Acht Augen sehen mehr als vier
SMS über mich! Das weiß Emily ja noch gar nicht. Superpech für Laura! Was, wenn ich Emily die SMS zeige?
Wie mir so klar wird, dass Laura mir den Diebstahl tatsächlich zutraut, krieg ich die kalte Wut. Pah! Ich könnte dieser dämlichen Tanja Lauras Sachen fast gönnen. Aus purer Rache an Laura!
Die schwarze Wolke erstickt sogar den Appetit auf Schokoeis.
„Hey, Milan, was ist denn?“ Emily bemerkt es sofort.
„Nix. Ich bin nur sauer, weil ich diese Tanja nicht verhauen darf.“
Emily lacht. „Nett von dir, Ritter Milan!“
Ich könnte mich selbst in den Hintern beißen. Warum sag ich so was? Jetzt, genau jetzt hätte ich Emily Lauras SMS zeigen müssen. Außerdem hätte ich fragen sollen, ob Wolli irgendwann Lauras Geld zurückgegeben hat. Pech. Chance verpasst. Bin ich doch feige?
Finn lacht auch. Dass ich Tanja verhauen möchte, klar, das findet er gut! Er steckt Buch samt Kuli in seine Badetasche. „Also, gehen wir?“
„Nur wenn ich dich diesmal einladen darf, Emily. Ich hab doch bei Antonio Geld verdient“, sage ich schnell, bevor ich auch das verpasse.
„Kommt nicht infrage!“, sagt Emily.
Und ich grinse sie an und sage: „Oh, doch!“
Finn und ich schlüpfen in Shorts und T-Shirts. Emily streift sich den schicken Minirock und das zitronengelbe Top über den türkisfarbenen Bikini. Wir rollen die Badetücher ein und machen uns auf zu Antonio.
„Habt ihr gesehen, wie die uns nachgeglotzt haben?“, fragt Finn, als wir die Räder aus dem Ständer hieven.
„Wer?“ Emily und ich haben uns nicht mehr umgedreht. Wir sind zusammen durch das große Drehkreuz am Ausgang geschlüpft. Also so richtig cool eng. Rücken an Bauch oder so … Emily hat wieder so süß gekichert und ich war total elektrisch aufgeladen.
„Wer hat geglotzt?“, fragen wir beide erschrocken, als hätte Finn uns ertappt.
„Na, Tanja und ihre Bodyguards!“ Finn klingt empört. „Merkt ihr denn gar nichts?“
„Wir? Ähäm, ähäm doch!“, sage ich und pruste los, weil ich an was ganz anderes denke. Daran nämlich, wie Emily sich im Drehkreuz an mich geschmiegt hat. Das war echt WOW !
Emily kichert und wird himbeerrot unter ihrer Karamellhaut.
„Ja, ja, ich glaub’s euch!“ Finn tippt sich an die Stirn und setzt seine Sonnenbrille auf. Der ist vielleicht neidisch, oder?
Auf die Räder und los. Der Fahrtwind kühlt mein heißes Gesicht und streift mir angenehm durchs Haar.
Ich Depp. Warum hab ich Emily nur die SMS gezeigt? Warum hab ich nicht einfach behauptet, ich hätte die SMS gelöscht, als Finn es ihr verraten hat? Ich hätte so tun sollen, als ob es mir schnurzegal wäre, was Laura da behauptet.
Es war nämlich so: Finn, Emily und ich schlendern mit Mega-Eisbechern durch die Fußgängerzone. Bei Antonio war es uns zu voll. Sonntagnachmittag haben halt auch andere Leute die Idee, bei Antonio einzukehren. Also haben wir uns Pappbecher geholt, die Räder vor der Eisdiele stehen gelassen und sind eislöffelnd zum Brunnen spaziert.
Wir hocken kaum auf der Einfassung, Emily hat eins von den bronzenen Schafen erwischt, das grad von keinem Kleinkind besetzt war, da klingelt ihr Handy. Laura ist dran. Warum sie sich nicht meldet?
„Aber gestern auf Skype hab ich dir doch gesagt …“
Laura unterbricht sie. Sie quasselt und schnasselt Emily ins Ohr. Die hört mit offenem Mund zu und verzieht genervt das Gesicht.
„Welche SMS denn? Hab ich nicht gekriegt! Und was meinst du mit vorsichtig sein?“
Laura wieder, quassel, quassel …
„Ich hab dir aber doch gestern erklärt …“
Quassel, quassel.
„Wenn du so denkst“, schreit Emily plötzlich, „dann kannst du unsere Freundschaft vergessen!“ Emily drückt das Gespräch weg und guckt Finn und mich aufgebracht an. „Laura ist …“ Was, das sagt sie nicht. Aber Finn und ich haben schon begriffen. In Lauras Gequassel war ein Giftpfeil versteckt und das Gift wirkt heftig.
Emily wirft den Kopf in den Nacken wie ein scheuendes Fohlen. „Es hat alles keinen Sinn“, murmelt sie. „Ich muss mich erst abregen. Kommt, wir gehen.“ Sie rutscht vom Rücken des Bronzeschafs und schleudert den leeren Eisbecher in den Papierkorb.
Wir laufen Slalom durch das Gedrängel in der Fußgängerzone.
„Was war denn mit Laura?“, fragt Finn, als wir die Radständer bei Antonios Café erreicht haben.
„Die hat mir irgendeine Shit- SMS geschrieben, die ich nicht gekriegt hab. Ich dachte ja echt, Laura hätte sich eingekriegt.“
„Wegen Milan? Aber
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