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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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wundervollen Hafen. Er war ein wenig flach, doch der Untergrund war weich, und es gab nur eine schmale Zufahrt, die aufgrund der unregelmäßigen Inselsilhouette und der wogenden Uferdünen von See aus nur schwer zu erkennen war. Das ganze Dorf war hervorragend vor neugierigen Blicken geschützt. Nur Rauch hätte sie verraten können, doch das harte Holz der Büsche, die auf der ganzen Insel wuchsen, verbrannte nahezu rauchfrei. Nur wenige, die auf See vorbeikamen, hätten die weißen Rauchfahnen für etwa anderes gehalten als für eine merkwürdige Dunstdecke. Es war ein vollkommenes Seeräuberversteck.
    Dies war Sprottes Heimat, seit die Siedlung gegründet worden war, ein Ereignis, an das er sich noch gut erinnerte. Er hatte – nicht mehr als ein Kind – neben Dovian gestanden, als der große Mann grinsend den Blick über den Hafen schweifen ließ und erklärte, das sei es, dies sei genau der richtige Ort für sie, verborgen vor der Welt und ein guter Ausgangspunkt, um sich an die Seeräuberei zu machen, ans Geschäft mit Entführungen und was sich sonst noch an Erwerbsmöglichkeiten bieten mochte. Er hatte gesagt, dass es so sein würde, und mit dem Jungen an seiner Seite hatte er eine Welt erschaffen, die diesen Träumen gerecht wurde.
    Sprotte ließ die jubelnde Menge auf dem Hof von Dovians Palast zurück, wo Nineas und die jüngeren Besatzungsmitglieder die Geschichte weiter ausspinnen konnten, wie sie eine Gildenbrigg gekapert hatten, und trat durch die Tür. Er hatte einen schmalen Kasten mit Goldmünzen dabei. Dovians Palast war natürlich kein richtiger Palast, sondern ein verschachteltes Gewirr von Räumen und Gängen, nur geringfügig stabiler gebaut als die Dorfhütten. Beim Bau hatte man Balken, Planken und sogar ganze Teile von gekaperten Schiffen verwendet. Die Wände waren mit Emblemen, Namensschildern und Takellagenstücken geschmückt, die von zahlreichen geglückten Unternehmungen kündeten. Der Palast glich einer labyrinthischen Burg, der ideale Ort für Jungenspiele wie Verstecken, Das Auge des Piraten oder Pack den Schwanz. All diese Spiele und noch viele andere hatte Sprotte in diesen Gängen gespielt, und zwar nie lieber als in der Zeit, als Dovian noch auf den Beinen gewesen und sich trotz seines gewaltigen Leibesumfangs ebenso behände bewegt und ebenso gern gelaufen und getobt hatte wie Sprottes Spielkameraden.
    Sprotte klopfte mit dem Fuß an den Rahmen von Dovians Tür. Als der junge Mann die Aufforderung vernahm einzutreten, folgte er ihr. Erhellt wurde der Raum nur durch die zahlreichen Spalten und Risse in Wänden und Decke, doch es dauerte nicht lange, bis sich seine Augen auf das Dämmerlicht eingestellt hatten. Dovian war noch immer dort, wo er jetzt schon seit mehreren Monaten lag, als er krank geworden war, Schmerzen tief in den Knochen und einen quälenden Husten bekommen hatte, der ihm fast die Brust zerriss. Seine Glieder kribbelten und waren taub. Das Bett stand an der gegenüberliegenden Wand, und darauf lag Dorians Gestalt, ein riesiger Hügel von einem menschlichen Körper, von Daunenkissen gestützt, die von dem massigen Mann nahezu platt gedrückt wurden. Das Gesicht lag im Schatten, doch Sprotte spürte seinen Blick auf sich ruhen.
    Der junge Kapitän blieb bei der Tür stehen und berichtete von dem Unternehmen. Er nannte die Namen der Toten und lobte jeden einzelnen. Er schilderte, wie sie das Schiff geentert hatten, beschrieb die Schäden, die die Ballan davongetragen hatte, und schwärmte vom Nagel. Er habe gut funktioniert, sagte er, aber sie sollten ihn auf ein anderes Schiff montieren und in Zukunft wohl nur bei kleineren Gildenschiffen zum Einsatz bringen. Um ehrlich zu sein, hätte er die Ballan um ein Haar in Stücke gerissen. Er schilderte das Handgemenge auf dem glänzend weißen Deck der Brigg und die Schätze, die sie gefunden hatten. Nach den Maßstäben der Gilde war das Schiff leer gewesen, doch deren Maßstäbe waren jenseits aller normalen Größenordnungen. Seine Männer hatten alle goldenen Verzierungen abmontiert und zudem Silberbesteck, Spiegel mit kostbaren Rahmen, Teppiche, mit Schnitzereien verzierte Möbel und wundervolle Glaslaternen erbeutet: all das, was für ein Gildenschiff selbstverständlich war. Außerdem hatten sie einen Tresorraum entdeckt und den Kapitän gezwungen, ihn zu öffnen. Offenbar hatte er geglaubt, der Raum sei leer, denn als sie darin einen Kasten mit Goldmünzen entdeckten, den Kasten, den Sprotte jetzt in Händen

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