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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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von dir
ausborgen?«
    »Ihr könnt noch viel mehr.« Aineko gähnt und
gewinnt von Sekunde zu Sekunde mehr Substanz. Die Schnecke richtet
sich auf und schreckt wie ein ängstliches Würstchen
zurück. Was immer sie in der Membrane sehen mag, jedenfalls
scheint es sie zu erschrecken. »Ich habe mir einen neuen
Körper zugelegt. Fand es an der Zeit, meinen Stil für ein
Weilchen zu verändern. Dein Trickkünstler hier, diese auf
Tarnung spezialisierte Körperschaft, kann meine alte Schablone
ausborgen, bis was Besseres auftaucht. Na, wie gefällt euch
das?«
    »Hast du das gehört?«, fragt Amber die Schnecke.
»Aineko ist so freundlich, dir ihren Körper zu
überlassen, falls du das möchtest. Bist du mit dieser
Lösung einverstanden?« Ohne eine Antwort abzuwarten,
blinzelt sie ihrer Katze zu, schlägt die Fersen zusammen und
verblasst, während sie lächelnd flüstert: »Bis
zum Wiedersehen auf der anderen Seite…«
     

     
    Der uralte Transceiver der Field Circus braucht mehrere
Minuten, um Dutzende von Avabits auf die Rechnersysteme der Stadt
herunterzuladen. Die riesige Datenmenge besteht aus den
eingefrorenen, auf den Simulationsmaschinen gespeicherten
Zustandsvektoren aller Passagiere und Besatzungsmitglieder. Bei den
meisten ist auch ein Ressourcenpaket mit abgespeichert, das jeweils
das gesamte sequenzierte Genom, zahlreiche Marker für
Phänotyp und Proteom sowie eine Wunschliste für Upgrades
umfasst. Aufgrund der genetischen Kartierungen und der Marker reicht
das Datenmaterial dazu aus, die Maschine des Körpers zu
extrapolieren. Und so macht sich der Body Shop der Stadt, auf die
große Ereignisse zukommen, an die Arbeit, Stammzellen zu
isolieren und Inkubatoren herzustellen.
    Heutzutage dauert es nicht mehr besonders lange, alle Passagiere
eines Sternenschiffs zu reinkarnieren, das mit relativistischer
Geschwindigkeit durch die Zeit gereist ist. Als Erstes gestaltet die
Stadt die Skelette der Menschen (und ignoriert dabei höflich die
rüde vorgebrachte Forderung, sofort damit aufzuhören und
auch in Zukunft davon Abstand zu nehmen – schließlich
verfügt Pamela hier nicht über juristische Vollmachten).
Danach füllt die Stadt die porösen Ersatzknochen mit
Osteoklasten. Aus dem Abstand betrachtet, sehen sie tatsächlich
wie normale menschliche Stammzellen aus, doch an Stelle von
Zellkernen haben sie primitive nadelfeine Füllungen aus
Computronium – Klümpchen intelligenter Materie, so winzig,
dass sie nicht schlauer als uralte Pentiums agieren. Dennoch reicht
ihre Intelligenz dazu aus, Kontrollstreifen zu lesen, die immer noch
besser strukturiert sind als alles, was Mutter Natur je
hervorgebracht hat. Diese gründlich verbesserten
»falschen« Stammzellen, die nichts anderes als biologische
Roboter darstellen, auch wenn sie nicht als solche bezeichnet werden,
breiten sich wie Krebs aus, indem sie kurzlebige kernlose
Sekundärzellen ausbilden. Danach führt die Stadt eine genau
abgemessene Menge von Trägerkapsiden in das krebsartige Gewebe
ein, in denen die tatsächlich wirksamen zellulären
Steuermechanismen für den menschlichen Körper enthalten
sind. Innerhalb einer Megasekunde verwandelt sich das fast
zufällige Getümmel der Bots, die den Körper aufbauen,
in einen kontrollierten Prozess. Normale Zellkerne ersetzen die
winzig kleinen Computer Processing Units, die Zentraleinheiten, die
sich jetzt aus ihren Wirtszellen lösen, den Weg ins halb
ausgebildete Nierensystem nehmen und anschließend verschwinden.
Eine Ausnahme machen nur die CPUs im zentralen Nervensystem, die noch
eine letzte Aufgabe erledigen müssen. Elf Tage nach Einladung
der Field Circus in die Stadt statten die neu geprägten
Schädel die ersten Passagiere mit dem Muster synaptischer
Verbindungen aus.
    (Nach den Maßstäben des schnell agierenden inneren
Kerns des Sonnensystems vollzieht sich dieser ganze Prozess
ermüdend langsam und mittels einer lächerlich altmodischen
Technologie. Dort hätte man einfach einen Wake Shield – eine abschirmende Freiflugplattform – in der Umlaufbahn
installiert, auf den Bruchteil eines Kelvin heruntergekühlt,
zwei Strahlen aus kohärenter Materie zusammengeführt,
bestimmte Informationen über die Zustandsvektoren teleportiert
und den plötzlich materialisierten fleischlichen Körper
durch eine Luftschleuse so schnell ins Innere verfrachtet, dass ihm
zum Ersticken gar keine Zeit geblieben wäre. Freilich ist da
unten im hyperaktiven Raum kaum noch Platz für

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