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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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gesehen. Was mochten Fréketen sein? Unwillkürlich erschauerte er.
    »Genau«, bemerkte Devoth und zog grinsend einen Mundwinkel hoch. »Schneelöwen werden für uns jagen, und Antoks werden uns den Weg freimachen. Hinter uns werden noch mehr Sklaven Kriegswagen schieben. Wir werden beim Reiten singen, Rialus Gildenmann, wir werden singen und fröhlich sein. Die Numrek sagen, sie haben ein gewaltiges Gemetzel angerichtet, als sie in eure Lande eingefallen sind. Dies allerdings wird ganz anders sein als alles, was dein Volk jemals erlebt hat. Sei froh, dass du es von unserer Seite aus sehen wirst, statt vom Boden aus, in den wir euch stampfen werden. Versuch es zu begreifen, Gildenmann, wir sind seit Jahren in unseren lebendigen Körpern innerlich tot. Wir sind bereit, von Neuem zu leben, zu kämpfen, alles aufs Spiel zu setzen, Kinder zu machen, sogar zu sterben. Es wird wunderbar sein. Zumindest für uns. Für dein Volk weniger.«
    Schließlich kam ein Diener und holte Rialus ab, eine gute Stunde, nachdem er eingetroffen war. Kurze Zeit später blieb der Diener stehen und zeigte auf eine Gestalt in der Mitte eines großen, labyrinthartigen Gartens. »Dort ist er, Herr. Könnt Ihr von hier dort hinfinden, oder soll ich weiter mit Euch gehen?«
    »Nein«, wehrte Rialus ab, schärfer, als er es erwartet hatte. Er war durchaus fähig, den Weg jetzt selbst zu finden. Ich kann ihn sehen, dachte er. Im Namen des Schöpfers, ich bin doch kein völliger Idiot! Einen Augenblick lang stand ihm der Sinn danach, den Diener mit einem abfälligen Fingerwedeln fortzuschicken, doch er wusste, dass der Mann sich nicht dazu herablassen würde, darauf zu reagieren. Rialus würde wieder dumm dastehen. »Alles in Ordnung«, sagte er. Ein paar Schritte weiter war er sich dessen allerdings nicht mehr so sicher.
    Ein Schneelöwe trat ungefähr zwanzig Schritte vor ihm auf den Pfad. Es war ein wuchtiges Tier, das mit langsamen, bedrohlichen Bewegungen dahinschritt. Einen Augenblick lang dachte Rialus, die Raubkatze würde den Pfad überqueren, doch als sie den Acacier bemerkte, blieb sie stehen. Sie wandte den Kopf und richtete den Blick ihrer grauen Augen auf ihn, dabei bewegte sie sich, als sei ihr Kopf und die wilde Mähne so schwer wie Stein. Ganz kurz kam ihre Zunge zum Vorschein, wackelte und wurde schlürfend wieder eingezogem. Rialus schrie auf: »Eyyaaahhhh.« Seine Finger zuckten. Die Silbermarke glitt ihm aus der Hand, fiel zu Boden und landete mit viel zu lautem Klappern auf den Marmorfliesen.
    Die Katze senkte den Kopf; die Muskeln ihres Rückens und ihrer Vorderbeine zuckten unter dem weißen Fell. Sie schlug mit dem Schwanz, eine schnelle Bewegung, die Rialus zusammenzucken ließ. Er war überzeugt, dass die Bestie sich auf ihn stürzen würde, wusste, dass sie die Entfernung mit einem einzigen Satz zurücklegen konnte, dass sich in ihren großen Pranken Krallen verbargen, die ihn genauso erbarmungslos packen würden wie eine streunende Katze eine Maus packt. Tatsächlich schien der Löwe zu ihm zu sprechen. War ihm klar, fragte das Tier, dass es Rialus’ Kopf zwischen seinen Kiefern zermalmen und ihm das Hirn mit seiner Zunge ausschlecken konnte?
    Rialus verlor die Kontrolle über seine Blase. Er spürte es nicht kommen. Es geschah einfach, der warme Strom begann im Schritt und rann an seinen Beinen hinunter. Er würde es niemals wirklich sicher wissen, doch er hatte den Verdacht, dass ihm genau dies das Leben rettete. Die Nüstern des Löwen blähten sich. Offensichtlich roch das Tier den Urin. Seine Oberlippe hob sich, zitterte kurz – wenn das kein höhnischer Ausdruck war, hatte Rialus noch nie Hohn gesehen. Der Löwe hob den Kopf, wandte sich verächtlich ab und marschierte weiter über den Pfad. Das Bild seiner pendelnden Männlichkeit blieb in Rialus’ Verstand haften.
    Er dachte daran, den Rückzug anzutreten, zu seinen Gemächern zu eilen und seine Kleider zu wechseln, doch dafür war keine Zeit. Er hob die Marke auf und ging mit unbeholfenen Schritten weiter, denn der Urin war bereits kalt. Er hoffte, dass sein Gewand jegliche verräterischen Flecken verbergen würde.
    Während er weiterging, bemerkte er etwas Merkwürdiges in der Luft um Devoth herum – Geschöpfe, die hin und her flitzten und schwebten, während der Auldek still dastand. Ein Insektenschwarm? Vielleicht Käfer bei irgendeiner merkwürdigen Auldek-Körperpflege? Er konnte nicht erkennen, was es war, bis er recht nahe herangekommen war. Dann

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