stuhl Platz, der viel bequemer war, als er aussah. Die Transaktion ging mir fast zu glatt. Mein Mann hatte recht – es war nett, wenn die richtigen Leute eine Stadt leiteten. Keine Spur von Trouble.
    Ich starrte auf die Wände und wartete, dass er zurückkam. Als er wieder erschien, hielt er eine kleine, sorgfältig gefaltete Papiertüte in der Hand. »Dreißig für einen Dollar«, sagte er. »Heute gibt’s einen Spezialpreis im Zoo. Sie haben sich einen guten Zeitpunkt ausgesucht. Wir haben zu viel auf Lager, also machen wir einen Sonderverkauf. Wollen Sie nachzählen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Wenn er mich bescheißen wollte, würde ich es auch nicht merken, wenn ich nachzählte. Ich griff nach meiner Brieftasche, da fiel mir ein, dass ich noch etwas brauchte.
    »Warten Sie«, sagte ich, »ich könnte noch ein Besteck gebrauchen.«
    Er sah mich amüsiert an. »Für Sie selbst?«
    »Für jemanden.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Das kostet Sie noch einen Zehner.«
    Ich erklärte mich einverstanden. Er verschwand wieder und kam mit einem flachen Lederetui zurück, das aussah, als enthielte es Zeichenutensilien. Ich nahm das Etui und das Tütchen und reichte ihm einhundertzehn Dollar – einen Dollar und einen Zehner in seiner Sprache. Er faltete die Scheine zweimal zusammen und steckte sie in die Hemdtasche; dort trug er wahrscheinlich sein Kleingeld.
    Auf dem Rückweg in die Innenstadt wurde er beinahe gesprächig. Er fragte mich, was ich in Vegas zu tun hätte, und ich sagte, ich sei nur auf der Durchreise, was ziemlich genau der Wahrheit entsprach.
    »Ich reise ziemlich viel herum«, sagte ich. »Überall, wo es Leute gibt. Aber wenn man zu lange bleibt, wird es überall zu heiß.«
    »Kommt darauf an, was für Beziehungen man hat.«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Besuchen Sie mich, wenn Sie das nächste Mal nach Vegas kommen«, sagte er. »Ich bin immer an derselben Stelle. Oder fragen Sie nach mir, lassen Sie mir

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