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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Beleidigung zurückweist. Und Aushenia ist ein stolzes Land. Aber ich bin auch ein vernünftiger Mann. Ihr, Königin Corinn, seid eine Frau – und Herrscherin – von sowohl großer Anmut als auch großer Macht. Ihr könnt nicht überrascht sein, dass ich mir uns und unsere Länder vereint wünsche. Ich hoffe doch, dieses Ansinnen beleidigt Euch nicht. Ihr hattet mich gebeten …«
    »Geradeheraus zu sprechen. Nein, nein, so leicht bin ich nicht zu beleidigen. Und gewiss nicht durch eine so vernünftige Schmeichelei. Ihr seht mich allerdings unvorbereitet. Ich hatte keine Ahnung, dass mein Ehestand Aushenia so sehr am Herzen liegt.«
    »Oh, unbedingt, glaubt mir. Zumindest insoweit, als ich Aushenia bin.«
    Corinn erinnerte sich plötzlich, dass sie einst bekundet hatte, keine Vorliebe für blaue Augen zu haben. Wer will schon in Wasser sehen?, hatte sie Rhrenna geneckt. Jetzt könnte sie das kaum behaupten, während Graes Augen sie so eindringlich ansahen, so erfrischend. Denn das waren sie: das Versprechen eines Schlucks kühlen Wassers für einen durstigen Mund. Bei dieser Metapher hätte sie beinahe lauthals losgelacht. Die Aushenier waren doch diejenigen, die sich in der Dichtkunst hervortaten. Sie sollte das ihnen überlassen.
    »Ihr wisst, dass keine solche Verbindung unter gleichen Bedingungen zustande kommen könnte«, sagte sie, setzte sich wieder gerade hin und sprach mit einem Hauch königlicher Distanziertheit. »Wir würden Euch schlucken. Ich sage nicht, dass das keine Vorteile für Euch brächte, aber wir haben diesen Pfad bisher noch nie beschritten.«
    »Ich weiß«, sagte Grae. Auch sein Tonfall klang jetzt unbeteiligt. »Und ich weiß, dass Ihr das Herz meines Bruders vor meinem gewonnen habt. Aber das hat nicht sein sollen. Doch wir, die wir noch da sind, haben immer noch unser Leben zu leben. Mein Vater und mein Bruder wollten beide einen acacisch-aushenischen Bund. Es ist meistens so, dass große Ideen sich verzögern. Die frühen Propheten werden erschlagen oder geschmäht. Oft erkennen wir die ganze Weisheit von Visionären erst im Rückblick.«
    »Und was ist mit der rückblickenden Sichtweise Eurer Königin Elena? Sie würde den Bund, den Ihr vorschlagt, wohl kaum segnen, oder?«
    Corinn bekam keine Gelegenheit, seine Antwort zu hören. Irgendjemand rief etwas – ein raues Gebrüll, das keinen Platz auf einem Bankett hatte. Gleich darauf übertönte ein Schrei – der schrille Schrei einer Frau – den Lärm der Festlichkeit und ließ Stille zurück. Das dauerte nicht lange, denn die Leute begannen mit den Fingern zu zeigen, zu murmeln und zu rufen.
    »Was ist denn da los?«, fragte Grae. Er schaute in die Richtung, in die die Finger – die jeden Augenblick mehr wurden – deuteten, ebenso wie Corin.
    Ein paar lange Sekunden lang konnte sie nicht glauben, was sie sah. Und dann, als sie glaubte, dass sie es tatsächlich sah, fragte sie sich, ob dies nicht ein ausgeklügelter Scherz war. Und dann wusste sie, dass es keiner war – genauso, wie die Menge es plötzlich wusste und Chaos ausbrach. Was sie sah, war eine geflügelte Kreatur mit gewaltigen Schwingen, die von unten vom Fackelschein angeleuchtet wurde und sich hell vor dem Hintergund des dunklen Nachthimmels abzeichnete – und die zu ihnen herabsank. Ihr Körper war kräftig und geschwungen, ihr Kopf der eines Reptils, und ihr Schwanz peitschte hörbar hinter ihr durch die Luft. Hinterbeine traten in der Luft um sich, und einen Augenblick lang war Corinn überzeugt, dass das Ungeheuer auf sie herabstüzen würde.
    »Ein Drache«, flüsterte sie, und wusste in diesem Augenblick, wie rasch der Tod aus dem Himmel niederfahren konnte.
    »Bogenschützen!«, schrie Grae, der aufgesprungen war und sich schützend vor Corinn stellte.
    Doch es waren keine Bogenschützen da. Es waren niemals Schützen bei Banketten zugegen. Den Gästen war es verboten, Waffen zu tragen; die einzigen Waffen, die hier erlaubt waren, waren die hochrangiger Marah und ihrer Numrek-Leibwächter. Beide Gruppen lösten sich von den Wänden und drängten sich durch die Menge; sie hatten blankgezogen und brüllten die Gäste an, den Weg freizumachen. Rasch umringten sie Corinn und schoben Grae beiseite. Sie bildeten einen waffenstarrenden Schutzwall, die Schwerter gen Himmel gereckt. Die Kreatur kreiste ein paarmal über ihnen. Einmal dachte Corinn, sie hätte … Aber das konnte nicht sein.
    Und dann landete die Kreatur. Ihre Füße setzten mit

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