Acht cropped
aufbrachte, auf der Intensivstation zu erzählen, dass seine Freundin Toni in Wirklichkeit sein Freund Toni war. »Ihr seid einfach davon ausgegangen, dass es sich bei Toni um eine Frau handelte. Umso schwerer fiel es mir, euch die Wahrheit zu erzählen. Ich wusste nicht, wie ihr damit umgehen würdet." Letztendlich hatte sie ebenso wenig wie der Rest vom Personal ein Problem mit seiner Homosexualität gehabt. Gut, es fielen schon mal einige deftige Witze, aber im Grunde konnten sie alle locker mit ihm umgehen.
Marc war Sven in vielen Hinsichten ähnlich: Er wirkte zurückhaltend und sensibel, charmant und attraktiv. Ja, warum sollte nicht auch er schwul sein?
Sie nahm sich vor, Andreas so bald wie möglich danach zu fragen. Sie musste grinsen. Vielleicht hatte Marc ihn ja sogar einmal angemacht! Wäre ja gar nicht so abwegig. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, dass Sven ihr einmal gesagt hatte, wie attraktiver ihren Ehemann fand.
Der Arme !, dachte sie belustigt. Wenn der wüsste, was er für eine Wirkung auf Homosexuelle hat!
Nach der Beerdigung ging Andreas schweigend neben Sonja vom Friedhof. Es war für die Trauergemeinde sehr bewegend gewesen, was der Priester über die Verstorbene gesagt hatte. Von der Tragik, dass ein so junger Mensch aus dem Leben scheiden musste und dabei noch ein ganzes Leben voller Möglichkeiten vor Cordula gelegen hatte. Von dem Verlust, der für die Familie und Freunde entstanden ist. Von den Fragen nach dem Warum und Wofür.
Dass sie auch ein verschlagenes Miststück war, das vor Erpressungen und Intrigen nicht zurückschreckte, verschwieg er natürlich. So eine verlogene Veranstaltung!
Es ärgerte ihn sehr, dass Marc ein hollywoodreifes Schauspiel aufs Parkett legte und mit seinen Tränen und der gespielten Trauer glatt Cordulas Mutter Konkurrenz machte. Meine Güte, der soll doch froh sein, dass sie uns endlich nicht mehr im Weg steht. Als ob es so ein Verlust für diese Welt ist, dass sie nicht mehr unter den Lebenden weilt, ging es ihm durch den Kopf, während sie dem Trampelpfad zurück zum Parkplatz folgten.
Am schlimmsten war für ihn gewesen, dass dieser Daniel sich die ganze Zeit rührend um Marc gekümmert hatte. Es hatte Marc anscheinend überhaupt nicht gestört, dass einige ehemalige Kollegen ihn missbilligend angesehen und mit dem Kopf geschüttelt hatten.
Er hätte ihm zu verstehen gegeben, sich wie ein Mann zu verhalten und nicht wie eine Tunte. Natürlich wäre in den eigenen vier Wänden Platz für Trauer gewesen, aber doch nicht vor allen Leuten. Wenn sie demnächst ein festes Paar waren, würde er Marc das auch unmissverständlich klar machen.
Aber so weit war es leider noch nicht. Stattdessen hatte er seine Frau an seiner Seite. Doch es war bestimmt auch ganz gut so; Marc brauchte Zeit, um zu einer Entscheidung zu kommen, und er musste den Weg in seine neue Zukunft auch erst einmal klarer vor sich sehen, bevor er konkrete Schritte wie eine Scheidung in die Wege leiten konnte.
Sonja kuschelte sich fest an ihn. Er dachte: Eigentlich schade um sie, sie ist eine klasse Frau. Aber ich will endlich meine wahren Gefühle ausleben und mit Marc zusammen sein, wann immer ich es möchte.
Er war zum ersten Mal Daniel begegnet. Bislang kannte er ihn nur von Fotos. Er musste zugeben, dass Daniel verdammt gut aussah. Verständlich, dass Marc bei ihm schwach geworden war und dass es ihm schwerfiel, sich von ihm zu trennen. Aber auch das würde er letztendlich hinkriegen.
Sie setzten sich in ihren Passat.
„Darf ich dich einmal etwas fragen ?« , begann Sonja, während sie den Anschnallgurt umlegte. »Der Marc war doch offensichtlich mit seinem Freund auf der Beerdigung. Weißt du schon länger, dass er schwul ist ?«
Andreas war so mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen, dass er keinen Augenblick lang überlegt hatte, welche Wirkung Marcs Auftreten auf seine Frau haben würde. Und sie ging schließlich davon aus, dass Marc einer seiner besten Freunde sei. Um sich nicht in irgendwelchen Ausreden zu verstricken erklärte er: »Ich weiß das tatsächlich schon ziemlich lange. Irgendwann nach seiner Zivildienstzeit hat er sich mir anvertraut, als er in Paderborn seinen ersten Freund hatte. Ich habe ihm allerdings damals versichern müssen, dieses Geheimnis für mich zu behalten, weil er hier im Sauerland nicht als Schwuler in Erscheinung treten wollte. Umso überraschter war ich, als er mit seinem Freund - der heißt übrigens Daniel - zur
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