Achtmal kam der Tod Kommissar Morry
überall gleichmäßig locker. An der einen Stelle bauschten sie sich auf, an der anderen waren sie glatt.
„Eh, Duke“, zischte er aufgeregt. „Komm mal hierher! Du mußt mir leuchten.“ Er zog sich geräuschlos einen Stuhl heran und stieg hinauf. Als das Licht der Lampe über die schweren Vorhänge tanzte, strich er hastig über den bunten Stoff. Sein Instinkt hatte nicht getrogen. Als er den Überwurf abtastete, spürte er plötzlich einen schmalen Gegenstand zwischen den Fingern. Er pfiff leise durch die Zähne, zerrte rasch sein Messer aus der Tasche, schnitt kurzentschlossen den Überwurf auseinander. In seinem Gesicht setzte sich ein breites Grinsen fest. Kunstgerecht schnitt er ein Heft aus dem Stoff. Ein schwarzes Heft, das mit unzähligen Formeln und Erläuterungen beschrieben war.
„Triebsatzproben“, buchstabierte er. Das genügte ihm. Dieses eine Wort hatte sein dämliches Hirn auf jeden Fall behalten. Er warf das Heft Duke Calahan zu und grinste wieder bis über die Ohren.
„Das erste Drittel der Prämie haben wir bereits in der Tasche“, raunte er gutgelaunt. „Wollen so weitermachen, Duke! Halt die Lampe etwas höher.“
Es dauerte keine zwei Minuten, da hatte Cloy Foster das zweite Heft aus dem schweren Stoff herausgeschnitten. Triumphierend warf er auch diesmal die Beute zu Duke Calahan hinunter. Aber dann war Schluß. Dann machte ihnen das Schicksal einen Strich durch die Rechnung. Cloy Foster wollte gerade wieder mit seinem Messer den Vorhang tranchieren, da hörte er eine Tür im Korridor klappen. Einen Moment stand er wie erstarrt, in der nächsten Sekunde sprang er vom Stuhl herunter.
„So ein Pech“, fluchte er. Er lauschte atemlos in Richtung der Tür. Duke Calahan hatte die Lampe gelöscht. Sie standen beide im Finstern und horchten wie erschreckte Ratten auf die nächsten Geräusche. Zuerst rührte sich gar nichts. Sie glaubten schon, sie hätten sich getäuscht. Aber dann waren plötzlich Schritte vor dem Arbeitsraum. Eine Hand tappte an die Klinke. Die Tür öffnete sich langsam, Zoll um Zoll. Draußen auf dem Korridor brannte Licht. Im Widerschein dieses Lichtes sahen sie eine zierliche, schmächtige Gestalt. Es war James Keeton. Sein Gesicht konnten sie nicht erkennen. Es war dem Licht abgewandt. Es blieb im Dunkeln. Aber etwas anderes sahen sie. Sie sahen, daß er einen glänzenden Gegenstand in der Linken trug. Sie glatibten, daß dieses Ding die Form einer Birne 'hätte und die Größe einer Faust.
Ein panischer Schreck durchfuhr ihre Glieder. Sekundenlang waren sie wie gelähmt vor Furcht. Sie mußten daran denken, wie elend Tom Hawley und Jeff Frewin wegen einer solchen Kapsel krepiert waren. Das gleiche Ende stand ihnen nun selbst bevor. Wie lange würde es denn noch dauern, bis diese tückische Glaskugel vor ihren Füßen zerschellte. Vielleicht fünf Sekunden. Vielleicht auch nur vier . . . oder drei . . .
Bleich vor Entsetzen stürmte Duke Calahan auf das nächste Fenster zu. Die beiden kostbaren Hefte hielt er verkrampft in der Linken. Mit der Rechten riß er den Vorhang in Fetzen. Er nahm sich keine Zeit, ihn ordentlich aufzuziehen. Er nahm sich auch keine Zeit, das Fenster in die Höhe :zu schieben. Mit der Faust schlug er die große Scheibe ein. Es kümmerte ihn nicht, daß scharfe Splitter im Rahmen stecken blieben. Es kümmerte ihn auch nicht, daß das Blut in Ströhmen über seine Hand rann. Wie von Furien gehetzt schoß er durch das Fenster. Die scharfen Splitter rissen ihm Gesicht und Nacken blutig. Er stürzte kopfüber auf den schmutzigen Boden hinaus. Er merkte es kaum. Er hatte nur das glückliche Gefühl, daß er gerettet war. Tief atmete er die dunstige Luft ein. Sie war naß und kalt, aber sie enthielt kein Gift. Sekunden später landete auch Cloy Foster neben ihm. „Weg“, zischte er mit zuckenden Lippen. „Nichts als weg. Ich habe genug für heute.“
Wie galoppierende Pferde setzten sie über den niedrigen Heckenzaun. Es kam niemand hinter ihnen her. Kein Schrei klang durch die Stille. Kein Hilferuf alarmierte die Nachbarschaft.
„Das ist gerade noch einmal gut gegangen“, brummte Duke Calahan erleichtert. „Schade, daß der Kerl nicht noch ein paar Minuten gewartet hat. Dann hätten wir noch das dritte Heft kassieren können.“
„Es reicht auch so“, meinte Cloy Foster zufrieden. „Leslie Carron weiß nun, wer ihm das Zeug gestohlen hat. Schätze, das ist eine ganze Menge wert.“
Sie liefen hastig zur U-Bahn-Station und
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