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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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sterben.
    Nachdem sie angelegt und das Schiff verlassen hatten, stellte Sire Neen sich vor, wie er hinter einer Vorhut aus Ishtat durch die Straßen rannte und versuchte, einen lebenden Lothan zu finden oder einen der närrischen Sklaven gefangen zu nehmen, die anscheinend aus Anhänglichkeit an ihre Herren darauf aus waren, bis zum Tode zu kämpfen. Nur dadurch, dass sie alle Hinweise zusammenfügten und die wenigen Sklaven befragten, die sie tatsächlich ergreifen konnten, konnten sie sich schließlich den Rest zusammenreimen. Das Fieber war wenige Stunden, nachdem die Lothan Aklun sich ihr zeremonielles Getränk einverleibt hatten, ausgebrochen. Sie stürzten sich ins Wasser, weil das Fieber ihre Körper von innen verbrannte. Diejenigen, die es nicht bis zum Hafen schafften, brachen von Krämpfen geschüttelt zusammen.
    »Als wir angekommen sind, war das meiste schon vorbei«, schloss Noval, »aber das, was wir noch sehen konnten, war ein echtes Schauspiel. Soweit ich es sagen kann, gibt es die Lothan Aklun nicht mehr.«
    Sire Neen gönnte sich ein Lächeln, so groß war sein Vergnügen. »Ein hervorragend geplantes Unternehmen. So vielschichtig verwoben, dass der Sieg letztlich schrecklich einfach war. Und so mir nichts, dir nichts, ändert sich das Gleichgewicht der Welt.« Dies sagte er direkt zu Noval, dann jedoch drehte er sich um und betrachtete Dariel nachdenklich.
    »Prinz, ich sehe die vielen Fragen in Euren Augen. Ihr wollt wissen, was aus Euch werden wird, oder? Und da ist auch Wut. Ich sehe es. Ich sehe es an der Art, wie Ihr zittert und blinzelt. Ihr wollt mich mit all Eurer Akaran-Empörung anschreien, oder? Wie können wir es wagen, solche Dinge zu tun, ohne uns zuvor mit Euch zu beraten? ›Wartet nur, bis meine Schwester davon erfährt!‹ Das würdet Ihr gerne sagen, stimmt’s?«
    Sire Neen lachte in sich hinein. Er beugte sich vor, nahm noch einen Zug aus seiner Pfeife, ehe er fortfuhr. »Die Sache ist die, Prinz: Die Auslöschung der Lothan Aklun ist noch nicht alles. Es wird sich noch viel mehr ändern. Wir brauchen sie nicht, genauso wenig, wie wir die Akarans brauchen. Ich musste meinen Leuten viele Gründe vortragen, um diesen Sachverhalt klarzustellen, und genau das habe ich getan. Es ist an der Zeit, habe ich gesagt, dass die Gilde nicht einfach nur auf den Gezeiten des Glücks schwimmt. Es ist an der Zeit, dass wir sie gestalten. Die Vernichtung der Lothan ist ein Teil davon. Euer Volk wird bald aufwachen und sich dem anderen Teil gegenübersehen. Es gibt Verräter im Herzen von Acacia, versteht Ihr, direkt im Palast, Prinz, ganz nah bei der königlichen Familie. Sie brauchen nur die Bestätigung, dass wir Erfolg gehabt haben, und dann … dann wird Eure Familie endlich, nach all diesen Jahren, den Tod erleiden, den sie verdient.«

14

    Es war so viel schlimmer als damals, als sie das letzte Mal hier gewesen war. Auch damals, vor zwei Jahren, hatten sich die Talayen im Norden über die ausbleibenden Regenfälle beklagt. Corinn hatte ihre Befürchtungen für übertrieben gehalten. In ihren Augen hatten die Felder ausgesehen wie … nun ja, wie Felder, auf denen Pflanzen wuchsen: Reihen um Reihen kleiner Bäume, Felder mit goldenen Gräsern. Ihr war klar, dass diese scheinbare Fülle nur dadurch erreicht wurde, dass jene Grundnahrungsmittel, die am meisten Wasser benötigten, bereits durch robustere Varianten ersetzt worden waren. Und sie hatte geglaubt, man brauche Veränderungen nicht zu fürchten, da die geschickten Landwirte von Talay sich an alle Gegebenheiten anpassen würden.
    Doch dem war nicht so, wie die Szenerie vor ihren Augen nun bewies: eine Vision der Verwüstung, vom Tod beherrscht wie ein Schlachtfeld. Auf dem Feld, das ihr am nächsten war, standen verdorrte Bäume ohne Laub oder Früchte, aberhundert schwärzliche Skelette, verkrümmt wie Dämonen, die in Posen qualvoller Schmerzen gefangen waren. Ein bisschen weiter südlich glitzerte irgendein Getreide, als wären die Halme versilberte Glasröhren und jederzeit bereit, unter einem Fußtritt zu zerbrechen. Am Horizont im Westen ballten sich Rauchwolken. Die Brände waren weit entfernt, doch der Wind trug ihren Geruch heran und ließ Ascheflocken vom Himmel regnen. Die Bewässerungskanäle waren vollkommen trocken, ihre Betten aufgesprungen und rissig. An einigen Stellen bewegten sich Gestalten durch die Landschaft, allein oder in kleinen Grüppchen. Sie sahen mehr wie Plünderer aus als wie Arbeiter. Vielleicht waren

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