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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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von sich behauptet hatte.
    Unbestritten war hingegen, dass die Talayen sich als erstes Volk des Kontinents mit Edifus verbündet hatten. Im Gegenzug hatte er ihnen die Oberhoheit über ihre Nachbarn gewährt und sie mit der Aufgabe betraut, diese zu überwachen. Das war keine Kleinigkeit. In der Provinz lebten etwa fünfunddreißig Stammesvölker, die fast ebenso viele Sprachen benutzten und vier unterschiedlichen Volksgruppen angehörten, die nur wenige Gemeinsamkeiten aufwiesen, sodass von einem talayischen Volk nicht die Rede sein konnte. Zwar waren sie alle dunkelhäutig, doch ihre Hautfarben unterschieden sich beträchtlich, von den anderen körperlichen Unterschieden ganz zu schweigen, die größer waren als innerhalb der anderen Nationen in der Bekannten Welt. Viele dieser Völker waren so groß, dass sie über beträchtliche militärische Macht verfügten. Die Halaly, die Balbara, die Bethuni: Gegen Ende des Akaran-Reichs hatten sie Armeen von jeweils zehntausend Mann aufzustellen vermocht. Die Talayen selbst konnten fünfundzwanzigtausend Soldaten einberufen und hatten natürlich das Recht, bei ihren Nachbarn weitere Truppen auszuheben. Hätte ihre Vormachtstellung überdauert, wäre der Krieg gegen Hanish Mein vielleicht anders verlaufen. Aus Gründen, die in der fernen Vergangenheit wurzelten, war dies jedoch nicht der Fall gewesen.
    Alter Hass stirbt nie, dachte Thaddeus. Er wartet nur auf eine günstige Gelegenheit.
    Solche Gedanken kamen ihm ungerufen in den Sinn und verstärkten sein Unbehagen noch. Vielleicht hatte er sich zu viele Jahre lang versteckt. War zu lange in den Höhlensystemen Candovias herumgeschlichen, an dunklen und feuchten Orten, umgeben vom Erdreich, wo ein leises Grollen zu vernehmen war, das an das Gurgeln im Leib eines dicken Mannes erinnerte. Doch gar so beklommen war ihm nicht zumute gewesen, als er ins Tageslicht zurückgekehrt war und sich an die Arbeit gemacht hatte. Sein Vertrauen in seine Fähigkeiten war groß genug gewesen, als er Verbindung mit seinen Spionen aufnahm und so viel wie möglich in Erfahrung brachte. Als er den alten General aufgesucht und ihn auf einen neuen Weg gebracht hatte, hatte er keine Selbstzweifel verspürt. Warum also jetzt diese Furcht, die er nicht abzuschütteln vermochte?
    Vielleicht, versuchte er zu glauben, lag es nur daran, dass er sich jeden Tag weiter von den heimatlichen Gefilden entfernte. Dieses Land war ganz anders als die üppige Landschaft Nordthalays, die er bereits durchquert hatte. Dort hatte sich das wogende Ackerland bis an den Horizont erstreckt, die Felder waren von Bäumen gesäumt gewesen, und hin und wieder waren Dörfer eingestreut. Dort war die Natur gezähmt gewesen, von Generationen menschlicher Mühen gebändigt und nutzbar gemacht. Außerdem war das Land dichter besiedelt gewesen. Die Bevölkerung, das wusste Thaddeus, war durch Ansteckung dezimiert worden. Sie war von der Krankheit und vom Krieg verheert, wie die meisten der Provinzen. Es gab auffällig wenige Männer in mittleren Jahren, doch den Frauen war es anscheinend etwas besser ergangen. Und es gab dort viele Kinder. Es wimmelte geradezu von Kindern, was Hanish Mein gefreut hätte. Er hatte verfügt, dass alle Frauen, die Kinder bekommen könnten, auch welche bekommen mussten . Die Bekannte Welt musste neu bevölkert werden. Wenn sie gedeihen sollte, waren Menschen nötig, neue Angehörige, die den Platz der Toten einnahmen, neue Untertanen, die dabei mithalfen, die Welt in Gang zu halten. Thaddeus verstand besser als jeder andere, weshalb Hanish dem so große Bedeutung beimaß.
    Das Ziel des ehemaligen Kanzlers lag im tiefen Süden, wo er noch nie gewesen war, inmitten der ausgedörrten Ebenen und wogenden Hügel im Herzen Talays. Die Entfernung betrug mehrere hundert Meilen, ein langer Weg für einen Mann seines Alters. Dennoch hatte er sich entschieden, zu Fuß zu gehen. Einsam umherstreifende, geistig verwirrte Menschen waren keine Seltenheit. Er hätte ewig umherwandern können, ohne bei den spärlich anzutreffenden Mein-Soldaten auch nur das geringste Misstrauen zu wecken. Vielleicht hatte sein langer Marsch auch etwas von einem Bußgang, auch wenn er sich dies nicht eingestand.
    Mit Staub bedeckt, betrat er den Hof von Sangae Umae. Zu dem Dorf Umae, das in einer Talmulde zwischen zwei wulstigen Graten aus Vulkangestein lag, gehörten etwa fünfzig Hütten, eine Handvoll Lagerhäuser und Vorratsgruben sowie ein größeres Bauwerk in der Mitte des

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