Accelerando
versprochen, jeden Tag noch vor dem
Frühstück drei neue, alternative Paradigmen zu erfinden,
angefangen bei einer Methode, den Real Existierenden Kommunismus herbeizuführen. Und zwar mittels eines zentral planenden
Staatsapparats, der perfekte Schnittstellen zu externen Marktsystemen
schafft und es auf irgendeine Weise erreicht, die freie und für
alle offene Marktwirtschaft Monte Carlos weit in den Schatten zu
stellen, indem er das Kalkulationsproblem ein für alle Mal
löst. All das tut Mr. Macx – nur, weil es ihm Spaß
macht, in die Volkswirtschaft einzugreifen, und er das Geschrei der
Chicagoer Schule hören möchte, die immer noch dem
Neoliberalismus in der Marktwirtschaft und der neoklassischen
Preistheorie anhängt.
So sehr er sich auch bemüht: Manfred kann an der
Pressemitteilung nichts Ungewöhnliches entdecken. Solche
Verlautbarungen sind in seinem Fall nichts Ungewöhnliches. Und
nach einem CIA-Informanten hat er ja sowieso nur deshalb Ausschau
gehalten, um diese Sache im Netz der CIA zu lancieren.
Das versucht er auch Annette zu erklären, während er ihr
im Bad den Rücken einseift. »Ich verstehe gar nicht, was
die wollen. Die Mitteilung enthält nichts, was diese Gangster
auf den Plan gerufen haben könnte – bis auf die
Information, dass ich mich derzeit in Paris aufhalte und du die
Nachricht übermittelt hast. Du hast überhaupt nichts falsch
gemacht.«
»Mais oui.« Glatt wie ein Aal dreht sie sich um
und lässt sich rückwärts ins Wasser gleiten. »Ich
versuche ja, es dir zu erklären, aber du ’örst mir
nicht zu.«
»Jetzt höre ich zu.« Außen an seiner Brille
bleiben Wassertropfen hängen, sodass sein Blick auf den Raum von
glänzenden Pünktchen überlagert wird. »Tut mir
wirklich Leid, Annette, dass ich dich in diesen Schlamassel mit
hineingezogen habe. Ich kann dafür sorgen, dass all das wieder
aus deinem Leben verschwindet.«
»Nein!« Sie richtet sich vor ihm auf und beugt sich mit
ernster Miene vor. »’abe gestern gesagt, ich will dein
Manager sein. Stell mich bei dir ein.«
»Ich brauche keinen Manager. Mir geht’s doch
gerade darum, schnell zu agieren und nicht greifbar zu
sein.«
»Du glaubst, du brauchst keinen Manager, aber deine
Gesellschaften denken anders. Du ’ast Klagen am Hals – wie
viele? Und du ’ast nicht die Zeit, sie zu inspizieren. Die
Sowjets, sie schaffen Kapitalisten ab, aber selbst sie brauchen
Manager. Bitte lass mich managen für dich!«
Annette hat sich so in diese Idee verrannt, dass sie sich sichtbar
erregt. Er beugt sich zu ihr und legt eine Hand um die aufgestellte
Brustwarze. »Die Rahmenstruktur der Gesellschaften habe ich noch
nicht verkauft«, räumt er ein.
»Nein?« Offenbar freut sie sich darüber.
»Ausgezeichnet! An wen kann man das verkaufen? An Moskau? Oder
an den Staatsrat für die Wieder’erstellung von Recht und
Ordnung in Myanmar?«
»Ich hatte eigentlich an die Kommunistische Partei Italiens
gedacht«, sagt er. »Es ist ein Pilotprojekt. Ich
bemühe mich derzeit um den Verkauf, weil ich das Geld für
die Scheidung brauche – und dazu, den Handel mit diesem Koffer
unter Dach und Fach zu bringen. Allerdings ist das nicht so einfach.
Jemand muss das verdammte Projekt ja auch leiten, und zwar jemand,
der genau weiß, wie man ein zentrales Planungssystem mit einer
kapitalistischen Volkswirtschaft verbinden kann. Ideal wäre ein
Systemadministrator, der Erfahrung darin hat, für einen
multinationalen Konzern zu arbeiten. Vor allem, wenn er auch von sich
aus neue Wege und Mittel finden möchte, die zentrale
Planwirtschaft mit der Außenwelt zu verknüpfen.« Er
sieht sie an, weil ihm plötzlich etwas dämmert. »Hm,
bist du interessiert?«
In Rom ist es an diesem Thanksgiving-Wochenende heißer als
in der Innenstadt von Columbia, South Carolina. Es stinkt nach Methan
verbrennenden Skodas und schwach nach aufgeheizter
Hundescheiße. Die Fahrzeuge, schnittige Kleinwagen in grellen
Farben, sausen wie wütende Wespen durch die schmalen Gassen.
Wagen kurzzuschließen scheint hier ein Nationalsport zu sein.
Allerdings haben die Leute bei Fiat bekanntermaßen immer schon
fehlerhafte Software geschrieben.
Als Manfred aus der Stazione Termini auftaucht und in den
von Staub getrübten Sonnenschein tritt, blinzelt er wie eine
Eule. Seine Brille lässt sich unablässig darüber aus,
wer in den Tagen der letzten Republik wo gewohnt hat. Sie hat sich an
einen Kanal für Touristen gehängt und gibt so viel
Geschichte nicht
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