Accelerando

über den Tisch baumeln und stellt sein
Gesäß zur Schau.
    »Zurücktreten!«, ruft Sirhan seiner
Großmutter zu und deutet in die Luft, um dem Utility Fog, der Wolke aus Nanoteilchen, den Befehl zur Zusammenballung zu
geben. Zu spät. Der Affe lässt einen gewaltigen Furz und
anschließend einen Strom von Exkrementen los, der sich quer
über den Esstisch ergießt. Während sich Pamela eine
Serviette vor die Nase hält, ist ihr runzliges Gesicht ein
Inbild des Ekels. »Verdammt noch mal, erstarre
gefälligst!«, flucht Sirhan, doch die allgegenwärtigen
Roboter, die nicht größer als Blütenstaub und nur als
Nebel zu erkennen sind, weigern sich zu reagieren.
    »Was ist Ihr Problem? Unsichtbare Affen?«, erkundigt
sich die Stadt.
    »Unsichtbar…«, Sirhan stutzt.
    »Kannst du nicht sehen, was der Affe getan hat?«,
springt Pamela ihrem Enkel bei. »Er hat gerade das ganze
Hauptgericht voll gekackt!«
    »Ich sehe nichts«, erwidert die Stadt verunsichert.
    »Hier, lass mich helfen.« Sirhan leiht der Stadt eines
seiner Augen und verdreht es so, dass es sich auf den Affen
fokussiert. Gerade greift er mit trägen Bewegungen um die offene
Luke herum und klopft das Dach der Kapsel ab, als suche er nach den
Kabelverbindungen.
    »Du meine Güte«, sagt die Stadt. »Da hat sich
jemand in mich hineingehackt. Das dürfte doch eigentlich gar
nicht passieren.«
    »Offenbar ist es aber passiert, verdammte
Scheiße«, zischt Pamela.
    »Hacker am Werk?« Sirhan hört auf, der Luft Befehle
zu erteilen, und konzentriert sich stattdessen auf seine Kleidung.
Der Stoff nimmt unverzüglich eine neue Struktur an, gestaltet
sich zu einem gepanzerten, luftdichten Schutzanzug um und lässt
aus dem Nackenteil einen durchsichtigen Schutzhelm wachsen, den er
selbstständig schließt. »Stadt, bitte schick meiner
Großmutter sofort eine Schutzblase, die mit allen
Versorgungssystemen ausgestattet ist.«
    Die Luft in Pamelas Umfeld erstarrt zu einer Blüte aus
Sicherheitsglas; eine durchsichtige Kugel, die einem riesigen
Hamsterkäfig ähnelt, hüllt sie gleich darauf ein.
»Wenn ein Hacker in deine Systeme eingedrungen ist, stellt sich
als Erstes die Frage, wer. Die zweite Frage lautet warum und die dritte wie.« Nervös führt er einen
Selbsttest durch, doch seine Identitätsmatrix weist keine
Anzeichen von Inkonsistenz auf. Schließlich hat er im Umkreis
von einem halben Dutzend Lichtjahren Agenten an überall
verteilten Knotenpunkten postiert. Und diese Agenten haben einen
leichten Schlaf, sodass er sie jederzeit aktivieren kann. Im
Gegensatz zu seiner prä-posthumanen Großmutter ist er
wirksam gegen schnöden Mord geschützt. »Falls das nur
ein dummer Streich ist…«
    Es sind Sekunden verstrichen, seitdem der Orang-Utan im Museum
herumgeistert, und weitere Sekunden, bis die Stadt registriert hat,
in welch bitterer Lage sie sich befindet. Sekunden reichen aus, um im
Wasserlilien-Habitat jede Menge Abwehrmaßnahmen einzuleiten.
Überall in der Luft dehnen sich unsichtbare kleine Foglets aus und polymerisieren zu Verteidigungsanlagen, leiten die
tausende von Wandertauben mitten im Flug in eine Falle, sperren alle
Gebäude ab und jede Person ein, die auf den Wegen da
draußen herumspaziert. Die Stadt führt einen Selbsttest
der Rechnerbasis durch, überprüft das Trusted Computing
System, das eine sichere Rechnerplattform, eine sichere
Prozessarchitektur und sichere Betriebssysteme umfasst, beginnt bei
dem primitivsten, abgesicherten Kernbereich und arbeitet sich von
dort aus vor. Inzwischen macht sich Sirhan mit blutunterlaufenen
Augen auf den Weg zur Treppe. Vage hat er sich vorgenommen, den
Eindringling körperlich anzugreifen. Pamela in ihrer Kugel zieht
sich mit einer schnellen Drehung zurück und flüchtet sich
in die Sicherheit des Zwischengeschosses und eines Gartens mit
Fossilien. »Was glaubst du, wer du bist, hier einfach
hereinzuschneien und auf mein Abendessen zu scheißen?«,
brüllt Sirhan, während er die Treppe hinaufstürmt.
»Ich will eine Erklärung, und zwar sofort!«
    Der Orang-Utan greift nach dem nächstgelegenen Kabel, zerrt
daran und versetzt die tonnenschwere Kapsel in Schwingung.
Zähnefletschend grinst er Sirhan an. »Erinnerst du disch
noch an misch?«, fragt er mit zischendem französischem
Akzent.
    »Ob ich…« Sirhan bleibt wie angewurzelt stehen.
»Tante Annette? Was machst du denn in diesem
Orang-Utan-Kostüm?«
    »’abe kleine Probleme mit dessen
Selbstprogrammierung.« Der Affe grinst noch breiter,