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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Trägern verstärkt.
Aufgrund ihres Alters sind die Plexiglasfenster so trübe, dass
er das Modell eines Ozeandampfers mit Nuklearantrieb im Maßstab
1:10, das unten vom Pier ablegt, und das riesige achtmotorige
Wasserflugzeug daneben nur vage erkennen kann.
    »Nicht ein einziges Mal haben sie mich gefragt, ob die
Schnecke versucht hat, sich in die für Menschen nutzbaren
Räume an Bord heraufzuladen«, meckert Aineko weiter.
»Anderes hab ich von denen ja auch gar nicht erwartet, aber nun
mal ehrlich: Deine Mutter ist viel zu vertrauensselig,
Junge.«
    »Ich nehme an, du hast gewisse Vorsichtsmaßnahmen
getroffen?«, murmelt Sirhans zweites Ich als Antwort. Was bei
der reizbaren Superkatze eine weitere umständliche und
selbstgerechte Tirade über die mangelnde
Vertrauenswürdigkeit finanzieller Instrumente auslöst, die
sich nach den Regeln des Wirtschaftssystems 2.0 richten. Wenn Sirhan
es richtig versteht, hat das Wirtschaftssystem 2.0 die eindeutigen
Festlegungen einer konventionellen Währung wie auch die
variablen Börsennotierungen durch irgendeinen verrückten,
komplizierten, vom jeweiligen Objekt abhängigen Bezugsrahmen
ersetzt. Dieser Bezugsrahmen basiert offenbar auf den Parametern der
Wünsche und subjektiven, durch Erfahrung erworbenen
Werthaltungen der jeweiligen Mitspieler. Nach Ansicht der Katze sind
daher alle Transaktionen innerhalb dieses Systems schon an sich nicht
vertrauenswürdig.
    Und genau deshalb sitzt du jetzt hier fest und hast uns Affen
am Hals, denkt der echte Sirhan zynisch, während er sein
zweites Ich wie im psychotherapeutischen Eliza- Experiment
weiter zu allem, was die Katze sagt, nicken lässt und er selbst
an der Party teilnimmt.
    In der Kugel des Atomiums ist es unangenehm warm, was kein Wunder
ist: Hier oben schwirren bestimmt dreißig Personen herum, die
Bedienungen nicht eingerechnet. Mehrere örtliche Mehrkanalsender
spielen völlig unterschiedliche Musik, um die Partygäste je
nach Stimmung mit Hardcore-Techno, Walzern, Raga und anderen
Klassikern zu versorgen.
    »Amüsierst du dich auch gut?« Sirhan löst sich
von einem seiner ängstlichen Philosophen, mit dessen Aussagen er
gerade seine Sammlung ergänzt. Er merkt, dass sein Glas leer ist
und seine Mutter ihn auf beunruhigende Weise über den Rand eines
Cocktailglases hinweg angrinst. Das Glas enthält eine
Flüssigkeit, die im Dunkeln leuchtet. Amber trägt
hochhackige Stiefel und einen Cat Suit aus schwarzem Samt, der ihre
Figur wie eine zweite Haut umhüllt. Sie ist bereits auf dem
besten Weg, sich zu betrinken. Nach Wall-Clock- Jahren, der
Zeit, die sie in diesem neuen Körper verbracht hat, ist sie
jünger als Sirhan. Es ist so, als hätte er eine seltsam
altkluge jüngere Schwester, die auf mysteriöse Weise in
sein Leben hineinkatapultiert wurde, um seine eigentliche Mutter
– Ambers anderen Zustandsvektor – zu ersetzen, der zu Hause
geblieben und schon vor Jahrzehnten zusammen mit dem Ring-Imperium
gestorben ist.
    »Sieh dich doch nur an: Versteckst dich bei der Party, die
dein Großvater ermöglicht hat, im hintersten Winkel! He,
dein Glas ist ja leer. Möchtest du mal diesen Caipirinha
probieren? Da drüben ist jemand, den du unbedingt kennen lernen
musst…«
    In solchen Momenten fragt Sirhan sich wirklich, was, bei Jupiter
und dessen Umlaufbahn, sein Vater je an dieser Frau gefunden hat.
(Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass sein Vater in
der Version von Welt, aus der diese Verkörperung Ambers
zurückgekehrt ist, kein erotisches Interesse an ihr hatte. Wie
ist das zu deuten?) »Solange da kein vergorener Traubensaft drin
ist«, erwidert er schicksalsergeben und lässt zu, dass
Amber ihn ins Schlepptau nimmt. Sie kommen an mehreren ins
Gespräch vertieften Leuten und einem düster blickenden
Gorilla vorbei, der mit einem Strohhalm einen Longdrink
schlürft. »Geht’s wieder um Bundesgenossen deiner Accelerationista?«
    »Nicht unbedingt.« Sie führt ihn zu der Schar der
Mädchen, die er im Fahrstuhl absichtlich nicht beachtet hat.
Deren Augen strahlen, sie fahren tatsächlich voll auf diese
Themenparty der Goldenen Zwanziger ab und wedeln wild mit ihren
Zigarettenspitzen und Cocktailgläsern herum. »Rita, ich
möchte Ihnen Sirhan vorstellen, den Sohn meiner anderen
Verkörperung. Sirhan, das hier ist Rita, sie ist ebenfalls
Geschichtsforscherin. Sicher habt ihr beide…«
    Dunkle Augen, die nicht durch Puder oder Lidstrich, sondern durch
Chromatophoren innerhalb der Hautzellen betont

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