Acacia 02 - Die fernen Lande
Drogen steht und wer nicht?«
Wieder richtete Paddel seine Antwort direkt an die Königin; er grinste dabei. »Das hat Euer Majestät zu entscheiden, aber meiner Meinung nach … Nun, meiner Meinung nach könnte jeder und jede im Land das Zeug trinken. Sie würden davon alle glücklicher werden, also was schadet es?«
Rhrenna, die einen Blick der Königin auffing, zeigte ihren Abscheu, indem sie kurz die schmalen Lippen schürzte. Corinn stimmte ihr schweigend zu. Sie hatte noch nie etwas Schlimmeres gehört, doch das sagte sie nicht und ließ auch nicht zu, dass sich etwas anderes als unbestimmtes Missfallen auf ihrem Gesicht abzeichnete. »Schön. Dann macht also weiter. Lagert den Wein sorgfältig. Sicher.«
»Natürlich. Das tun wir. Das tun wir. Das Lagerhaus wird vom Ishtat-Inspektorat bewacht. Wann können wir mit dem Verteilen beginnen, Eure Majestät? Sire Dagon hat gesagt, die Gilde sei bereit und wird nach Eurem Belieben helfen.«
»Nach meinem Belieben ist richtig«, antwortete Corinn. »Du kannst jetzt gehen.«
Und er ging tatsächlich, von Rhrenna hinausbegleitet, obwohl er dafür ganz offensichtlich einen Haufen Fragen und Erklärungen hinunterschlucken musste. Nachdem die beiden das Zimmer verlassen hatten, holte Corinn tief Luft und versuchte, die Anspannung abzuschütteln, die sich bei dem Gespräch mit dem Winzer in ihr aufgebaut hatte. Sie konnte ihn immer noch riechen; ein süßer, salziger Geruch, als sei sein Schweiß eine Art gesüßtes Meerwasser. Sie würde Rhrenna bitten, etwas Weihrauch anzuzünden, wenn sie zurückkam. Ein beruhigender Geruch – das war es, was sie jetzt brauchte. Etwas, das ihr helfen würde, Klarheit zu gewinnen.
Das Vergnügen, das Paddel anscheinend bei dem Unternehmen empfand, ekelte sie an. Da es von ihm kam, schien das ganze Projekt von seinen widerlichen Fingerspitzen befleckt. Doch das durfte keine Rolle spielen, das wusste sie. Sie interessierte sich einzig und allein für die Ergebnisse, und diese Ergebnisse waren nach allem, was sie gehört hatte, genauso vorteilhaft, wie sie es sich erhofft hatte. Jetzt begriff sie, warum die Gilde gewillt gewesen war, so lange zu warten, bis die Rezeptur und die Verteilungswege voll ausgereift waren. Sie musste nur den Befehl geben. Der Wein würde durch die üblichen Handelskanäle fließen, zu Märkten und in Schenken, um in jedem Winkel des Reiches auf dem Tisch zu stehen. Er würde die Lippen von Arbeitern und Dieben benetzen, von Bauern und Kaufleuten, Gelehrten und Beamten. Es würde schwierig werden, ihn von den vergoldeten Kelchen der Aristokratie fernzuhalten, aber die war auf ihre einfältige Weise genauso lästig wie lärmende Propheten vom Schlage eines Barad es unter den Massen waren. Sollten sie doch alle getäuscht werden. Sollte die Welt doch ein Weilchen ohne Unfrieden zur Ruhe kommen. Nicht einmal Aliver hätte etwas dagegen haben können.
Der Gedanke an ihre Geschwister machte ihr zu schaffen. Sie würde eine Entscheidung treffen müssen, was mit ihnen geschehen sollte. Weder Mena noch Dariel schienen die Gefahr einer nüchternen Bevölkerung voll und ganz erfassen zu können. Manchmal fürchtete sie, dass die beiden die Verantwortung nicht verstanden, die sie trugen. Dem Volk durfte man nicht trauen! Die einfachen Menschen würden unaufhörlich nörgeln, Fehler machen und in kleinliche Eifersüchteleien und kurzsichtiges Denken verfallen. Sie würden sich selbst vernichten, wenn man es zuließ. Genau das hatte Tinhadin erkannt; deswegen hatte er alle Macht in seinen Händen gehalten und mit eisernem Willen geherrscht.
Sie würde es genauso machen, und doch würde sie noch besser sein als ihr Vorbild. Sie würde mit ihrem Verstand herrschen, nicht mit ihren Gefühlen. Sie würde alle Werkzeuge benutzen, die ihr zur Verfügung standen. Sie würde die Welt sicher machen. Niemand würde sie mehr anlügen. Niemand würde sie mehr verraten, sie bestehlen oder sie im Stich lassen. Niemand würde ohne ihre Erlaubnis sterben. Die Welt würde so sein, wie sie sie haben wollte. Und dann würde auch sie Frieden finden.
Ja, dachte sie, dann werde ich Frieden finden. Wenn Mena und Dariel das nicht verstehen konnten, musste sie eben für sie handeln. Natürlich liebte sie sie innig. Und sie wusste, dass die beiden vielleicht gerade deshalb den Wein ebenfalls würden trinken müssen. Sie war sich noch nicht sicher, doch das könnte zu ihrer aller Bestem sein.
Rhrenna kam zurück, entzündete den Weihrauch,
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