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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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in allen diesen aufgegebenen Bereichen der unterirdischen Gänge war die Tür alt und halb verfault. Sie stand einen Spalt weit offen und hing schief in Angeln, die wahrscheinlich nicht mehr sehr lange halten würden. Der Spalt war groß genug, dass Mór lauschen konnte, wobei sie wusste, dass sie für die, die da drinnen miteinander sprachen, nicht zu sehen war.
    Tunnels Eintreten ließ die Unterhaltung zunächst verstummen. Er begrüßte den Prinzen fröhlich wie einen alten Freund, gab ihm sogar einen deutlich hörbaren Klaps auf den Rücken. Die drei redeten ein paar Minuten lang dummes Zeug, wobei Mór erkannte, dass Tunnel dabei auch ihre Erlaubnis übermittelte, dass der Akaran endlich aufgeklärt werden durfte. Wie sie es bereits mit Skylene besprochen hatte, war es an der Zeit, ihm die Wahrheit zu sagen.
    Mór bemerkte, dass Skylene und Dariel bedenklich vertraut miteinander umgingen. Das gefiel ihr nicht. Waren sie alle so geblendet von dem Akaran? Sogar Skylene, ihre Geliebte? Dieser Gedanke hätte sie beinahe in den Raum treten lassen, doch sie war noch nicht dazu bereit und wollte nicht hineingehen, ehe sie nicht wusste, was sie sagen wollte – und dies auch tun konnte, ohne zu zögern. Sei’s drum, schließlich hatte sie zugestimmt, dass Skylene so freundlich zu ihm sein sollte, wie sie selbst es nicht sein wollte. Vielleicht war das ja alles, was sie tat – eine Rolle ein bisschen zu gut spielen.
    Dariel erzählte munter drauflos; er schien sich für das Thema – seine Seeschlachten mit der Gilde während des Krieges gegen Hanish Mein – zu erwärmen. Er will, dass wir glauben, er sei ein Held, dachte Mór, und deswegen wollte sie an seiner Version der Geschehnisse zweifeln. Dennoch war es leicht, ihm zuzuhören, leicht, ihre Skepsis zu vergessen, während er von Schiffen erzählte, die einander rammten, von nächtlichen Überfällen, versteckten Piratenlagern und dem gewaltigen Sabotageakt, der einen großen Teil der Plattformen der Gilde zerstört hatte. Mór erinnerte sich gut an jenen Ort, und es war atemberaubend, sich die Szene vorzustellen, die er beschrieb. Flammen, die tosend gen Himmel loderten …
    »Warum hast du sie so gehasst?«, fragte Skylene. Auf ihre Worte folgte unverzüglich das Kratzen der Feder eines Schreibers. »Deine Familie hatte mit ihnen gemeinsame Sache gemacht, und das tut sie immer noch. Du bist mit ihnen hierhergekommen …«
    »Damals war es etwas Persönliches. Da war ich, der Prinz eines eroberten Reiches, der sich inmitten von Piraten versteckt und gegen die Gilde gekämpft hat, weil sie den Schurken, die meine neue Familie waren, das Leben schwergemacht hat … Und doch bin ich hierhergekommen, mit ihnen verbündet, war mir mehr als je zuvor ihrer Verbrechen bewusst, aber dann wurde von ihnen das Volk verraten, das euch versklavt. Und jetzt bin ich in eurer Hand. Alles sehr lustig.« Er lachte. »Wie kann ich Tag für Tag leben und versuchen, Entscheidungen zu treffen, und doch spüren, dass ich dabei nicht einen Augenblick die Kontrolle über das Ganze hatte?«
    »Immerhin lachst du«, meinte Tunnel.
    »Was soll ich denn sonst tun?«
    »Du kontrollierst mehr, als du dir zugestehst«, ließ sich Skylenes Stimme vernehmen. »Ich hätte zu gerne gesehen, wie die Plattformen zerstört wurden.«
    »Auch dafür musste ein Preis bezahlt werden.«
    »Was war das für ein Preis?«
    Es dauerte einen Moment, ehe Dariel antwortete. »Ich habe einen Menschen verloren, der mir sehr teuer war – den Mann, der mein zweiter Vater war.«
    Ein zweiter Vater. Mór erinnerte sich an Yoens Augen im Gesicht des Gefäßes, schob das Bild dann aber beiseite. Es war nicht dasselbe. Was auch immer der Akaran erlebt hatte, sein Verlust war nichts im Vergleich zu dem, was jedes einzelne Mitglied des Volkes erlitten hatte.
    »Außerdem habe ich später erfahren, dass durch meine Taten viele Quotenkinder getötet wurden«, fuhr Dariel fort. »Ich wünschte, es wäre nicht so. Es waren Kinder wie ihr, die dort umgekommen sind.«
    Mór war, als müsse sie sich räuspern und ausspucken, oder in den Raum stürmen und ihn abermals ohrfeigen. Welches Recht hatte er, sein Gewissen mit dem Tod dieser Kinder zu belasten? Das war etwas, das ihm nicht zustand. Doch ihr gefiel, was Skylene ihm antwortete.
    »Ihr Akarans haltet euch zu sehr mit den Versäumnissen der Vergangenheit auf. Ich glaube allmählich, dass das euer Geschlecht so tyrannisch gemacht hat: Schuld – und der Versuch, sie zu

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