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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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hielt, war er ebenso überrascht gewesen wie die Seeräuber.
    »Wie viele Männer habt ihr getötet?«, fragte der Kranke.
    »Zehn. Und zwei Jungen. Und … ein Mädchen. Theo hat ihr die Kehle durchgeschnitten, ehe er es gemerkt hat.«
    »Und was habt ihr mit den anderen gemacht?«
    »Wir haben sie gefesselt und im Zwischendeck eingesperrt. Das Wasser und der Proviant reichen für mehrere Wochen, aber ich denke, die Gilde wird sie in ein, zwei Tagen gefunden haben.«
    »Es ist gut, dass du Barmherzigkeit übst.«
    Sprotte lächelte. »Das hast du mich gelehrt, so wie du mir beigebracht hast, wie und wann man tötet. Außerdem lässt ein Seeräuber gern ein paar Augenzeugen am Leben, damit sie von seinen Heldentaten berichten.«
    Dovian gab ein Geräusch von sich. Vielleicht war es ein Lachen, vielleicht auch ein Husten. Er winkte mit seiner Pranke. Sprotte trat näher, kniete auf dem Teppich nieder und blickte dem großen Mann ins Gesicht. Dorian starrte zurück, die Züge unförmig und nach Art der Candovier von der Sonne gegerbt. Seit Wochen verlor er stetig Gewicht, war jedoch immer noch eine gewaltige Gestalt. Er legte Sprotte die Hand auf die Schulter und drückte gerade so fest zu, dass es wehtat. Doch es war kein Tadel, und Sprotte zuckte nicht zusammen.
    »Ich bin stolz auf dich, mein Junge«, sagte Dovian. »Das weißt du doch, oder? Diesmal war ich mir nicht sicher, ob du zurückkommst.«
    Sprotte lächelte verlegen. »Ein bisschen heikel war’s schon.« Dovian musterte ihn aufmerksam, wog die Bedeutung dieser Worte ab, ahnte vielleicht die Untertreibung dahinter. »Es bereitet mir keine Freude, dass dein Handwerk so blutig ist, aber das lässt sich nicht ändern. Wir haben die Welt schließlich nicht erschaffen, oder? Für ihre Beschaffenheit und die Gewalt unter Menschen sind wir nicht verantwortlich. Daran trifft uns keine Schuld, nicht wahr, mein Junge?«
    Der junge Mann nickte zustimmend.
    Wenn er den Älteren damit aufmuntern wollte, so gelang es ihm nicht. Eher erreichte er das Gegenteil. Die markanten, sperrigen Züge in Dovians Gesicht zuckten, als hätte er Schmerzen. Er presste die Knöchel der Linken aufs Auge, als wolle er es zerquetschen. »Dann ist meine Arbeit wohl getan. Ich habe dich alles gelehrt, was ich weiß. Schau dich an: achtzehn Jahre alt, und schon ein Anführer. Jetzt werde ich mich nicht beklagen, wo ich weiß, dass du deinen Weg gehen wirst. Mehr konnte ich nicht tun. Aber es tut mir leid, dass ein Prinz ein solches Leben führen muss …«
    »Hör auf! Komm schon, wenn du wieder so anfängst wie beim letzten Mal, dann gehe ich. Ich habe eine Gildenbrigg geentert, und du fängst an, über die Vergangenheit zu jammern? Das dulde ich nicht. Soll ich gehen?«
    Dovian musterte ihn schweigend, dann sagte er: »Jedenfalls spüren die Männer, dass königliches Blut in deinen Adern fließt. Ja, wirklich. Und bleib gefälligst hier, du bist noch nicht entlassen! Sie spüren, dass sie einen König vor sich haben. Sie wissen nicht, was sie da vor sich sehen, aber du hast sie großartig in der Gewalt. Sie folgen dir noch, wenn sie anderen Männern längst die Gefolgschaft verweigert hätten. Ich habe dich Sprotte genannt, damit niemand auf die Idee kommt, du könntest ein Prinz sein. Nur ein kleiner Fisch unter zahllosen anderen Fischen in der See. Aber es lässt sich nicht leugnen, mein Junge; wenn man dir in die Augen sieht und du den Mund aufmachst, spürt man, dass du von königlicher Abstammung bist.«
    »Sogar, wenn ich fluche?«
    »Sogar dann …« Dovian schien noch weiter in die Kissen zurückzusinken, freute sich an den Bildern, die er vor seinem inneren Auge sah. »Sogar dann warst du immer noch mein Dariel, der Prinz, der sich in den Höhlen unter dem Palast mit Leuten wie mir abgegeben hat. Warum hast du das getan, mein Junge? Es ist doch seltsam, dass ein Junge wie du dort im Dunkeln umhergestreift ist. Das habe ich nie verstanden.«
    »Gib dir keine Mühe. Außerdem erinnere ich mich kaum mehr daran, und selbst wenn ich wollte, könnte ich es dir nicht erklären.« Sprotte zeigte auf den Kasten, den er auf dem Bettrand abgestellt hatte. »Möchtest du dir nicht anschauen, was in der Kiste ist?«
    »Du erinnerst dich wirklich nicht mehr?«
    »Nein. Alles, woran ich mich erinnere und erinnern will, ist dieses Leben. Das Leben, das wir hier führen, ist alles, worauf es ankommt«, sagte er mit der größten Entschiedenheit, die er aufbringen konnte.
    Doch so sehr er sich

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