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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Mena kehrte zu ihr zurück und versicherte ihr mit geflüsterten Worten und sanften Liebkosungen, dass sie es sehr gut gemacht habe. Ganz wunderbar. Sie war eine Schönheit. Sie hatte Aaden gerettet, und Corinn würde ihr später dafür danken, wenn sie sich erst von dem Schreck erholt hatte.
    Da Mena glaubte, was sie Elya gesagt hatte, hätte sie nicht überraschter sein können, wie schnell ihre Schwester sich … nun ja, erholte schien genau der passende Ausdruck zu sein. Der passende, aber nicht der richtige. Obwohl Aaden mehrere Tage später immer noch schlief, hatte Corinn mit ihrer Trauer und ihrer Angst bereits abgeschlossen. So selbstsicher und beherrscht wie immer trat sie aus ihren Gemächern, reingewaschen und anscheinend umso machtvoller in ihrer Schönheit. Ihr Gesicht war vielleicht ein bisschen schmaler, nur ein wenig kantiger, und vielleicht wirkte es auch ein paar Jahre älter, doch das konnte auch daran liegen, dass sie die Lippen so fest zusammenkniff.
    Sie berief den Rat der Königin ein und verlangte, dass der Senat in Alecia Vertreter ausschickte, um aus erster Hand zu bezeugen, was geschehen war, und Sire Dagons Aussage zu hören. Den ganzen Tag über nahm sie an verschiedenen Sitzungen teil, verließ eine militärische Einsatzbesprechung, um Botschafter zu empfangen, und begab sich anschließend zu weiteren Besprechungen. Sie willigte sogar ein, selbst nach Alecia zu gehen, um das Wort an die größte Zuhörerschaft aus Senatoren und Repräsentanten aus dem ganzen Reich zu richten, die sich überhaupt gleichzeitig versammeln konnte.
    Anscheinend hatte sie Zeit für alle und jeden – außer für ihre Schwester. Es gelang Mena nicht, einen Moment lang mit ihr allein zu sein. Wenn sie miteinander sprachen, dann nur bei offiziellen Angelegenheiten im Beisein von anderen. Die Königin erteilte Mena die Aufgabe, alle neu eintreffenden Soldaten darin zu unterweisen, wie man am besten gegen die Numrek kämpfte, und verlangte sogar, dass sie Scheinkämpfe in der Carmelia abhielt. Mena fand dies grausam, denn das Stadion ließ vor ihrem geistigen Auge wieder und wieder das Bild jenes schrecklichen Moments aufsteigen, als der Numrek seine Klinge in Aadens Bauch gestoßen hatte und sie dann in Devlyns Leib gerammt hatte – der arme Junge. Sie wurde ihrer Rolle trotzdem gerecht, mit Melio an ihrer Seite. Er war ein Trost, doch eigentlich brauchte sie Corinn. Wie Elya auf ihre schlichte Weise, so sehnte auch Mena sich danach, von Corinn von Schuld an dem Geschehen freigesprochen zu werden. Doch ihre Schwester schaffte es, sich ihr zu verweigern, ohne es offen zuzugeben.
    Als Mena sie einmal um eine kurze Unterredung unter vier Augen bat, sah Corinn sie an, als sei sie ein etwas begriffsstutziges Kind. »Natürlich können wir uns unterhalten«, sagte sie. »Willst du, dass ich die Kaufleute aus Bocoum warten lasse, bis wir fertig sind? Sie sind nur gekommen, um uns zu versichern, dass sie uns finanziell unterstützen werden und wir ihre Barken unentgeltlich benutzen dürfen, um unsere Truppen und Waren zu transportieren. Sie sind hergekommen, um dem Reich in dieser schlimmen Zeit ihre Hilfe anzubieten, aber wenn du willst, dass ich sie warten lasse, tue ich es. Wir können auch später miteinander sprechen. Was ist dir lieber?«
    Das war natürlich keine echte Frage gewesen. Mena verbeugte sich zur Antwort und zog sich klaglos zurück. Wie konnte sie widersprechen? Was sie wollte, war nicht greifbar, es war etwas Seelisches, ein Gefühl der Verbundenheit, das Corinn vielleicht nicht bieten konnte. Während sie andererseits jetzt eine Monarchin mit hundert Händen zu sein schien, von denen jede mit einem anderen Aspekt dieser neuen Krise jonglierte.
    Glücklicherweise erlaubte sie Mena, Aaden zu besuchen, wann immer sie wollte. Mena ging oft zu ihm, wie auch eines Nachmittags nach einem langen Tag voller Kämpfe und Unterweisungen auf dem heißen Feld der Carmelia. Sie wollte ihn sehen, ehe sie in ihre eigenen Gemächer zurückkehrte. Er schlief weiter wie zuvor, doch es kam ihr trotzdem wichtig vor, ihn zu besuchen. Sie dachte, dass er sich möglicherweise irgendwo in seinem tiefsten Innern der Welt bewusst wäre und sich nach Trost sehnte, auch wenn er nicht darum bitten konnte.
    Ein Hauch von Parfüm hing in der Luft, ein schwerer Geruch, den sie schon öfter gerochen hatte, jetzt jedoch nicht einordnen konnte. Vielleicht von irgendeinem Adligen, der erst kürzlich hier gewesen war, seine Aufwartung

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