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Acacia

Titel: Acacia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Hanishs Onkel, den sie eigentlich gern gemocht hatte. Frauen wie Rhrenna, die einmal ihre Freundin gewesen war, und Halren, die sie in Calfa Ven ausgelacht hatte. Wachposten und Soldaten, Zimmermädchen und Diener, Beamte, Edelleute und deren Kinder. Die Gesichter und Namen, die vor ihrem geistigen Auge aufblitzten, trafen sie wie Faustschläge in den Magen. Was für einen Albtraum hatte sie entfesselt! Sie trat zurück und stützte sich an der Wand ab. Sie durfte nicht vergessen, dass dies ihre Feinde waren. Sie waren immer ihre Feinde gewesen. Jeder Einzelne von ihnen. Wenn sie vornehm und harmlos gewirkt hatten, dann nur deshalb, weil Männer zuvor in ihrem Namen gründlich getötet hatten, um dafür zu sorgen.
    Der Botschafter trat zu ihr, erkundigte sich, ob ihr unwohl sei.
    »Vorhin habt Ihr unterstellt, was Calrach gesagt hat, sei für mich uninteressant«, erwiderte sie kalt. »Wenn Ihr in Zukunft für mich dolmetscht, Rialus, übersetzt den exakten Wortlaut. Es steht Euch nicht zu, zu entscheiden, was ich zu hören bekomme - oder sie.«
    Rialus nahm den Tadel mit einem demütigen Kopfnicken entgegen. Als sie ihm gleich darauf aus dem Augenwinkel einen Blick zu warf, sah sie ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht huschen. Beinahe hätte sie ihn angefaucht und ihn gefragt, weshalb er lächle. Doch dann begriff sie. Sie hatte ihm soeben eine Zukunft versprochen. Jetzt stand es anscheinend in ihrer Macht, anderen Menschen so etwas zu geben. Oder es ihnen zu nehmen.
    Daran würde sie sich erst gewöhnen müssen.

70

    Als er im Morgenrauen aus dem Zelt trat, hatte Leeka Alain bereits beschlossen, dass dieser Tag sein letzter sein würde. Er hatte in seinem Leben schon so viel gekämpft, in so vielen unterschiedlichen Gegenden, auf diesen ausgedörrten Feldern, in den senivalischen Bergen und in den Marschen von Candovia, im Tundra-Hochland des Mein und in den Wäldern Aushenias. Er hatte sich mit Maeander Meins Truppen angelegt und war in offener Schlacht gegen Hanishs Krieger angetreten; er war mit den senivalischen Bergstämmen aneinandergeraten und hatte gegen die Numrek gefochten, ein Volk, das er als Erster entdeckt hatte. Er hatte sogar eines der Reitnashörner der Fremden gezähmt. Er hatte im Schneetreiben Befehle gebrüllt und das Tosen brennender Feuerbälle übertönt. Einige Male hatte er triumphiert, war aber auch mehr als einmal unterlegen. Zeitweise war er sogar zum Nebelsüchtigen verkommen. Und doch war er wieder zum Leben erweckt worden und hatte eine neue Chance bekommen.
    Das machte ihn zu einem der am meisten vom Glück gesegneten Männer auf Erden. Dank Thaddeus Cleggs unerbittlicher Disziplin hatte er sein Leben ein zweites Mal beginnen können. Dies hatte dazu geführt, dass er den jungen Prinzen Dariel gefunden hatte. Er hatte dazu beigetragen, aus dem Seeräuber einen Mann zu formen, der ein würdiger Erbe der Akaran sein würde. Er hatte gesehen, wie die geschmeidige, kleine Mena zu einer Kriegerin geworden war, wie ihm noch keine je begegnet war. Was sie tags zuvor mit dem Schwert geleistet hatte, war unglaublich. Wenn man ihre schlanke Gestalt und ihr kluges Gesicht betrachtete, ahnte man nicht, dass sie zu einem solchen Wüten fähig war. Und er hatte miterlebt, wie König Leodans Ältester zu einem Propheten des Wandels geworden war, zu einem edlen Menschen, der eine bessere Welt aufbauen wollte und bereit war, im Kampf für dieses Ziel zu kämpfen und notfalls auch zu sterben. Was, fragte er sich, konnte jemals den Anblick übertreffen, wie der Prinz in seiner ganzen vollkommenen Glorie das Antok zur Strecke gebracht hatte, eine Bestie, die geradewegs der Hölle entsprungen schien? Das würde der Höhepunkt seines Lebens bleiben, so wie Alivers Tod am darauffolgenden Tag ohne Zweifel der Tiefpunkt gewesen war. Was für ein wechselhaftes, chaotisches Auf und Ab.
    Leeka bereute das Leben nicht, das er geführt hatte. Ganz sicher würde er keinen Augenblick der Jahre ändern wollen, die er sich für seinen König und sein Land abgemüht hatte. Allerdings war es möglich, dass sein Lebensweg anders enden würde, als er es sich ausgesucht hätte. Dieser Wahrheit, entschied er, würde er sich mit aller Fassung stellen, die er aufzubringen vermochte. Zumindest konnte er mit Würde unterliegen und auf eine Weise sterben, die im Einklang mit dem Ehrenkodex stand, nach dem er gelebt hatte. Darum, so glaubte er, würde es bei dem bevorstehenden letzten Kampf gegen die Mein gehen. Er

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