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Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Mittermeier
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dahin stand ich nachtein und nachtaus vor meiner Tochter und massierte ihr den Bauch. Um die Winde aus dem Körper auszutreiben. Ich kam mir ein bisschen vor wie ein Furz-Exorzist. Kreisend drückende Bewegungen und die Gebete: »Wir haben Blähungen, und wir machen so lange reibe-reibe, bis die ganzen Pupsmonster besiegt sind. Fahr aus, Satanspups. Weiche … Reibe-reibe …«
    Bei den beschwörerischen Kreiseldrückbewegungen ist ganz wichtig: immer im Uhrzeigersinn, wegen der Darmrichtung! Ich wusste früher gar nicht, dass der Darm auch eine spezielle Richtung hat. Ich dachte, der verrichtet seinen Dienst, ohne seiner Tätigkeit ein Ziel vorzugeben. Wenn man aber gegen den Uhrzeigersinn massiert, wäre das kontraproduktiv. Ich kann mir sogar vorstellen, dass das in Folterfilmen wie »Hostel« als neue Methode eingesetzt wird. Die Handlung von »Hostel VII«: In einem Hostel in Budapest werden lauter Frauen entführt, die vorher laut im Café über ihre Blähbauchprobleme gesprochen hatten. Als sie später aus ihrer Betäubung aufwachen, festgeschnallt auf eine Liege, steht ein muskulöser russischer Masseur vor ihnen, der seine Hände gegen den Uhrzeigersinn einzusetzen weiß: … »Poff!«
    Ich war bei Lilly natürlich im Auftrag des Guten unterwegs, das böse Pupsmonster zu bekämpfen. Man wird quasi zum Magier der Winde. Ein guter Trick ist, wenn das Baby auf dem Rückenliegt, seine Beine anzuwinkeln und sanft zum Bauch zu drücken. Man mag es nicht glauben, aber da geht was, stundenlang. Ich dachte mir oft, das ist doch physiognomisch gar nicht möglich, so viel heiße Luft in diesem kleinen Körper! Wenn das alles da drin war, müsste die aufgebläht sein wie Rainer Calmund nach einem Zehn-Gänge-Menü. Ich fragte mich, ob man so eine zerstörerische Blähgeruchskraft (dieses Wort wird im Word-Rechtschreibprogramm nicht rot unterkringelt, das heißt, es ist ein bestehendes Wort und das schreibt man wirklich so) nicht auch positiv nutzen könnte. Zum Beispiel für ökologisch unbedenkliche Ballonfahrten, oder als Biopupsgas fürs Auto. Ich setze Lilly hinten rein, zünde das Feuerzeug an und – wwwrrroommmm. Vielleicht konnte ich sie als revolutionäre Energiequelle zum Patent anmelden. Oder sie würde mit ihrer speziellen Fähigkeit eine Superheldin. Wie in der Serie »Heroes«. Es gibt dort viele normale Menschen mit außergewöhnlichen Begabungen, die sie für das Gute einsetzen. Was wäre die Folge? Meine Tochter wird Pups-Woman. Die Menschen erstarren und schnuppern nach oben: »Ist es ein Busfahrer im Sommer? Ist es ein Fußballer nach dem Elfmeterschießen? Ist es ein Discofoxtänzer in der Sauna?«
    »Nein, es ist Pups-Woman!«
    »Fffffffffrrrzzzzzzz!«
    »Pups-Woman, hilf uns gegen den bösen Wickel-Man.«
    Das hört sich zwar alles amüsant an, aber diese Blähungen sind eine schlimme Quälerei. Babys leiden sehr darunter, denn bis die Blähungen in umgewandelter Form als Pupse das Licht der Welt erblicken, machen sie das, wofür sie bezahlt werden. Sie blähen. Und das tut weh. Erst denken sich die Mütter: Habe ich was Falsches gegessen und es durch meine Muttermilch weitergegeben? So was kann schon mal vorkommen, aber die Blähungen verrichten auch so ihren Job. Die sind einfach da, drei Monate lang. Und dann waren sie irgendwann wieder weg. Wie die Hunnen.

[Menü]
    Das Schreien der Inkas
    »Wuääääääääääääööö!«
    Du erwachst mitten in der Nacht mit Panik. Fliegeralarm! Ach so, nein, Baby in der Luft. Habe ich vorher schon mal erwähnt, wie laut Babys schreien können? Ich meine damit wirklich laut. Laut laut. Nicht so, dass es bloß wehtut, sondern dass sich im Gehörgang die Härchen aufstellen wie die Haare auf dem Rücken einer Katze, die ihr Revier verteidigt. Gehörknöchelchen zerbröseln und die Mauern von Jericho zerfallen zu Staub.
    »Wuääääääääääääööö!«
    Babys sind kleine Drama Queens. Sie leben im Moment. Haben sie Hunger, wollen sie jetzt was (das kenn ich doch von irgendwoher). Es gibt kein »oh, Papa macht gerade die Flasche, in ein paar Minuten wird es mir besser gehen«. Nein, jetzt, sonst schreie ich die Bude zusammen. Vom Spirit her finde ich das eigentlich gut, Babys sind menschliches Leben in Reinkultur – unversaut, noch formbar, aber in ihren Instinkten und Fähigkeiten dem Tier sehr ähnlich. Ein Hängebauchschwein ist nach drei Monaten selbstständiger als ein Menschensäugling. Das gibt einem doch ein bisschen zu denken. So ein

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