AC/DC - Maximum Rock N Roll
90-Grad-Winkel halten musste, um nicht mit dem anderen Ende an die Wand zu stoßen. Nach den Proben schloss sich Angus meist in seinem Zimmer ein und übte noch ein paar Stunden.
Kantuckees erster offizieller Auftritt fand im Batemans Bay an der Südküste statt, ein paar Stunden von Sydney entfernt. Das Hauptprogramm bestritten niemand anders als die Velvet Underground. Nach und nach bekam Angus’ Band gelegentliche Engagements im Chequers in der Sydneyer Innenstadt und baute sich dort eine kleine Fangemeinde auf, nachdem sie an einem Dienstagnachmittag das Vorspielen bei MC Mr. Casey bestanden hatte. Allmählich häuften sich die Auftritte, und da sie nun öfter und länger unterwegs waren, wurde das Thema Transport und Ausrüstung wichtiger. Sie hatten große Pläne.
Bob McGlynn: »John Stevens und Angus kauften einen großen ehemaligen Krankenwagen, ein riesiges weißes Ding. Sie fuhren damit durch die Gegend und hatten hinten zwei Verstärker drin. Es war wie ein halber Sattelschlepper, der drei Boxen geladen hatte!«
Ihre erste Aufnahme betreute der ehemalige Hot-Cottage-Gitarrist Kim Humphreys während einer Probe in Rhodes. Humphreys war mitgekommen, um McGlynn einen Gefallen zu tun, aber davon abgesehen wollte er als erfahrener Gitarrist herausfinden, ob Angus wirklich so unglaublich war, wie sein Freund ihm erzählt hatte.
Kim Humphreys: »Alter, ich wäre beinahe gleich wieder rausgegangen, so gut war der! Später gab die Band mal irgendwo ein Konzert. Als die Jungs mich im Publikum entdeckten, baten sie mich, zu ihnen auf die Bühne zu kommen. Ich sagte, ihr macht wohl Witze! Angus lieh mir seine Gitarre, und ich spielte ein paar Songs. Er war einfach brillant – unheimlich energisch. Mir war klar, dass er mich total an die Wand spielen konnte. Die Leute im Publikum merkten das vielleicht nicht, aber ich hörte den Unterschied.«
Bob McGlynn: »Er war unglaublich schnell. Kim gab ihm ein paar Tipps und sagte: ›Mach mal ein bisschen langsamer und denk nicht immer nur an die Geschwindigkeit. Du kannst mit viel mehr Gefühl spielen.‹ Ein paar der Sachen, die wir draufhatten, waren nicht leicht. Aber er brachte sie selbst mit seinem grässlichen 50-Watt-Verstärker überzeugend rüber.«
Humphreys kam auch nicht dahinter, wie Angus den Sound, den er hatte, mit einem Fi-Sonic-Verstärker erzeugte.
Kim Humphreys: »Ich hatte selbst mal so einen und fragte mich: ›Verdammt, wie holt dieser Typ da so einen Sound raus? Meiner klingt nie so!‹ Dieser Drecksack bekam es hin, dass das Gerät absolut unglaublich klang. Er war damals vielleicht noch ein bisschen abgehobener als heute, wegen der Sachen, die er hörte. Er mochte Jeff Beck und auch Paul Kossoff von Free. Einer seiner Lieblingsgitarristen war Leslie West von Mountain. Ich habe noch immer eine alte Ausgabe vom Guitar Player , die Angus mir mal geliehen hat, mit Leslie West vorn drauf. Ich habe sie ihm nie zurückgegeben. Die andere Band, die ihm gefiel – und ich glaube, da hab ich auch immer noch eine seiner Platten -, war Cactus.«
Angus’ Ehrgeiz und Entschlossenheit ließen wenig Zeit für allgemeines Geplänkel und oberflächliche Nettigkeiten. Smalltalk führte bei ihm immer zu Missverständnissen.
Kim Humphreys: »Ich denke, er glaubte so sehr an das, was er tat, dass andere Leute für ihn keine Rolle spielten. Er wusste, was er machte, und er nahm sich einfach nicht die Zeit, Konversation zu machen und übers Wetter zu reden.«
Schließlich beschloss die Band, einen zweiten Gitarristen anzuheuern, damit Angus, den andere Gruppen ständig abzuwerben versuchten, mehr Freiraum bekam. Mark Sneddon erlebte eine echte Feuertaufe: In weniger als einer Woche musste er fünfzig neue Songs lernen.
Mark Sneddon: »Angus gab mir einen ganzen Berg von Platten, auf denen jeweils ein Song angestrichen war, und sagte: ›Geh nach Hause und lern die.‹ Von einigen der Bands hatte ich noch nie etwas gehört. Ich glaube, ich saß die ersten vier Tage rund um die Uhr da und übte. Als ich schließlich zum Konzert kam, war ich so müde, dass es ein Wunder war, dass ich mich überhaupt noch an irgendwas erinnerte.«
Mit Sneddon als Verstärkung konnte die inzwischen fünfköpfige Band mit der Doppelgitarrenpower richtig loslegen, vor allem im Chequers, einem Club, in dem man erwartete, dass die Bands bis zu vier Stunden Programm am Abend boten. Glücklicherweise hatte Angus seinen Veitstanz auf der Bühne noch nicht entwickelt, sonst wäre er
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