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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Geier; die anderen kreisten in der Höhe und schrien ihren Zorn zu ihm herunter. Doch es dauerte nicht lange, bis ihm klar wurde, dass seine Anstrengungen vergebens waren. Immer mehr Vögel tauchten auf und ließen sich auf dem Boden nieder, wann immer er ihnen den Rücken zukehrte.
    Er bemerkte, dass auch noch andere Geschöpfte hier unterwegs waren: kleine, weiße Füchse, die Kiefer rosig verfärbt, ein wieselartiges Tier mit schwarz-weiß gestreiftem Schwanz und sogar eine Insektenart mit hartem Panzer, der die Kälte anscheinend nichts ausmachte. Mehrere davon tötete er allein durch seine Berührung, er versengte sie mit der Wärme seiner Fingerspitzen. Hitze. So eine gewaltige Macht an diesem Ort, ein Instrument des Lebens und des Todes, der Folter und der Erlösung.
    Endlich klar denkend, machte er sich daran, Brennmaterial zu sammeln. Es war nicht leicht, geschwächt wie er war. Immer wieder musste er innehalten und einen Schluck aus dem Wasserschlauch trinken, den er sich um den Bauch geschnallt hatte, und an dem harten Fladenbrot knabbern, der einzigen Nahrung, die er in seinem derzeitigen Zustand zu sich nehmen konnte. Im trüben Licht der Abendsonne entfachte er ein Feuer und warf die gefrorenen, angesengten Leichen seiner Soldaten darauf. Er wagte sich ins Dunkel und in die Kälte vor und zerrte Opfer für die Flammen heran. Immer wieder tat er das, jedes Mal eine kleine Reise zwischen den Extremen. Wenn er sich zu schnell bewegte, wurde ihm schwindlig. Häufig ließ er sich auf ein Knie nieder und schloss regungslos die Augen, bis der Schwindel aufhörte. Der Wind hatte wieder aufgefrischt, und wegen der Böen war es unmöglich, keinen Qualm einzuatmen. Hustend und rußbedeckt mühte er sich weiter, bis er das Werk vollendet hatte. Seine Soldaten sollten nicht den Aasfressern zum Opfer fallen. Besser war es, sie der Luft anheimzugeben und fortwehen zu lassen, auf dass sie in der Weite der verfehlten Schöpfung des Gottes irgendwo Frieden fänden.
    Später in jener Nacht kauerte Leeka sich mit tränenden Augen dicht neben den Flammen nieder. Schmutz hatte seine Lippen überkrustet und klebte an den Zähnen. Mehrmals wehte der Wind fernen Frauengesang heran. Eigentlich konnte das nicht sein, und doch hörte er es fast deutlich genug, um sogar einzelne Worte zu verstehen und die Melodie mitzusummen. Was sollte er jetzt tun? Wieder und wieder versuchte er, sich auf diese Frage zu konzentrieren. Er war ein General, der sich einer Tragödie gegenübersah; vor allem anderen musste er einen Plan schmieden. Doch er kam nie über das Stellen der Frage an sich hinaus, dann wurde er jedes Mal wieder von einer besonders entsetzlichen Erinnerung abgelenkt. Obwohl in seinem Verstand die Szenen des Gemetzels tobten, vermochte er kein einzelnes Bild herauszulösen, in dem er eine der menschenähnlichen Kreaturen hätte fallen sehen. Während seines Tagewerks war er auf keinen einzigen toten Angreifer gestoßen. Sämtliche Gliedmaßen, die er eingesammelt und ins Feuer geworfen hatte, stammten von seinen eigenen Leuten. Er hatte keinen einzigen Beweis dafür gefunden, dass auch nur einer der Fremden getötet oder verwundet worden wäre.
    Die Fährte der fremden Krieger war im strahlenden Morgenlicht deutlich zu erkennen. Trotz des gleißenden Schnees und der Windverwehungen glich ihr Weg einem ausgetrockneten Flussbett, das die Tundra durchschnitt. Was für Fuhrwerke sie auch immer zogen oder schoben, sie mussten gewaltig sein, denn die Furchen, welche die Räder im Eis hinterlassen hatten, waren mehrere Fuß tief. Auch die Spuren der Nashornwesen konnte er ausmachen. Dazwischen und darum herum waren zahllose Fußspuren der Feinde selbst. Manche davon waren anderthalbmal so lang wie die eines gewöhnlichen Menschen. Andere stammten anscheinend von Kindern. Doch einige hätten auch von acacischen Soldaten stammen können. Gefangene?
    Leeka folgte der Fährte. Auf einem der kleineren Schlitten nahm er alles an Vorräten mit, was er hatte auftreiben können. Außerdem machte er sich Wanderstöcke aus Zeltstangen und rammte sie bei jedem Schritt ins Eis. Er schritt energisch aus, eine einsame Gestalt, die hinter einer Armee herstapfte. Eigentlich war das sinnlos. Er wusste noch nicht genau, was er damit bezweckte. Irgendetwas musste er einfach tun. Schließlich war er ein Soldat des Reiches. Ein Feind war auf dem Vormarsch, und es galt, seine Nation zu warnen.

10

    Wie alle Aushenier, denen Aliver bisher begegnet war, trug

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