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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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König seinen Platz überlassen.«
    Während sie dasaß und zusah, wie sich der Bote, den ihre Zofe losgeschickt hatte, einen Weg durch die Menge bahnte, fragte sich Corinn, warum sie das getan hatte. Die Worte waren einfach herausgekommen. Vorhin hatte sie Rhrenna gegenüber noch behauptet, Grae sei ihr gleichgültig, und jetzt rief sie ihn zu sich, kaum dass sie ihn gesehen hatte. Ihre Vertraute würde Mittel und Wege finden, sich deswegen über sie lustig zu machen, dessen war sie sich sicher. Aber es war nun einmal geschehen, und so saß sie aufrecht da und wartete und achtete sehr darauf, nicht zu beobachten, wie der Bote mit dem König sprach.
    Und ehe sie sich’s versah, flüsterte ihr eine Zofe ins Ohr und meldete den Monarchen. Corinn blickte die Stufen hinunter, die zum Podium heraufführten, und dort stand er, verbeugte sich. Er trug keine Krone, doch das war hier, im Herzen des Reiches, nur vernünftig und rücksichtsvoll. Grae sah eigentlich nicht wirklich so aus, wie Igguldan damals ausgesehen hatte – vor Jahren, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war –, aber sein Anblick hatte mehr Bedeutung, als sie erwartet hatte. Die erste Liebe, dachte sie. Das war es. Torheit. Und während sie dies dachte, verfluchte sie sich selbst, weil sie ihn zu sich gebeten hatte. Welche Gefühle würden sich wohl auf ihrem Gesicht zeigen, wenn sie an solche Dinge dachte – hier, wo alle Augen des Hofes auf sie gerichtet waren? Doch jetzt konnte sie nichts anderes tun, als den eingeschlagenen Weg gefasst weiterzugehen.
    Der Aushenier richtete sich auf. Groß war er und schlank, mit breiten Schultern. Er trug das locker fallende Hemd, das sein Volk bevorzugte, mit offenem Kragen, der die schlanken Muskeln unter seiner kupferfarbenen Brustbehaarung teilweise enthüllte. »Euer Majestät«, sagte er lächelnd. »Ich fühle mich geehrt. Ich wollte Euch nicht stören, ich wollte dieses wundervolle Ereignis nur vom Rand her beobachten.«
    Oh, dieser aushenische Akzent. Corinn hatten ihn in den vergangenen Jahren oft gehört, doch er hatte noch immer eine seltsame Wirkung auf sie. Den vollen Tönen und abgehackten Endungen wohnte Poesie inne. Sie spürte, dass sie im Begriff war, zu erröten, aber es gelang ihr, es zu unterdrücken. »Es wäre nicht gut, einen König inmitten der Händler sitzen zu lassen, wo es heutzutage nur so wenige bedeutende Könige gibt. Ich musste Euch einfach auffordern, neben mir Platz zu nehmen. Bitte, seid so freundlich.«
    »Es ist mir eine Ehre.« Grae drückte seine Lippen auf die Ringe ihrer ausgestreckten Hand und setzte sich dann in den Sessel, den der Priester kurz zuvor freigemacht hatte. Sein Gesicht erinnerte auf gefährliche Weise an Igguldan, wenngleich es ein bisschen markanter geschnitten und sein Kinn ein bisschen kräftiger war und er ausgeprägtere Wangenknochen hatte. Selbst seine Sommersprossen trugen zu der Wirkung bei, als wären sie mit spielerischer Absicht dort verteilt worden. Er sah tatsächlich gut aus; Corinn musste zugeben, dass Rhrenna recht hatte.
    Ein paar Augenblicke verbrachte er damit, die üblichen respektvollen Bemerkungen von sich zu geben, dann saß er da und betrachtete lächelnd die Versammlung vor ihnen. »Euer Majestät«, sagte er, »ich bin immer wieder verblüfft über das Spektakel eines acacischen Banketts. Allein schon das Essen ist erstaunlich. Die Musik ist bezaubernd. Die Gäste sind gleichermaßen würdevoll wie höflich. Die Frauen sind die schönsten, die ich bisher auf der Welt entdeckt habe.«
    »Habt Ihr hinsichtlich der Schönheit auf der Welt gründliche Studien betrieben?«
    »Ich bin gereist, und ich habe Augen.«
    Oh, gewiss hast du Augen, dachte Corinn. Die Sorte blaue Augen, bei denen junge Mädchen schwach werden. »Dann erläutert mir doch genauer, was Ihr gefunden habt.«
    Grae lachte und deutete mit einer Bewegung seiner Finger an, dass er das Thema aufzugeben gedachte.
    »Nein, ich meine es ernst. Erzählt mir davon.«
    Sie ließ nicht locker, bis er mit einer ungeschickten Beschreibung der Völker des Reiches und der Vorzüge ihrer Frauen begann. Anfangs tastete er sich noch vorsichtig vorwärts, dann jedoch ging er auf Corinns absichtsvolle gute Laune ein und machte alsbald ein Spiel daraus. Mitten in ihrer Unterhaltung scherzte Corinn, dass er anscheinend überall, wo er hingesehen hätte, Schönheit gefunden hätte. Er bestritt es nicht, am Ende jedoch schlug er den Bogen wieder dorthin, wo er begonnen hatte. Er schloss

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