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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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verbrochen hatte. Die Tatsache, dass er Handschellen trug, reichte ihnen schon.
    Dawson brachte Flash in eine Zelle auf dem Korle-Bu-Revier. Dann fuhr Sergeant Baidoo ihn und Chikata zur Korle-Lagune, wo Tedamm sein sollte.
    Chikata schickte ihm eine SMS: Wo bist du?
    »Hoffen wir, dass er antwortet«, sagte Chikata. »Wenn er sonst keine SMS von Flash bekommt, wird er vielleicht misstrauisch.«
    Zehn Minuten später summte das Handy.
    »Dawson, er ist bei der Feuerwache«, sagte Chikata.
    »Damit muss die in Jamestown gemeint sein.«
    Sie waren nur Minuten von der Feuerwache auf der Nordseite der Cleland Road am Rande von Jamestown entfernt. Auf der Südseite befanden sich der Strand, der Fischereihafen, das James Fort aus der Sklavenzeit und der Leuchtturm von Accra.
    Baidoo bog gegenüber vom Feuerwehrgebäude auf einen Gehweg. Dawson und Chikata stiegen aus und gingen auf einleeres Grundstück zwischen der Feuerwache, der Lagune im Westen und Agbogbloshie im Norden zu. Bauunternehmer träumten davon, dass hier einmal teure Villen und Apartments an den Ufern der kristallklaren Lagune stünden. Bis dahin untersagte die Accra Metropolitan Assembly jedes Bauvorhaben auf diesem Land. Ein paar nicht genehmigte Bauten am Rand waren geschlossen und ihr Abriss angeordnet worden, einschließlich eines Lagers von Woodcrest Services, einer Firma, die Gipskarton- und Dämmplatten herstellte. Jedes Mal, wenn Dawson hier vorbeikam, fragte er sich, wann wohl mit dem Abriss begonnen würde. Es war dasselbe wie mit dem Müllwagen in der Kojo Thompson Road, dem alten Eisenbahnwaggon oder dem UTC-Gebäude – alle warteten darauf, dass die Zeit und die Naturelemente erledigten, was niemand sonst zu tun bereit war.
    »Was ist da vorn los?«, fragte Chikata.
    Zweihundert Meter weiter standen etwa ein Dutzend Jungen im Kreis und beobachteten irgendetwas. Dawson und Chikata hörten einen leisen Schrei und rannten los. Als sie näher kamen, sahen sie einen muskulösen jungen Mann mit nacktem Oberkörper, der auf einen Jungen am Boden eintrat. Der Junge war höchstens dreizehn, hager, hatte sich zu einer Kugel zusammengerollt und hielt sich weinend den Kopf, um ihn zu schützen.
    Ein Junge in der Menge rief: »Tedamm, gib’s ihm richtig!« Und ein paar andere lachten.
    Das ist also der berüchtigte Tedamm .
    Als dieser zum nächsten Tritt ausholte, brüllte er immer wieder: »Denkst du, du kannst mich auf den Arm nehmen, häh? Denkst du, ich weiß nicht, dass du mich bescheißt?«
    Diesmal trat er dem Jungen gegen den Kopf, und sein Opfer schien das Bewusstsein zu verlieren. Etwas in Dawsons Brust dehnte sich aus wie ein Fallschirm, der sich öffnete. Die alte, fürchterliche Wut erwachte aus ihrem Winterschlaf. Sofortwechselte Dawson die Richtung, lief um die Jungen herum und war so schnell hinter Tedamm, dass ihn kaum jemand hatte kommen sehen. Sein linker Unterarm war hinter Tedamms Kopf, der rechte quer über seiner Kehle und die Hand an der linken Schulter des jungen Mannes. Blitzschnell drückte er Tedamm die Luft ab.
    Tedamm war ein Muskelpaket. Er wehrte sich, trat in die Luft und drehte sich, sodass Dawson das Gleichgewicht verlor. Beide gingen zu Boden, und Tedamm lag mit dem Gesicht nach oben auf Dawson. Er wollte sich befreien, doch Dawson hielt ihn fest. Nach etwa sieben Sekunden erschlaffte Tedamm. Fünf Sekunden länger, und er ist tot .
    Dawson ließ nicht los.
    Lass ihn los!
    Dawson drückte weiter zu. Es war, als stünde die Zeit still. Er hörte nichts mehr, und alles um ihn herum wurde dunkel.
    Plötzlich hörte er, wie Chikata ihn anschrie. Dawson blickte zu seinem entsetzten Sergeant hoch. Endlich ließ er los. Chikata zog Tedamm zu sich, und Dawson fiel auf die Knie. Tedamm rührte sich nicht.
    Vor Schreck stand Chikata der Mund offen. »Dawson«, flüsterte er. »Was machst du denn?«
    Dawson klatschte Tedamm die flache Hand ins Gesicht. Flatternd öffnete dieser die Augen und versuchte, sich aufzusetzen.
    »Bleib, wo du bist.« Dawson stieß ihn wieder nach unten. Dann befahl er Chikata: »Sieh nach, wie es dem Jungen geht.«
    Chikata ging zu dem Jungen. Das Publikum war stumm vor Staunen. Sie hatten gerade mitangesehen, wie der mächtigste Baum im Wald gefällt wurde.

30
    Dawson und Chikata berichteten Chief Superintendent Lartey von ihren Fortschritten. Tedamm saß zum Verhör bereit im Büro des Assistant Superintendent.
    Als sie aus Larteys Büro kamen, sagte Chikata: »Heute an der Lagune habe ich richtig

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