Acacia 02 - Die fernen Lande
Kopfhaut mit den Fingern, als würde er sich übers Haar streichen.
Corinn beschloss, dieses Treffen kurz zu halten. Das meiste, was der Winzer ihr sagen konnte, wusste sie bereits, da die Gilde sie nun schon seit einigen Jahren mit ausführlichen Berichten versorgte. Die Gilde hatte ihre Aufgabe erfüllt; hoffentlich hatte Paddel seine Arbeit ebenso gut erledigt.
»Wie sind die Versuche verlaufen?«, erkundigte sie sich.
»Oh, wunderbar! Wunderbar!« Der Winzer konnte kaum an sich halten. Er schien sich nicht darüber im Klaren zu sein, dass er jeden begeisterten Satz mit einem Speichelregen begleitete. »Der Erfolg könnte gar nicht größer sein. Alles, was Ihr Euch gewünscht habt, Euer Majestät, ist wahr geworden. Alles.«
Corinn saß ein ganzes Stück entfernt hinter ihrem Schreibtisch, doch sie hielt sich eine Hand vor die Brust, eine Geste, die halb schützend und halb eine Drohung war, dass sie ihn ohrfeigen könnte. Auch das bemerkte er nicht. »Das hoffe ich. Sire Dagon hat mir versichert, dass das Ergebnis die Wartezeit wert sein würde. Um das wahr zu machen, muss Euer Prioswein wirklich ausgezeichnet sein.«
»Meine Königin, mein Wein ist der Balsam, den unsere dürstende Nation braucht. Ihr werdet entzückt sein.«
Corinn bezweifelte, dass Entzücken bei ihren Gefühlen eine Rolle spielen würde. Allerdings verbarg sich hinter ihrer absichtlich ausdruckslosen Fassade lebhaftes Interesse. Jahrelang hatte sie auf diesen Wein gewartet. Balsam für die dürstende Nation. Das wäre in der Tat nützlich. Nachdem sie die Macht ergriffen hatte, hatte es nicht lange gedauert, bis ihr klar geworden war, dass ihr Bruder – wie auch immer er das geschafft hatte – ihr eine Fessel angelegt hatte. Das Volk war vom Nebel losgekommen, und die Erinnerungen an die Albträume, die die Droge am Ende hervorgerufen hatte, mussten äußerst lebendig gewesen sein, denn niemand nahm die Pfeife wieder zur Hand. In den ersten Tagen nach Hanishs Tod war das schön und gut gewesen. Es gab viel zu tun und mehr als genug, worauf die Menschen ihre Gedanken richten konnten.
Es dauerte allerdings nicht lange, und das wache Bewusstsein ihrer Untertanen begann, ein Problem zu werden. Sie beäugten sie immer argwöhnischer und wurden missmutig. Erst eine Nation, dann die andere verlangte grollend nach Unabhängigkeit, beklagte sich darüber, übermäßig hoch besteuert zu werden, behauptete, dass immer noch Agenten nachts ihre Kinder stahlen, brachten Alivers alte Zusicherungen vor, als wären es Worte aus einem heiligen Buch. Corinn war überzeugt, dass sie nur deswegen so verzweifelt lavieren, betteln, bestechen, schmeicheln und bestrafen musste, weil die Menschen nicht mehr unter Drogen standen. Seit Tinhardin hatte sich kein Monarch der Akarans mehr so abgemüht wie sie. Wenn sie bei Widerworten hart durchgegriffen hatte, so war das Volk selbst daran schuld! Die Numrek unterstanden ihr, sie konnte sie einsetzen, und sie setzte sie auch ein.
Ursprünglich hatte sie die Gilde gebeten, eine Möglichkeit zu finden, die Droge erneut zu verbreiten. Schließlich geriete sonst der Handel mit den Lothan Aklun durcheinander. Die Fremden wollten immer noch die Quote. Deswegen hatte die Gilde die Außeninseln übernommen, um sie in eine Plantage für Quotensklaven zu verwandeln. Doch wie es schien, wollte die Bekannte Welt dafür keinen Nebel mehr. Die Gilde hatte zur Vorsicht gemahnt, zur Geduld. Sie sagten, es sei ein Fehler, die Menschen wieder unter Nebel zu setzen, selbst wenn es möglich sein sollte. Es wäre zu leicht zu erkennen, zu sehr ein Zeichen des alten Zustands. Manche würden an einer leicht geänderten Variante Gefallen finden, ja, andere jedoch würden sich darüber ärgern und dagegen wettern. Noch erinnerten sich alle an Aliver, hielten ihn für denjenigen, der sie vom Nebel befreit hatte. Es würde nicht genügen, wenn Corinn das einfach rückgängig machte. Die Gilde überzeugte sie davon, auf ein neues Produkt zu warten, mit dem man das Volk kontrollieren konnte, und in der Zwischenzeit bekam sie Münzen und Edelsteine und eine Vielzahl anderer Dinge, die für den Wiederaufbau des Reiches benötigt wurden, als Bezahlung für die Quote. Dagegen konnte sie nicht viel einwenden.
Es dauerte sieben Jahre, bis sie endlich zu ihr kamen und meldeten, dass die neue Droge vervollkommnet worden sei. Sie war, sagten sie, aus denselben Grundsubstanzen gemacht wie der Nebel, doch es war ihnen gelungen, sie so
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