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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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wie Corinn sie gebeten hatte, und sprach mit ihr über die noch verbliebenen Angelegenheiten. Es gab immer noch mehr zu tun. Dieses Mal belästigten sie die Kaufleute aus Bocoum. Die Dürre war schlimm geworden. Nord-Talay, und damit der gesamte Nahrungsmittelanbau und Handel dort, stand kurz vor dem Zusammenbruch. »Euer Majestät«, sagte Rhrenna, »sie drängen inzwischen wirklich sehr beharrlich. Sie bitten Euch flehentlich, nach Bocoum zu kommen und Euch ihre Notlage anzusehen. Sie sagen, Ihr werdet es nur dann wirklich verstehen, wenn Ihr es mit eigenen Augen gesehen habt.«
    »Schön. Ich habe sowieso genug von diesen Räumen. Sag ihnen, dass ich binnen zwei Wochen kommen werde. Sag es auch Aaden. Eine Reise wird ihm gefallen, auch wenn sie nur kurz ist.«

9

    Kelis empfing den Boten vor seinem Zelt. Der Junge war barfuß und schlank, seine Muskeln waren kaum die eines Heranwachsenden, obwohl er wahrscheinlich älter war, als er aussah. Das Licht der sinkenden Sonne fing Glitzerpunkte in dem Staub ein, der ihn bedeckte, das Ergebnis einer viele Meilen langen Reise, die ihn nach Halaly gebracht hatte. Als Kelis seine Botschaft und die verschlüsselte Sprache hörte, die der Bote benutzte, um ihre Echtheit zu beweisen, stand er einen Augenblick lang regungslos da und wusste nicht, was er antworten sollte. Er erkannte einen Befehl, wenn er ihn hörte. Es gab kein anderes Wort dafür. Sangae Umae, sein Häuptling, verlangte seine Anwesenheit. Obwohl Kelis den Akarans und Menas unvollendeter Aufgabe treu ergeben war, konnte er sich über diese Anordnung nicht hinwegsetzen. Er konnte seinen Aufbruch vielleicht hinauszögern, aufbrechen jedoch musste er.
    Auf Talayisch antwortete Kelis: »Sag Sangae, ich werde zu ihm nach Umae kommen, sobald ich hier fertig bin. Sag ihm, dass ich erst vor einer Woche mit Prinzessin Mena hier angekommen bin. Wir sind im Begriff, das Übelding im See anzugreifen, aber wir müssen noch viele Vorkehrungen treffen. Sobald wir es getötet haben, werde ich ihn in Umae treffen.« Damit wollte er sich abwenden, aber der Bote machte ein klickendes Geräusch mit der Zunge. Anscheinend war er noch nicht fertig.
    Der linke Arm des Jungen war verkrüppelt, nur halb so lang wie der andere. Vielleicht war das einer der Gründe, warum er Bote und kein Kriegerläufer war. Er schien sich deswegen allerdings keineswegs zu schämen und benutzte den verkümmerten Arm, um seine Worte zu unterstreichen. »Nicht in Umae«, sagte er. »Sangae erwartet dich in Bocoum. Er ist jetzt dort und betet, dass deine Füße auf dem Sand nicht heiß werden, ehe du zu ihm kommst.«
    In Bocoum? Gewiss, die geschäftige Stadt Bocoum wurde von den Talay kontrolliert, doch Sangae besuchte sie nur selten. Er war der Häuptling eines Dorfes, kein Handelsfürst. Und auch wenn er als Alivers Ersatzvater allseits respektiert wurde, konnte Sangae dennoch mit den reichen Männern Bocoums ebenso wenig anfangen wie sie mit ihm.
    »Er ist an der Küste?«
    »In eben diesem Augenblick«, bestätigte der junge Mann. Er zog einen Mundwinkel leicht nach unten, als wäre er enttäuscht, dass Kelis das noch nicht wusste. »Er befindet sich in der Obhut von Sinper aus der Familie Ou. Sangae wünscht, dass ich dich dorthin bringe. Ich habe versprochen, dass ich mit dir zurückkehren werde, so schnell, wie du laufen kannst.«
    Der Junge gab sich auf spielerische Weise herablassend. Er bildete sich zu viel auf seine Autorität als Bote ein – und ein Bote besaß nun wirklich keine Autorität. Kelis beschloss, das aufgeblasene Getue fürs Erste nicht weiter zu beachten. Stattdessen schwieg er lange und dachte nach. Sinper Ou war also Sangaes Gastgeber? Das ergab wenig Sinn. Die Ous waren die ehrgeizigste Kaufmannsfamilie der Stadt. Sie waren in jeder Hinsicht reich, und – so merkwürdig das auch war – sie verdienten ihr Vermögen, ohne einen einzigen Schweißtropfen zu vergießen. Ihnen gehörte der Großteil der Flöße, die die schwimmenden Händler mieteten, und sie strichen einen beträchtlichen Anteil ihrer Gewinne ein. Ihnen gehörten außerdem große Streifen des an der Küste gelegenen Ackerlands, Grundbesitz, den sie sich im Laufe von Generationen Stück für Stück zusammengekauft hatten und nun verpachteten. Sie kontrollierten mehr Kais als jede andere Familie und erhoben Zölle auf alle Waren, die diese Kais überquerten, sowohl auf die, die in ihrem Land gewachsen waren, wie auch jenen, die auf ihren Flößen transportiert

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