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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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dreißigtausend Männer, erklärte der Mann, vierzigtausend Frauen, fast dreißigtausend Kinder und nur eine geringe Zahl von Greisen, da die Aushenier ihrem Leben häufig ein Ende machten, wenn sie das Gefühl hatten, zu nichts mehr nütze zu sein. Außerdem lebe innerhalb der Landesgrenzen eine unbekannte Zahl ausländischer Händler sowie eine kleine Dienstbotenklasse von zehnbis fünfzehntausend Personen.
    Als der Mann geendet hatte, sagte Igguldan: »Aber das ist euch doch bekannt. Wir wissen schon seit geraumer Zeit, dass wir von Kundschaftern der Gilde beobachtet werden.«
    »Gewiss irrt Ihr Euch«, wehrte Sire Dagon ab, wenngleich er nicht darauf einging, worin der Irrtum des Prinzen bestehe. »In der Vergangenheit hat Euer Volk wiederholt Einwände gegen unser Handelssystem vorgebracht. Sollen wir jetzt glauben, das habe sich geändert? Euer Vater würde alle unsere Bedingungen erfüllen, wie es sich für einen Platz im Reich ziemt? Ihr wisst, mit welchem Erzeugnis das Reich handelt und was wir dafür erhalten?«
    In der darauf folgenden kurzen Stille löste Aliver den Blick von Igguldans Gesicht und musterte die übrigen Ratsmitglieder, seinen Vater und schließlich den Mann der Gilde. Er fühlte, wie sich sein Herzschlag unerklärlich beschleunigte, und konnte auch in den Gesichtern der anderen Anzeichen dafür sehen, wenngleich er nirgends eine solche Verwirrung sah, wie er sie verspürte. Auf welches Erzeugnis spielte Sire Dagon an? Erze aus den Bergwerken, Kohle aus Senival, Handelsgüter und Edelsteine aus Talay, exotische Früchte vom Vumu-Archipel: Das waren die Güter, mit denen über Landesgrenzen hinweg gehandelt wurde. Doch wenn er das meinte, weshalb tat er dann so geheimnisvoll?
    Igguldan antwortete dem Gildenvertreter mit einem widerwilligen Kopfnicken.
    Sire Dagon legte voller Genugtuung eine langgliedrige Hand über die andere und ließ sie auf der Tischplatte ruhen. Der Edelstein an einem Finger funkelte kurz auf. »Im Laufe der Zeit und nach reiflichem Überlegen haben alle Völker unser System für annehmbar befunden. Alle haben die Vorteile erkannt, die wir ihnen bieten. Doch gerade deswegen müssen wir das Erreichte schützen. Wir haben ein Gleichgewicht hergestellt. Das wollen wir nicht stören. Deshalb sind uns neue Partner im Moment nicht sonderlich willkommen. Gewiss gebe ich damit auch die Meinung des Königs wieder.« Sire Dagon nickte Leodan zu, ohne ihn direkt anzusehen. Dann schlug er einen anderen Ton an. »Andererseits... Sagt, sind eure Frauen fruchtbar?«
    Igguldan lachte auf, verstummte jedoch, als niemand einstimmte. Er blickte in die Runde, dann sah er wieder Sire Dagon an. In seiner Miene spiegelte sich die Erkenntnis wider, dass er sich in der Annahme, der Gildenvertreter habe einen unflätigen Scherz gemacht, offenbar getäuscht hatte. Ein Gespräch schloss sich an, das Aliver seltsamer vorkam als alles, was er bislang gehört hatte. Die Aushenier waren auf die Frage vorbereitet. Sie machten genaue Angaben zu dem Alter, in dem die aushenischen Mädchen heranreiften, zur Häufigkeit ihrer Schwangerschaften und zur Sterblichkeitsrate der Kinder.
    Aliver meinte zu erkennen, wie Sire Dagons Mundwinkel belustigt zuckten, war sich jedoch nicht sicher, ob er die Regung richtig deutete. Der Gildenvertreter enthielt sich jeglicher Erwiderungen und verfiel abermals in unergründliches Schweigen. Die Besprechung nahm ihren Fortgang, ohne dass er erneut das Wort ergriffen hätte.
    Leodan schien die Unterhaltung nur zu gern in eine andere Richtung zu lenken. »Ich nehme Eure Überzeugung zur Kenntnis, Prinz, und ich bewundere sie. Doch auch die Unabhängigkeit eures Landes habe ich schon lange bewundert. Ihr seid die Letzten der Bekannten Welt, die ganz auf sich allein gestellt sind; für einige von uns war Euer Volk stets... nun, ein Ansporn.«
    »Majestät«, sagte Igguldan, »Ansporn zu sein allein nährt und kleidet kein Volk. Wir Aushenier brauchen uns nicht zu schämen, doch uns ist klar, dass die Welt sich von dem Ideal, das wir so lange angestrebt haben, fortentwickelt hat.«
    »Und wie sah dieses Ideal aus?«, erkundigte sich Thaddeus. »Helft unserem Gedächtnis auf die Sprünge.«
    »Aushenia wurde zeitweise von bedeutenden und weisen Frauen regiert. Unsere Königin Elena hat in ihren Dekreten vorgeschlagen, die Bekannte Welt als Staatenbund freier und unabhängiger Nationen zu organisieren, von der keine der anderen untergeordnet sei. Alle Länder sollten ungehindert

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