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Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Mittermeier
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man bedenkt, dass dann Millionen Mütter, die keinen Zugang zu sauberem Wasser haben, diese Babynahrung mit verunreinigtem Wasser zubereiten müssen, verliert der Charity-Gedanke an Wert. Die Industrie kennt das Wasserproblem, aber trotzdem wird weiterhin fleißig oft nur das Pulver geliefert, denn es geht auch darum, zukünftige Märkte zu erobern. Da sage ich doch, ernährt die Eltern, dann können die auch ihre Kinder ernähren!
    Leider gibt es beim Stillvorgang zwischen Mutter und Kind nicht nur Schönes zu berichten. Viele Mütter bekommen Milchstau, und das kann schnell zu einer Brustentzündung führen. Gudrun sagte mal: »Die Brüste werden zum Seismografen, ob es einem gut geht oder nicht.« Wie so eine Art Frühwarnsystem, bevor der Bazillen-Sepp zuschlägt. Ich erinnere mich noch an ein schräges Bild aus den ersten Wochen. Wir saßen im Wohnzimmer auf der Couch am Fenster, und Annette, unsere Nachsorgehebamme, betastete die Brüste meiner Frau. Ich dachte mir, wenn das unsereNachbarn beobachten, denken die wahrscheinlich, bei uns läuft ein Porno-Casting ab, bei dem die Regisseurin vor dem Dreh noch die Knetkonsistenz der Hauptdarstellerinnenbrüste prüft. Das beste Mittel gegen Brustentzündung sind laut alten Hebammenüberlieferungen Quarkumschläge auf die Brüste. Ich muss zugeben, das sah schon etwas gewöhnungsbedürftig aus. Das ist so »9 ½ Wochen« für frisch gewordene Eltern: »Baby, schmier die Brüste mit Quark ein, und dann wird abgeleckt.«
    Ob Mickey Rourke damals bei so was mitgemacht hätte?
    Ein weiterer kniffliger Aspekt ist das Thema Milch abpumpen. Die Milchpumpe wird oft als großes Freiheitsinstrument hingestellt. Frauen, die ihr Kind stillen, aber auch gleichzeitig wieder in ihrem alten Job weiterarbeiten wollen, haben die Möglichkeit, zwischen den Meetings Milch abzupumpen. Diese wird dann in Portionen eingefroren, und daheim kann dann der Ehemann das Baby mit der wieder aufgetauten Pumpmilch füttern. Es gibt tatsächlich Fake-Brustkonstrukte, die sich Männer umhängen können, und dann soll man ein bisschen Stillfeeling bekommen. Das ist Blödsinn. Ich hab mich gefühlt wie eine Transe.
    Man pumpt Milch nicht nur für die Karriere ab. Auch wenn die Kleinen mal nicht an der Brust trinken wollen, kann man das machen und die Muttermilch per Fläschchen geben. Das hört sich alles so locker-flockig an, aber ich kann allen Unwissenden da draußen sagen: Stillen ist zehrend und anstrengend, ob die Milch abgepumpt wird oder nicht. Was Gudrun da über Monate geleistet hat, war schon fast eine zweite kleine Geburt. Ich finde das Stillen faszinierend, die Tatsache, dass eine Mutter ihr Kind selbst ernähren kann. Aber ich habe auch den Druck gesehen, der dabei auf meiner Frau lastete. Sie hatte oft Angst, krank zu werden, weil dadurch die Nahrungskette abreißen würde. Und das Milchabpumpen, das dazu dient, für Notfälle einen kleinen Vorrat anzulegen, ist eine weitere Herausforderung für Frauen. Da ich nicht die Fachfrau im Milch-Business bin, möchte ich an dieser Stelle die Betroffene offen zum Thema sprechen lassen, wie sie das damals empfand. Dies sind die Worte meiner Frau:
    »Das Milchabpumpen mit einer Milchpumpe ist das Entwürdigendste, was ich als Frau je erlebt habe. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass das für meine Tochter so wichtig ist, hätte ich das sicher sein lassen. Und ich weiß auch nicht, ob Lilly das je zu schätzen wissen wird, was ich da für sie getan habe. Wenn ich ihr das in vielen Jahren mal erzählen werde, sitzt sie wahrscheinlich nur da und zuckt leicht mit der Schulter: ›Okay, danke.‹ Die Milchpumpe hatte etwas Surreales für mich. Vor der Schwangerschaft dachte ich, ich habe die schönsten Brüste des Universums (ich kann das bestätigen, der Autor). Und dann sind die zu Pornoformaten gewachsen, das sah absurd aus. Stillen ist ein wunderschöner, inniger Moment, aber beim Milchabpumpen lässt man sich noch freiwillig mit Vakuum-Saugglocken seine Brüste langziehen. Das ist wie so eine Melkmaschine. Da kann man noch so verliebt sein, das geht nicht spurlos an einem Partner oder dem Sexualleben vorbei.«
    So hat Gudrun immer verweigert, dass ich ihr dabei zugucke, wenn sie die »Pump 800« angeworfen hat. Sie hatte Angst, dass wir nie wieder ein gescheites Sexualleben haben werden. Da ich früher in den Sommerferien auf dem Bauernhof meines Onkels auch mal im Kuhstall mitgeholfen habe und mit so großen Melkmaschinen hantieren musste, war es

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