Accra: Roman (German Edition)
Team, angeführt vom unverwüstlichen Deputy Superintendent Bright, stieg aus.
»Morgen, Morgen«, begrüßte er Chikata und Dawson munter.
»Morgen, Sir.«
Bright lugte in den Graben. »Interessant. Anscheinend dürfen wir uns dieser Tage richtig im Matsch austoben.«
Nach einer kurzen Besprechung stiegen Bright und seine Männer hinunter in den Graben und hoben die Leiche auf eine Plane.
»Moment!«, rief Bright plötzlich. »Wartet mal. Hier stimmt was nicht.«
Seine Assistenten traten einen Schritt zurück. Sie waren voller Schlamm, durchnässt und atemlos von der Anstrengung.
»Was ist?«, fragte Dawson.
»Ich frage mich, wo hier vorn ist und wo hinten«, sagte Bright und sah auf die Leiche.
»Wie?«, fragte Chikata.
»Er liegt mit dem Gesicht nach oben, aber ...«
»... auf dem Bauch«, beendete Dawson Brights Satz.
»Ewurade«, murmelte Chikata.
»Man hat ihm den Kopf nach hinten gedreht«, sagte Bright.
Dr. Biney in der Gerichtsmedizin schüttelte ungläubig den Kopf. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
Der Junge lag auf dem Bauch und mit dem Gesicht nach oben. Er war ungefähr sechzehn, und seine drahtige Statur verriet, dass er seit Jahren schwer arbeitete.
»Wir haben eine Stichwunde im unteren Drittel des rechten Thorax«, sagte Biney. »Diese Druckstelle stammt vom Messerheft, was bedeutet, dass es mit Wucht tief hineingestoßen wurde. Sehen Sie die Blutergüsse am Wundrand? Sie sind nicht leicht zu erkennen. Ich nenne das Satelliten-Ergüsse. Und was verraten sie uns? Sie sagen uns, dass der Täter das Messer wie einen Hebel auf und ab bewegt hat, um maximalen Schaden anzurichten. Wahrscheinlich finden wir bei der Autopsie außer einer kollabierten Lunge noch ein beschädigtes Zwerchfell und eine zerfetzte Leber.«
»Meinen Sie, das ist die Todesursache?«, fragte Dawson. »Oder war es das gebrochene Genick?«
»Schwer zu sagen. Falls er nach der Stichverletzung noch gelebt hat, könnte man ihm zur Sicherheit die Halswirbelsäule gebrochen haben. Oder umgekehrt. Auf jeden Fall war es ein gewaltsamer Tod.«
»Mit dem Messer«, sagte Dawson. »Wie bei Musa.«
»Sehen Sie eine Verbindung zwischen den beiden Morden?«
»Reine Spekulation.«
Der ermordete Junge war nicht so verwest wie Musa, aber das verdrehte Genick war mindestens genauso furchtbar, wenn nicht noch schlimmer. Dawson musste an seinen Bruder Cairo denken, der seit seinem vierzehnten Lebensjahr querschnittgelähmt war. Dawsons Mutter hatte ihn zum Eckladen geschickt, um eine Dose Sardinen zu kaufen, und als er loslief, fiel ihr noch etwas ein, das er mitbringen sollte. Sie rief nach Cairo, der sich zu ihr umdrehte. Deshalb sah er den Wagen nicht, der ihn übel erwischte. Cairo flog über das Dach und hinten herunter, wobei er sich das Rückenmark verletzte. Eben noch war er der Spitzensportler in der Familie gewesen, der beim Fußball jeden gegen die Wand spielte, und im nächsten Moment saß er im Rollstuhl und war auf die Hilfe anderer angewiesen.
»Sehen Sie sich die Sachen des Opfers an«, sagte Biney und holte Dawson jäh in die Gegenwart zurück. Er ging mit ihm zum Tisch neben dem Waschbecken und zeigte Dawson die Kleidung des Jungen: eine braune Hose, ein grünliches Hemd mit nur einem Knopf und Turnschuhe, die schon bis zur Innensohle durchgelaufen waren.
»Und dies hier haben wir auch gefunden«, sagte Biney. »Sie muss noch trocknen, aber ich schätze, sie könnte sehr hilfreich für Sie sein.«
Er hielt Dawson eine Visitenkarte hin, die zerknittert, feucht und schlammverschmiert, aber immer noch lesbar war.
STREET CHILDREN OF ACCRA REFUGE (SCOAR)
Genevieve Kusi, Director
No. 2 Goodwill Road, Accra New Town
Es stand auch eine Telefonnummer darauf, die Dawson in sein Handy eintippte. Auf der Rückseite der Karte war mehrfach mit unsicherer Schrift ein Name geschrieben, wieder durchgestrichen und neu geschrieben worden, als hätte der Schreiber seine Unterschrift geübt. Der Name war Ebenezer .
21
Die Straßenkinderhilfe SCOAR war in einem schieferfarbenen, zweigeschossigen Haus untergebracht. Man bat Dawson, am Empfang im Erdgeschoss auf Mrs. Kusi zu warten. Obwohl zu beiden Seiten die Fenster offen standen, regte sich drinnen kein Lüftchen. Der Nachmittag war schwer und warm wie Suppe. Erwachsene Aufsichtspersonen und Kinder aller Altersgruppen kamen und gingen. An der Wand gegenüber dem Wartebereich hing ein Schwarzes Brett mit Gemeindemitteilungen, Jobangeboten und Fotos von lächelnden jungen
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