Accelerando
Sie
uns, äh, vor dreißigtausend Billionen Lichtkilometern
geschickt haben?«, fragt Amber.
Der Hummer hüpft auf und nieder. »Stimmt. Haben wir
geschickt.«
»Wir können dieses Netzwerk nicht integrieren«,
erwidert Amber kühl. Pierre zwingt sich dazu, eine ausdruckslose
Miene zu bewahren. (Nicht, dass diese Hummer die menschliche
Körpersprache bereits deuten könnten, aber zweifellos
zeichnen sie alles, was hier geschieht, auf, um es später zu
analysieren.) »Die Nachrichten kommen von einer Spezies, die
sich grundsätzlich von der unsrigen unterscheidet. Wir sind
hierher gekommen, um unsere Spezies mit dem Netzwerk zu verbinden.
Wir möchten Informationen mit vielen anderen Arten zum
gegenseitigen Nutzen austauschen.«
Betroffenheit, Bestürzung, Erregung. »Das können
Sie nicht tun! Sie stellen keinen Signifikanten einer nicht
übertragbaren separaten Informationseinheit dar.«
Amber streckt eine Hand hoch. »Sie haben eben Signifikant
einer nicht übertragbaren separaten Informationseinheit gesagt. Das habe ich nicht verstanden. Können Sie es mit
anderen Worten ausdrücken?«
»Wir sind, genau wie Sie, kein Signifikant einer nicht
übertragbaren separaten Informationseinheit. Das Netzwerk
ist aber nur für Signifikanten einer nicht übertragbaren
separaten Informationseinheit da. Wir sind für das nicht
übertragbare Konzept #1 das, was ein einzelliger Organismus
für uns ist. Sie und wir können das Netzwerk nicht
benutzen, da wir ein nicht übertragbares Konzept zweiter
Ordnung darstellen. Wer versucht, sich mit dem Signifikanten
einer nicht übertragbaren separaten Informationseinheit auszutauschen, fordert die eigene Vernichtung oder den
Übergang zum nicht übertragbaren Konzept #1
heraus.«
Amber schnippt mit den Fingern: Die Zeit steht still. Nacheinander
sieht sie Su Ang, Pierre und die anderen Mitglieder ihres engsten
Teams an. »Will jemand etwas dazu bemerken?«
Aineko, von der bis jetzt nichts zu sehen war, setzt sich auf dem
Teppich am Fuß des Podestes auf. »Ich weiß auch
nicht genau, was ich davon halten soll. Diese Makros sind nur deshalb
formatiert, weil mit ihrer Semantik etwas faul ist.«
»Faul ist? In welcher Hinsicht?«, fragt Su Ang.
Die Katze reißt das Maul zu einem breiten Grinsen auf und
beginnt zu verblassen. »Warte!«, schnauzt Amber sie an.
Aineko verblasst zwar weiter, hinterlässt aber etwas
Leuchtendes: kein Grinsen, sondern die dreidimensionale und
unglaublich komplizierte Kartierung und Gewichtung eines neuronalen
Netzwerks. »Das Konzept #1 der nicht übertragbaren
separaten Informationseinheit enthält, wenn man es in das
grammatikalische Netzwerk der Hummer einspeist, Elemente
›Gottes‹. Außerdem eine überreichliche Anzahl
von Merkmalen des Mystizismus und unbegreifliche Dinge, die mit dem
Zen-Buddhismus zusammenzuhängen scheinen. Doch ich bin mir
ziemlich sicher, dass das, was es wirklich bedeutet, der optimierte Upload von Bewusstsein ist, der sehr viel schneller als
in Echtzeit verläuft. Das heißt, es müsste sich
eigentlich um eine schwach übermenschliche Informationseinheit
des Typus eins handeln, vergleichbar, hm, mit den Menschen zu Hause.
Das impliziert, dass dieser Wunch uns dazu bringen möchte, diese
Informationseinheiten als Götter zu betrachten.« Die Katze
nimmt wieder Gestalt an. »Will jemand mit mir darum
wetten?«
»Kleinstadtganoven«, murmelt Amber, »die das Maul
weit aufreißen oder eine verzwickte Metagrammatik benutzen,
damit sie bedeutender klingen, als sie wirklich sind. Und das alles,
um die Hinterwäldler zu schröpfen, die neu in der
großen Stadt sind.«
»Höchstwahrscheinlich.« Aineko wendet sich um und
leckt ihre Flanke.
»Was sollen wir tun?«, fragt Su Ang.
»Tun?« Amber zieht eine mit dem Stift nachgezogene
Augenbraue hoch und verzieht das Gesicht plötzlich zu einem
strahlenden Grinsen, das sie um zehn Jahre jünger wirken
lässt. »Wir werden ihr Gehirn manipulieren!« Als sie
erneut mit den Fingern schnippt, läuft die Zeit weiter. Es gibt
keine Veränderung in der Kontinuität bis auf die Tatsache,
dass Aineko immer noch am Fuße des Thrones hockt. Die Katze
sieht auf und wirft der Königin einen hinterhältigen Blick
zu. »Wir haben Verständnis für Ihre Besorgnis«,
sagt Amber aalglatt, »allerdings haben wir Ihnen ja bereits die
physiologischen Modelle und die neuronale Struktur der Körper
übermittelt, die Sie jetzt tragen. Wir möchten
kommunizieren. Warum enthüllen Sie uns nicht Ihr wahres
Weitere Kostenlose Bücher