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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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offensichtlich, dass kein Risiko bestand, dass er fliehen würde.
    In einer engen Biegung eines Korridors stießen sie auf mehrere andere Sklaven; ein paar von ihnen erkannte Dariel, die anderen nicht. Gemeinsam drängten sie sich um Schlitze in der Wand, durch die man auf eine Art Arena hinausschauen konnte. Dariels Blickfeld wurde teilweise durch Balken eingeschränkt, doch es reichte aus. Er begriff bald – angesichts des Gemetzels, dessen Zeuge er wurde, und der bewundernden Rufe und der Erschütterungen, die durch die steinernen Mauern bis hier herunter zu spüren waren –, dass er sich irgendwo im Fundament eines gewaltigen Bauwerks befand, einer Art Stadion.
    Auf dem Feld unter ihm schlachteten unzählige Krieger einander mit einer Geschwindigkeit und einer grimmigen Präzision ab, die Dariel noch nie gesehen hatte. Die Kämpfenden – teilweise in leichten Rüstungen, teilweise ohne – waren eindeutig menschlich. Zumindest waren sie jene Mischungen aus Menschen und Tieren, die, wie er wusste, für das Volk typisch waren. Mit den Mustern der verschiedenen Totems tätowiert, mit Hauern oder Federschöpfen geschmückt, oder auch mit etwas, das wie schuppige Auswüchse aussah, die ihr Rückgrat verlängerten. Sie kämpften in Clan-Gruppen, wobei jede Gruppe gegen alle anderen stand. Sie sprangen und wirbelten herum, schlugen zu, duckten sich und traten um sich und schlugen sogar Purzelbäume in der Luft. Es hätte irgendeine verrückte, wilde akrobatische Darbietung sein können, nur dass sie Waffen benutzten – Schwerter und Äxte, lange Speere und gelenkige Stäbe, die mit knochenbrechender Geschwindigkeit herumwirbelten. Blutfontänen kündeten von tödlichen Hieben. Abgeschlagene Gliedmaßen flogen durch die Luft. Köpfe wurden von Schultern getrennt und unter stampfenden Füßen zertreten.
    Die Schlacht dauerte nicht lange. Als Dariel klar wurde, dass eine Gruppe von Kriegern – die mit den weißen Tätowierungen und den langen Locken – die Oberhand gewonnen hatte, war der Kampf schon so gut wie vorbei. Die Soldaten der siegreichen Gruppe entspannten sich, richteten sich auf, während Blut und Gewebefetzen von ihren Körpern troffen. Ein paar Gegner waren noch übrig, Überlebende der anderen Clan-Gruppen. Das Singen der Menge und das Dröhnen, das von Tausenden von stampfenden Füßen auf steinernen Tribünen herrühren musste, deutete darauf hin, dass es noch nicht vorbei war.
    Trotzdem dauerte es einen Augenblick, bis ein einzelner Krieger aus der siegreichen Gruppe vor die anderen trat – ein unglaublich wuchtiger Mann mit Muskeln wie Tunnel, aber so groß wie ein Numrek. Er trug Äxte mit breiten Klingen in beiden Händen. Sein Oberkörper war von der Mitte aufwärts weiß, genau wie seine Schultern, seine Arme und sein Gesicht. Eine Mähne, so prachtvoll wie die eines Löwen, umgab seinen Kopf mit einer Masse von Zöpfen und wogenden Locken, fast weiß, aber mit einem ganz schwachen Goldstich. Dariel hätte ihn lange angestarrt, doch der Mann blieb nur so lange still stehen, bis seine noch lebenden Widersacher sich vor ihm aufgereiht hatten. Als sie das getan hatten, trat er auf sie zu.
    »Siehst du ihn? Den obersten Krieger der Lvin?«
    »Ja, ich sehe ihn«, flüsterte Dariel. »Wie könnte ich ihn übersehen?«
    »Gut«, sagte Tunnel. »Gut, dass du ihn siehst. Er ist Ehrfurchtgebietende Bewegung, die am meisten geehrte Klasse der Göttlichen Kinder.«
    Wie um zu zeigen, was es mit dieser Bezeichnung auf sich hatte, begann der Anführer der Lvin eine langgliedrige Choreographie des Gemetzels, in die alle vier noch lebenden Widersacher einbezogen wurden, noch ehe der erste von ihnen aus der Höhe seiner abgetrennten Beine zu Boden gefallen war. Es war wie eine einzige Bewegung, gegen die sie sich nicht einmal zu wehren versuchten. Das Letzte, was Dariel von dem Lvin sah, war, wie er die Arme ausbreitete und den Kopf in den Nacken warf, den Mund weit aufgerissen. Möglicherweise hatte er ein Gebrüll ausgestoßen. Bestimmt hatte er ein Gebrüll ausgestoßen, doch es wurde von den wogenden Beifallsstürmen der unsichtbaren Menge verschluckt.
    »Sie haben Dinge gesehen«, korrigierte Dariel Skylenes letzte Aussage. »Die Lothan Aklun haben eure Charakterzüge gesehen. Jetzt sehen sie nichts mehr.«
    Skylene wischte den Einwand beiseite. »Dieser Lvin – sein Name ist Menteus Nemré – lebt in einem Palast mit seinen eigenen Sklaven, seinen eigenen Frauen, mit allem, was er will. Er

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