AC/DC - Maximum Rock N Roll
beide dreckigen Blues spielten. Nachdem er gemeinsam mit seiner Schwester im Stadion von Sydney die überlebensgroße Legende Louis Armstrong in all ihrer souligen Herrlichkeit erlebt hatte, war er tagelang zu nichts mehr zu gebrauchen.
Die magnetische Anziehungskraft, die Little Richards »You Keep A Knockin’« auf ihn ausübte, hätte allerdings fast sein Wohlergehen gefährdet. Angus spielte den Song – eher gesagt, einen Teil davon – so lange, bis seine Mutter es nicht mehr aushielt und ihrem Spross unmissverständlich klarmachte, dass es in seinem ureigensten Interesse sei, sich nach einer anderen Beschäftigung umzusehen.
Natürlich übte auch Angus’ Nähe zum Easy-Fever einen großen Einfluss auf ihn aus. Schließlich wurde auch er – wenn auch nur in zweiter Linie – Nutznießer der Päckchen, die George aus Übersee an Malcolm schickte. Angus reichte das aber nicht. Er wollte mehr herausfinden und nahm die Dinge oft selbst in die Hand: »Ich sparte mein Taschengeld, fuhr in die Stadt, und wenn ich eine Platte von Buddy Guy wollte, musste ich sie importieren lassen, weil sie die Läden vor Ort nicht führten.«
Der Blues war für ihn, als beträte er eine andere Welt, in der die Leute wie Geister und Dämonen sangen. Angus war begierig nach mehr Hintergrundinformationen. Sein Vater schlug ihm vor, er solle sich in der Bücherei des Viertels umsehen. Von da an war er dort Stammgast, selbst wenn er eigentlich Schule gehabt hätte.
In der Bücherei war man gern bereit, auch Material aus Übersee zu bestellen. Angus fräste sich durch die alten Ausgaben des Downbeat , in dem es Artikel über Blueshelden wie Muddy Waters gab.
In seiner Schule, der Ashfield Boys High, gefiel es ihm deutlich weniger als in der Bücherei. Angus, der den Spitznamen »The Banker« trug, weil er es verstand, sein Geld zusammenzuhalten, hatte es dank seines großen Bruders Malcolm vom ersten Tag an nicht leicht. Als der Schulleiter verlangte, dass Angus sich die Haare abschneiden lassen solle, zog er sich den Zorn von Angus’ Mutter zu, denn private Entscheidungen fällte bei den Youngs nur die Familie selbst.
Im Gegensatz zu George oder Malcolm interessierte sich Angus überhaupt nicht für Fußball oder andere Sportarten. Seine große Leidenschaft galt der Musik und den Gitarren. In der Schule schnitt er sonst nur beim Zeichnen und Malen im Kunstunterricht gut ab, wo er mit seinen kleinen Händen gut zurechtkam. Außerdem spürte er hier, wenn er gerade mal nicht schwänzte, eine gewisse Freiheit.
Angus: »Den Kunstunterricht fand ich klasse, weil man da mit vielen Sachen durchkommen konnte.«
Und wo sonst hätte er eine zwei Meter lange Fliege aus Pappmaschee basteln können, wie er es für ein denkwürdiges Schulprojekt einmal tat?
Angus: »Ich erinnere mich, dass ich ziemlich oft in die Bücherei ging, was eher ungewöhnlich war. Mir machte das Spaß, weil man da den halben Tag rumhängen konnte. Es war nämlich so, dass der Bibliothekar, der Lehrer da, einer von diesen Typen war, die es mit den Ausleihscheinen furchtbar genau nahmen. Der gab einem so gut wie nie wirklich ein Buch! Man musste beinahe einen vierseitigen Antrag ausfüllen, um was auszuleihen. Und so fragte ich eben einfach nach einem bestimmten Buch, und bis der Typ den ganzen Papierkram geregelt hatte, war der halbe Tag rum.«
Musik als Schulfach war allerdings trotz seines Interesses keine Option. Angus: »Die ließen mich nicht! Einmal haben sie eine Geige in der Klasse herumgereicht, damit sich jeder so ein Instrument einmal angucken konnte. Die kam dann irgendwie nicht wieder zum Lehrer zurück. Damit war der Musikunterricht gelaufen!«
Bei einer anderen Gelegenheit riss ihm ein genervter Musiklehrer eine Triangel aus den Händen und erklärte, Young junior hätte überhaupt kein Rhythmusgefühl.
1969 traf Angus den 15-jährigen Larry Van Kriedt, selbst ein sehr talentierter Gitarrist, der gerade aus San Francisco nach Sydney gezogen war. Van Kriedt fand schnell heraus, dass Angus so gut wie nie allein unterwegs war.
Larry Van Kriedt: »Er hatte eine Gang von Freunden um sich. Das waren ziemlich harte Typen. Angus war der Anführer! Er war der Kleinste. Sie trugen alle ihre Schuluniformen und rauchten Zigaretten. Manchmal hackten die anderen ein bisschen auf mir rum, weil ich ein eher ruhiger Typ war. Und obwohl Angus nur halb so groß war wie ich, brüllte er dann: ›Lasst ihn in Ruhe! Ich sag’s euch, wenn ihr ihn anfasst, hau ich euch
Weitere Kostenlose Bücher