Accra: Roman (German Edition)
mal erwachsen und heiratest?«, fragte Dawson übertrieben streng.
Er lachte. »Weiß nicht. Bald.«
»Hast du eine Freundin?«
»Ich habe sogar zwei und kann mich nicht entscheiden.«
»Dann ist es wahrscheinlich keine von beiden. Sonst wäre dir eine wichtiger als die andere.«
»Kann sein.« Chikata grinste. »Dawson, du erstaunst mich! So was hast du mich noch nie gefragt.«
»Mir liegt eben an deinem Wohl.«
Aus dem Augenwinkel sah er, dass Chikata ihn ansah.
»Was denn? Denkst du, ich habe kein Herz oder was?« Dawson schmunzelte.
»Nein, absolut nicht! So was würde ich doch nie denken.«
» Omale «, konterte Dawson, was Ga für »Lügner!« war.
Beide lachten los.
Auf dem Holzmarkt gingen sie an Händlern und Kunden vorbei durch Reihen mit Balken und Latten. Auf dem Markt gab es aber nicht bloß Holz. Dort waren auch Fetisch-Stände, an denen Kräuter, Tierhäute und gruselig aussehende Schädel feilgeboten wurden. Kayaye mit turmhohen Lasten auf den Köpfen gingen an ihnen vorbei, und ein junger Mann mit einem Mikrofon und einer extraleichten Lautsprecherausrüstung über der Schulter lief über den Markt und warb für einen kostenlosen HIV-Test.
Dawson und Chikata teilten sich auf, blieben jedoch in Sichtweite. Falls einer von ihnen auf Tedamm stieß, musste der andere in der Nähe sein.
Dawson holte eine Kayayo ein und ging neben ihr her. Sie war viel kleiner als er, aber die Lasten auf ihrem Kopf überragten ihn deutlich.
»Wie geht’s?«, fragte er.
»Gut.« Sie bewegte ihre Augen in seine Richtung, nicht ihren Kopf.
»Ich bin Darko. Wie heißt du?«
»Amariya.«
»Was für ein schöner Name. Woher kommst du?«
»Norden. Walewale.«
»Magst du Accra?«
»Das Leben ist zu schwer hier.« Amariya wich einem Karren aus, der ihnen entgegenkam. Sie trat einen Schritt zur einen Seite, Dawson zur anderen. Hinter dem Karren trafen sie sich wieder. »Aber in Walewale kann ich nicht genug verdienen für meine Kinder, also muss ich hierbleiben.«
»Ich suche jemanden.«
»Wen?«
»Er heißt Tedamm.«
»Hmm. Der.« Sie rümpfte die Nase.
»Hast du ihn gesehen?«
»Ich hab ihn letzte Woche gesehen.«
»Und ein Mann, den sie Flash nennen?«
»Der, ja, ich weiß, wo der ist.« Sie zeigte nach vorn rechts. »Bieg da ab, und geh die Straße ganz runter bis dahin, wo keine Stände mehr sind. Da findest du ihn. Und sag keinem, dass ich dir den Weg gezeigt habe.«
»Werde ich nicht.« Dawson steckte ihr einen Cedi-Schein in die Kleiderfalten an ihrer Taille. »Pass auf deine Kinder auf.«
Sie lächelte. »Danke.«
»Gern. Sei vorsichtig.«
Dawson ging zu Chikata. »Schnappen wir uns diesen Flash.«
29
Sie folgten der Beschreibung der Kayayo bis zum Marktende. Dort lungerten einige Mädchen herum. Dawson winkte eines zu sich, das etwa sechzehn Jahre alt war und so knochig und ausgehungert wie eine streunende Katze. Die sehr junge Frau kam zögerlich auf sie zu. Womöglich ahnte sie, dass sie Polizisten waren.
Auf Twi fragte Dawson sie, wie viel. » Sεn? «
Sie war nicht sicher, ob er sich oder beide Männer meinte. » Mmienu? «
»Nur ich, er nicht.«
»Vier Cedis.«
»Wie heißt du?«
»Thelma.«
»Ist Flash hier?«
»Ja, Sir.«
»Okay, gehen wir.«
»Folg uns«, sagte Dawson zu Chikata, »aber bleib im Hintergrund.«
Sie bogen um eine Ecke. Dort, vor einem improvisierten Zelt in einer Sackgasse, stand Flash in einem dunkelroten Hemd und einer grellgrün gestreiften Hose. Er quittierte Dawsons Erscheinen mit einem Daumenschwenk nach oben und unten.
»Wer bist du?«, fragte Flash, dessen Stimme wie ein Froschquaken klang.
»Was schert dich das? Ich will nur mit diesem Mädchen schlafen und wieder gehen.«
Flash grunzte und sah über Dawsons Schulter, ob noch jemand hinter ihm lauerte. Ein Polizist zum Beispiel. Gleichzeitig streckte er Thelma die Hand hin, die ihm die Gebühr geben wollte, doch davon hielt Dawson sie ab. Er zückte seine Marke. »Polizei. Sie sind ...«
Flash rannte los, kam aber nicht weit. Chikata erschien gleichsam aus dem Nichts und warf ihn zu Boden. Eine Staubwolke stob unter Flash auf, und er hustete, als Chikata ihm Handschellen anlegte.
Dawson wandte sich zu Thelma, die vor lauter Angst, sie könnte verhaftet werden, zitterte.
»Hör zu«, sagte er. »Das Leben als Ashawo ist gefährlich. Diese Männer haben Krankheiten, die dich umbringen können. Sei lieber Trägerin, Fegerin oder Verkäuferin, aber nicht das hier.«
»Sir, das habe ich alles
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