Ach so!
Alltags überrascht. Vor allem junge Eltern würden
sich vermutlich schnell wieder in unsere Gegenwart zurücksehnen: keine
Waschmaschine, kein Reißverschluss, keine Gummibänder an den Hosen und keine
Einwegwindeln!
Wer am technischen Fortschritt zweifelt, der sollte sich
eine moderne Windel einmal genauer ansehen. Erfunden wurde sie in den
Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts. In den Höschenwindeln steckt jedoch
weit mehr als Zellstoff und Plastik.
Das Geheimnis der ungeheuren Saugfähigkeit verbirgt sich
in einem weißlichen Pulver, das in der Lage ist, eine große Flüssigkeitsmenge zu
binden. Dieser sogenannte »Superabsorber« eignet sich für eine eindrucksvolle
Demonstration. Während einer Talkshow machte ich folgendes Experiment: In ein
Trinkglas gab ich einen Teelöffel des Pulvers und füllte das Glas anschließend mit
Wasser auf. Nach einer kurzen Einwirkzeit blickte ich meinen Gastgeber an und sagte:
»Es gibt jetzt für mich zwei interessante Möglichkeiten: Entweder klappt das
Experiment, oder du wirst gleich nass. In beiden Fällen gibt es eine Überraschung!«
Ich erinnere mich nochgut an seinen skeptischen Blick, als ich
das Glas über seinem Kopf umdrehte.
Ein Fehlschlag wäre in der Tat nett gewesen, und am
Folgetag hätte es dann womöglich folgende Schlagzeile gegeben:
»Wissenschaftsjournalist macht Talkshowmoderator nass!« Doch das Experiment klappte
(leider), denn kein Tropfen fiel heraus. Das weißliche Pulver hatte die gesamte
Flüssigkeit im Glas gebunden.
Chemisch gesehen besteht der Superabsorber aus langen
Molekülketten aus Acrylsäure, die sich zu einem Netz ausbilden. Wenn Wasser
eindringt, quillt zunächst das Netz auf. Die eindringenden Wassermoleküle werden in
den mikroskopischen Hohlräumen festgehalten. Es bildet sich ein Gel.
Manche Superabsorber können bis zum Dreihundertfachen
ihres Eigengewichts an Flüssigkeit aufnehmen, und diese phänomenale
Aufnahmefähigkeit macht die Windeln dünn und dennoch saugfähig. Im Vergleich zu den
Achtzigerjahren sind moderne Windeln bei gleicher Saugfähigkeit dank dieses Pulvers
gerade einmal halb so schwer.
Außer in Windeln werden solche Superabsorber übrigensauch in der Technik eingesetzt, so zum Beispiel bei
Kabelummantelungen. Der Absorber befindet sich im Mantel. Falls es einen Riss gibt,
quillt die Kontaktstelle durch die eindringende Feuchtigkeit auf und versiegelt
somit die schadhafte Stelle in der äußeren Ummantelung, so dass keine weitere
Feuchtigkeit nachfließen kann.
Säuglinge und ihre Eltern profitieren jedenfalls von
dieser Hightech-Entwicklung, doch mit manchen »Geschäften« ist selbst der beste
Superabsorber überfordert ...!
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Wie funktioniert eine Hochrechnung?
46 Wahlen entwickeln sich immer mehr zu reinen
Zirkusveranstaltungen. Unsere Städte hängen voller Plakate, und die bunten
Wahlkampfparolen sind mitunter ein Angriff auf jeden klar denkenden Bürger
(»Reichtum für alle!«). Wochenlang spekulieren die Medien und berufen sich dabei auf
schwankende Umfragen und Prognosen. In inszenierten Rededuellen und Interviews
buhlen die Kandidaten um die Gunst von uns Wählern und wiederholen, was sie schon
immer gesagt haben. Da wird beschönigt und versprochen, und statt klarer Aussagen
und Analysen serviert man uns einen Cocktail an rhetorischen Scharmützeln, deren
Informationswert sich nur noch Insidern erschließt.
Und dann ist er da, der Tag der Entscheidung, und alle
blicken auf den Ausgang der Wahl, als würde die Welt danach eine andere sein.
In Sondersendungen wird fleißig geschaltet und
kommentiert, die Kandidaten lächeln, bedanken sich bei den Wählern, und irgendwie
scheint es an diesen Abenden immer nur Gewinner zu geben.
Unmittelbar nach Schließung der Wahllokale werden am Abend
dann die ersten Hochrechnungen bekannt gegeben. Diese sind, wenn man sie mit dem
amtlichen Endergebnis vergleicht, bereits erstaunlich genau. Was verbirgt sich
dahinter? Die Kunst der guten Hochrechnung besteht darin, mit einerkleinen Auswahl an Werten ein möglichst genaues Ergebnis zu erhalten, und dabei
hilft ein interessantes Gesetz der Statistik.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten genau bestimmen, wie die
Farbverteilung in einem riesigen Berg an bunten Schokolinsen aussieht. Wie viel
Prozent der Schokolinsen sind rot, blau, gelb oder grün? Gehen wir davon aus, dass
die Farben gut
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