Achtmal kam der Tod Kommissar Morry
genug gearbeitet. Heute Abend wird gefeiert. Machen Sie sich recht schön, Miß Violet.“
Violet Alvey blickte bekümmert an ihm vorbei. Sie war völlig verändert. Der helle Glanz in ihren Augen hatte einer stumpfen Leere Platz gemacht. „Ich möchte lieber nicht mitgehen“, sagte sie tonlos. „Ich bin müde, Mr. Carron. Ja, ich bin wirklich müde.“
12
Inzwischen waren Cloy Foster und Duke Calahan mit einem Bus nach Fulham gefahren und an der Bishops Terrace ausgestiegen. Da es für einen Einbruch noch zu früh war, hockten sie sich in einen kleinen Saloon und vertranken den Vorschuß, den ihnen Leslie Carron übergeben hatte. Vier Stunden lang gaben sie mit ihren Scheinen mächtig an. Sie ließen Schnaps und Bier auffahren, daß alle anderen Gäste neidisch die Hälse reckten. Als sie schließlich den Kragen voll hatten, zahlten sie ihre mächtige Latte und brachen auf. Draußen empfing sie eine dunkle, lichtlose Februarnacht mit wäßrigem Schneetreiben. Sie bekamen schon nach den ersten Schritten hasse Füße. Auf den Gehsteigen schwamm das Wasser in riesigen Lachen.
„Das ist die zweite Sintflut“, knurrte Cloy Foster mürrisch.
„Unsereiner muß sich sein Geld verdammt sauer verdienen. Wäre viel lieber in der Kneipe hocken geblieben.“
„Blödsinn!“, schimpfte Duke Calahan. „Dort drinnen verdienen wir kein Geld. Müssen etwas für unsere Kasse tun. Schlage vor, daß wir jetzt schnurstracks diesen James Keeton auf suchen.“
Das taten sie denn auch. Sie marschierten die Bishops Terrace hinunter, bis sie Nummer 21 erreichten. Neugierig musterten sie das kleine Anwesen. Hinter einer niedrigen Hecke tauchte die Behausung James Keetons auf. Sie war in dem dichten Schneetreiben nur undeutlich zu erkennen. Aber soviel sah man doch, daß es eine ehemalige Gartenlaube war, die James Keeton zu einem schmucken Landhaus umgebaut hatte. Es gab nur ein Erdgeschoß. Das Dach duckte sich tief über die Scheiben nieder. Nirgends brannte ein Licht. Cloy Foster musterte lauernd die zugezogenen Vorhänge.
„Der Bursche scheint zu Hause ,zu sein“, brummte er. „Wir müssen höllisch aufpassen. Leute, die geklaut haben und die Beute in ihrer Wohnung verbergen, haben meist einen verdammt leichten Schlaf.“
Sie schlichen um den Heckenzaun herum und sprangen mit einem langen Satz in den Garten hinein. Gleich darauf standen sie vor dem Haus. Da sie nicht wußten, in welchem Zimmer James Keeton schlief, mußten sie ihren Weg durch die Tür nehmen. Cloy Foster übernahm die Arbeit am Schloß. Er hantierte nur zwei Minuten mit einem Sperr- haken herum. Dann stand die Tür offen. Sie gerieten in einen völlig finsteren Korridor. Regungslos blieben sie stehen. Angespannt horchten sie in die Finsternis. Hinter einer der Türen glaubten sie ein leises Schnarchen zu hören. Ja, es waren die ruhigen Atemzüge eines Schlafenden. Der Mann hatte keinen Laut ihres Eindringens gehört.
„Weiter!“, zischte Cloy Foster ungeduldig. „Die eine Tür lassen wir aus. Die anderen werden wir uns der Reihe nach vornehmen.“
Er schaltete seine Stablampe ein und blendete sie soweit äb, daß sie nur notdürftig den Weg erhellte. Dann nahmen sie sich die einzelnen Türen vor. Die erste führte ins Bad, die zweite in die Küche. Aber mit der dritten hatten sie Glück. Sie kamen in den Arbeitsraum des Ingenieurs. Überall standen Regale mit Flaschen und riesigen Glaskolben herum. Daneben gab es eine Menge Fachbücher und verschlossene Schränke. Duke Calahan blickte sich neugierig um. Wo würde ich hier etwas verbergen, überlegte er angestrengt. Wo würde ich die Sache so verstecken, daß sie kein Schnüffler zu Gesicht bekommt. Bestimmt nicht in den verschlossenen Schränken. Auf keinen Fall im Tresor. Dann schon eher hinter den Büchern. Oder zwischen ihnen. Werden mal nachsehen. Er machte sich sofort an die Arbeit. Obwohl er noch nie etwas von chemischen Formeln gehört hatte, hoffte er, die kostbaren Hefte sicher zu finden. Er verließ sich auf seinen Instinkt. Er nahm es genau. Er nahm jeden einzelnen Band aus dem Regal und stellte ihn dann wieder an seinen alten Platz zurück. Aber so lange er auch suchte, er fand keinerlei Kostbarkeiten. Cloy Foster hatte die Bücher hochmütig übersehen. Er nahm sich statt dessen den Boden und die Wände des Zimmers vor. Als er neugierig die Vorhänge beäugte, machte er plötzlich eine Entdeckung. Die Falten des schmalen Überwurfs unter der Gardinenstange fielen nicht
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