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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Kreis traten, die mit ihren langen, schmalen Speeren die Tenten aus sicherer Entfernung aufspießen konnten. Das Getöse war noch genauso schlimm wie zuvor, doch sie wusste, dass der schwierige Teil vorbei war.
    Melio holte sie ein, als sie langsam auf den Felsvorsprung zuging, von dem aus sie von Neuem den Horizont in sich aufnehmen, die Weite der Welt sehen und bestaunen wollte. »Du solltest gelegentlich wirklich auch mal andere ihren Hals riskieren lassen«, bemerkte er grinsend. »Du hast Glück, dass deine Männer dich ebenso sehr fürchten wie deinen Tod. Sonst wären sie vielleicht in den Kreis gestürmt und hätten alles verdorben. Aber das weißt du ja. Du hast es geschafft, und dennoch bereitet dir das keine Freude.«
    »Wie geht es den beiden?«, fragte sie.
    »Den beiden, die du gerettet hast?« Er warf sein Haar zurück und betrachtete sie. »Ich glaube, sie sind verletzt, werden es aber beide überleben.«
    »Irgendwelche anderen Verluste?«
    »Nichts außer ein paar unbedeutenderen Verletzungen, ein paar Bisse.« Melio berührte sie am Arm, drehte sie zu sich herum und zog sie an sich. »Mena, es ist gut gegangen. Du solltest dich freuen. Lass uns heute Nacht tanzen, wie die Halaly, und froh sein, dass ein Übelding weniger auf der Welt herumläuft. Sieh es einmal so.«
    Mena nahm seine Umarmung an, genoss sie und wollte sich viel länger in seine Arme schmiegen, als sie es sich in der Öffentlichkeit zugestand. Aber sie dachte nicht so, wie er vorgeschlagen hatte. Zumindest nicht ganz. Sie würde den Ausdruck in den Augen der Bestie niemals vergessen.
    In dieser Nacht träumte sie nach der Feier von dem Blick der Kreatur. Als sie erwachte, war sie sich nicht sicher, wo das wache Erleben geendet und die Träume begonnen hatten. Sie sagte sich, dass der Traum schuld daran war, dass sie sich so unbehaglich fühlte, nicht die Wirklichkeit. Es war nicht möglich, dass sie Intelligenz in den Augen des Übeldings gesehen hatte. Sie hatte seine Gedanken nicht gehört, nicht mit ihrem wachen Geist. Es hatte keinen Hass gegen sie und ihre Art ausgedrückt, der in seiner logisch durchdachten, schwelenden Kraft weit über den eines einfältigen Tieres hinausging. All das war nur in ihren Träumen gewesen. Natürlich. Nur in ihren Träumen. Obwohl es merkwürdig war, dass sie schon so kurze Zeit später die Wahrheit nicht mehr ohne Weiteres von ihrer Einbildung unterscheiden konnte.
    Sie beschloss, der Königin einen Brief zu schicken, ihr zu verkünden, dass es ein Übelding weniger gab, wegen dem sie sich Sorgen machen mussten. Das war alles, was sie sagen würde. Sie würde weitermachen. Weiter glauben.

2

    In den Räumen, die einst ihrem Vater gehört hatten, beugte Königin Corinn Akaran sich mit weit ausgebreiteten Armen über ihren Schreibtisch, die Handflächen auf die Tischplatte aus poliertem Hartholz gedrückt. Die weiten Ärmel ihres Kleides bildeten eine Art Rahmen, einen Schirm, der die Dokumente von zwei Seiten vor fremden Blicken schützte. Sie war allein in ihrem Arbeitszimmer, doch sie wusste besser als jeder andere im Palast, dass sie – solange sie keine Augen im Hinterkopf hatte – niemals darauf vertrauen konnte, wirklich so unbeobachtet zu sein, wie sie es glaubte. Daher bevorzugte sie diese Körperhaltung, wenn sie sich auf ein bestimmtes Dokument konzentrieren wollte, über dem sie dann zu verharren pflegte wie ein Falke, der im Begriff war, sich auf eine Feldmaus tief unter ihm zu stürzen.
    Neun Jahre waren verstrichen, seit sie Hanish Mein das acacische Reich entrissen hatte. Neun Jahre hatte sie den Titel einer Königin getragen. Neun Jahre hatten die Bürden einer ganzen Nation auf ihren Schultern gelastet. Neun Jahre, in denen sie keinem einzigen Menschen voll und ganz vertraute. Neun Jahre, in denen sie anderen nur flüchtige Blicke auf Teile ihrer Persönlichkeit gewährt, sich aber niemandem jemals ganz gezeigt hatte. Neun Jahre als Mutter. Neun Jahre, in denen sie gelernt hatte, zu sprechen wie ein Gott.
    Ihre Schönheit war so groß, dass nur die Wenigsten bemerkten, dass die Jahre auch an ihr nicht spurlos vorübergingen. Sie war schlank genug, um von Frauen beneidet zu werden, die zehn Jahre jünger waren als sie; jugendlich genug, dass Mädchen, die sich noch nicht mit ihr messen mussten, ihr nacheiferten. Wohlgestaltet genug in ihren sorgfältig geschneiderten Kleidern, dass die Blicke der Männer ihr folgten, ob der Mann nun wollte oder nicht. Kein Mann, der sich von

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