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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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alles entwickelt hatte, aber wenigstens diese Anklagen freuten ihn.
    Hosiah kam herein, sprang aufs Bett und kuschelte sich zwischen seine Mutter und seinen Vater.
    »Wie geht’s, mein Großer?«, fragte Dawson und küsste ihn auf die Stirn.
    »Prima.«
    »Prima was?«
    »Prima, danke.«
    »So ist’s besser. Hast du gut geschlafen?«
    »Ja, danke. Daddy, guck mal.« Hosiah hielt seine jüngste Kreation in die Höhe: einen Sportwagen.
    Dawson sah ihn sich an. »Schön! Wie schnell kann der fahren?«
    »Einhundertundfünfzig.«
    Dawson lächelte. »Das ist schnell.«
    Mit den passenden Eään-eään- Geräuschen bewegte Hosiah den Wagen über eine imaginäre Rennpiste auf Dawsons Brust und Kinn.
    »Hey!«, protestierte Dawson lachend. »Wo willst du denn hinfahren?«
    Hosiah kicherte. »Ich fahr den Berg rauf. Den Daddy-Berg.«
    Früher hatten Dawson und Hosiah samstagmorgens spielerische Kämpfe im Bett veranstaltet. Dawson fehlten sie, und Hosiah ebenfalls, doch die Anstrengung war dem Jungen nicht mehr zuzumuten. Manchmal musste Dawson, wenn er Hosiah ansah, einen Kloß im Hals herunterschlucken und mit den Tränen kämpfen. Sein Sohn schwand vor seinen Augen dahin.
    Vor dem Frühstück kam Christine zu ihm und blieb in der Tür stehen. »Du hast Besuch, Dark.«
    »Wer?«
    »Überraschung«, antwortete sie lächelnd.
    Sie trat zur Seite und gab den Blick frei auf Dawsons Gast.
    Sofort sprang Dawson auf, verblüfft und hocherfreut, seinen alten Mentor zu sehen. »Mein Gott! Armah! «
    Lachend umarmten sie sich.
    »Wie geht es dir, Darko?«
    »Was für eine Überraschung! Willkommen, willkommen. Ich habe dich nicht mal kommen gehört.«
    »Ich habe ihn reingeschmuggelt«, sagte Christine. »Ich sah ihn durchs Küchenfenster, als er kam.«
    Daniel Armah, Freund, Vaterfigur und Mentor, war Anfang sechzig, hatte graumeliertes Haar und war kleiner als Dawson. Sein Gesicht war offen und freundlich; seine Augen blickten meist nachdenklich, bargen jedoch einen Funken von Humor, der die Leute oft erstaunte.
    »Es tut gut, dich zu sehen, Armah. Du siehst glänzend aus.«
    »Du auch, Darko.«
    »Komm rein und setz dich. Können wir dir irgendetwas anbieten? Wir wollten gerade frühstücken, also iss mit uns.«
    »Ja, gern, danke.«
    Christine bereitete das Frühstück zu, während Dawson und Armah sich unterhielten.
    »Also, was führt dich in die Stadt?«, fragte Dawson.
    »Mein Cousin ist krank«, erklärte Armah. »Seine Frau bat mich, herzukommen und ihn zu besuchen. Es geht ihm schlecht, und sie fürchtet, dass es zu Ende geht.«
    »Tut mir leid, das zu hören. Wie lange bleibst du in Accra?«
    »Das hängt von meinem Cousin ab.«
    »Verstehe.«
    Hosiah kam frisch gewaschen und angezogen ins Wohnzimmer marschiert.
    »Sieh mal, wer hier ist, Hosiah«, sagte Dawson.
    »Onkel Daniel!«
    Armah drückte ihn. »Wie geht es dir, Hosiah? Meine Güte, du wirst ja immer größer!«
    Hosiah strahlte. »Daddy sagt, dass ich mal größer bin als er.«
    Armah lachte. »Ja, ganz bestimmt.«
    Nach dem Frühstück nahm Christine Hosiah mit zum Einkaufen. Dawson und Armah setzten sich in den kleinen Garten.
    »Ich habe deinen Fall in der Zeitung verfolgt«, sagte Armah.
    »Es muss Vorsehung sein, dass du hier bist, denn ich wollte dich schon anrufen, um mit dir über ihn zu reden. Ich wünschte, ich könnte mit dem Resultat zufrieden sein, aber das bin ich nicht.«
    »Was lässt dich zweifeln?«
    »Tja, Tedamm ist ein Vergewaltiger und ein Schläger, keine Frage, und vielleicht ist er sogar ein Mörder. Aber kennst du dieses Gefühl, wenn du etwas auseinanderschraubst und wieder zusammenbaust, und auf einmal sind noch Schrauben und Muttern übrig? Genauso fühle ich mich im Moment. Da ist dieser Junge, Antwi, ein Zeuge für die Vergewaltigung, der mir erzählt hat, dass in der Nacht, in der Comfort ermordet wurde, jemand mit einem Wagen angefahren kam, als Tedamm das Mädchen vergewaltigte. Antwi und sein Freund Ofosu dachten, es wäre die Polizei, und sind weggelaufen. Tedamm blieb zurück. Wir wissen bis heute nicht, wer das in dem Wagen war. Könnte es nicht sein, dass er Comfort umbrachte, nachdem Tedamm sie verlassen hatte? Das ist das übrig gebliebene Teil, das mich stört.«
    »Natürlich könnte der Wagen auch eine falsche Fährte sein.«
    »Stimmt, aber da ist noch etwas. Wir wissen, dass Tedamm und Ebenezer verfeindet waren, weil sie Revierstreitigkeiten hatten, die wiederum ein Motiv sein könnten. Vielleicht gab es sogar

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