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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Lage machte und sich besser darüber im Klaren wäre, wie es weitergehen sollte, wenn er zurückkam. Er musste schnell reiten, deshalb ließ er Dariel in einer etwas außerhalb des Dorfes gelegenen Hütte zurück. Seine Schultertasche ließ er dem Jungen da und meinte, dies sei alles zu seinem Besten.
    Der Mann ritt davon. Eine Weile hörte Dariel noch das Klipp-Klapp der Ponyhufe, und als es schließlich verstummte, war er fast gelähmt vor Angst. Er hatte nicht einmal aufbegehrt, hatte kein Wort gesagt. Wie auch, da er doch gewusst hatte, dass der Mann ihn anlog.
    Die Nacht verbrachte er zitternd in tiefer Dunkelheit, so klein wie eine Maus und ebenso hilflos. Stundenlang regnete es, und anschließend krochen Nebelschwaden durchs Tal wie Geister. Er machte kein Feuer, kam nicht auf den Gedanken, sich die Decke aus dem Bündel des Beschützers zu holen, und merkte nicht einmal, dass er Hunger hatte. Da die offensichtliche Wahrheit ihn überforderte, leugnete er sie. Er stellte sich vor, sein Vater sei wieder lebendig und unterwegs zu ihm. Mit allen möglichen Phantasien voller gieriger Hoffnung vertrieb er sich die Zeit. Vielleicht war das auch gut so, denn als die Rettung nahte, war sie kein bisschen plausibler als seine Träume. Dennoch empfing er sie mit offenen Armen.
     
    Auf dem Schemel neben dem Krankenbett seines Retters sitzend, fragte Sprotte: »Erinnerst du dich noch an die Nacht, in der du mich gefunden hast?«
    »Als wäre es gestern gewesen, mein Junge.«
    »Da fange ich an, verstehst du? Du warst ein Schatten, der sich durch die Tür gedrängt hat und mich in meinem Versteck entdeckt hat …«
    »So ein armseliges Loch!«, warf Dovian ein. »Eine Schande, dass du jemals eine Nacht dort verbringen musstest.«
    »Ich weiß noch genau, was du gesagt hast«, fuhr Sprotte fort. »Du hast gesagt …«
     
    »Wer hätte das gedacht«, sagte der Schatten, der hinter einer hoch erhobenen Laterne in die Hütte trat, »dass einem in diesen Zeiten ein Prinz über den Weg laufen würde? Manche Leute haben wohl einfach Glück.«
    Dariel konnte sich zwar noch immer genau an diese Worte erinnern, doch in jener Nacht hatte es einen Moment gedauert, bis er begriff, was geschah. Er hatte sich drei Tage lang versteckt gehalten. Ein Teil von ihm dachte noch immer, der Beschützer werde vielleicht zurückkehren, doch tief im Innern hatte er die Hoffnung bereits aufgegeben. Was für eine vertraute Stimme, dachte er. Aber wem gehörte sie, und wie kam sie hierher? Dariel wusste, dass er sie kannte, vermochte sie jedoch einen erschreckenden Augenblick lang nicht mit dieser Berghütte in Einklang zu bringen.
    Der Schatten kam näher. »Alles in Ordnung, du Schlingel? Hab keine Angst. Ich bin’s, Val. Val ist gekommen, um dir zu helfen.«
    Val?, dachte Dariel. Val aus den Höhlen unter dem Palast – der Heizer der Küchenöfen … Sein Val! Er sprang auf, taumelte dem Mann entgegen und warf sich ihm an die Brust. Als er seine salzige, beißende, nach Kohlenrauch riechende Gewaltigkeit einatmete, löste sich all seine aufgestaute Furcht in heftigem Schluchzen. Er krallte die Hände in das Hemd seines Retters und rieb seine Tränen und seine Rotznase in den Stoff wie ein zitternder, fiebernder Säugling.
    »Ach, nicht doch, mein Junge«, sagte Val leise. »Nicht doch. Jetzt wird alles gut.«
    Und das war nicht gelogen gewesen. Alles war gut geworden, jedenfalls so weit, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war. Wie sich herausstellte, war Val auf dem Heimweg nach Candovia gewesen, einer der vielen, die sich in den Kriegswirren auf Wanderschaft begeben hatten. Zufällig war er in einem behelfsmäßigen Lager am Rande der Flüchtlingsstraße Dariels Beschützer begegnet. Der Mann hatte eifrig dem Pflaumenwein zugesprochen und erzählte jedem bereitwillig, er sei der persönliche Leibwächter eines Königssohns gewesen. Val hatte sich so dicht zu ihm gesetzt, dass er den ekelhaft süßlichen Atem des Mannes riechen konnte. Er drängte ihn zum Reden, bis der Mann gestand, wen er bewacht und wo er ihn zurückgelassen und sich feige aus dem Staub gemacht hatte. Er habe den Mann nicht finden können, dem er den Jungen hätte übergeben sollen! Wahrscheinlich sei er tot, und der Beschützer habe keine weiteren Anweisungen gehabt. Und bei den Neuigkeiten, die von überallher eintrafen – Maeander in Candovia, Hanish Sieger in der Schlacht von Alecia -, konnte er nichts mehr für den Jungen tun. Gewiss, er hatte ihn seinem

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