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Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Mittermeier
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Kurzbeschreibung meines vergangenen Jahres. Erst die Entscheidung, schwanger zu werden, dann die Geburt und ihre Folgen und … auf den dritten Teil warte ich noch ein bisschen. Angeblich soll es ja einen verschollenen, fertiggeschriebenen vierten Teil der Buchserie von Stieg Larsson geben. Ich weiß schon wie der heißen könnte:
    »Verblendung«
    »Verdammnis«
    »Vergebung«
    »Verwahrlosung«
    Ich will nicht alle frischen Eltern schlechtmachen, nicht überall ist die Wohnung verwahrlost, und nicht überall müssen Kinder in Müllbergen leben. Oder? Aber bei uns ist es so: Das Schlafzimmer sieht aus wie ein Lagerraum einer gut organisierten Diebesbande, die sich auf den Einzelhandel spezialisiert hat. Aber alles, was mit dem Baby in Berührung kommt, wird penibelst durchgecheckt. Schnuller und Trinkflaschen werden nicht nur abgewaschen, sondern auch mit der Desinfizierungsmaschine durchgespült. Für alles gibt es Baby-Equipment. Und nie mit demselben Wasser zweimal desinfizieren! Das Desinfizieren wurde bei mir richtiggehend zur Manie. Dass ja kein atomgroßer Keim mein Baby erreichen kann, und keine bösen Bazillenpiraten ihre Enterkünste ausleben können. Sie nannten mich Mr. Sagrotan. Das Baby wird auch immer sauber und schick gemacht, egal, was drum herum passiert. Selbst konnte man mit seinem Erscheinungsbild unter der Brücke gute Freunde finden, aber die Kleine sah immer aus wie aus dem Ei gepellt. Man will ja nicht als Rabenvater dastehen.Und ein rosafarbener Strampler mit lila Schleifchen bringt bei Freunden auch die eingefleischtesten Kinderhasser zum Schmelzen. Das ist wiederum etwas, was ich ganz toll finde. Babys haben eine extrem positive Wirkung auf Erwachsene. Der kann sich kaum einer entziehen. Es ist so eine Art Weichmacher. Selbst bei Menschen, die sonst sehr kopflastig und spröde sind. Zum Beispiel Freunde von uns, die auch immer Kinderskeptiker waren und mit denen wir früher immer wunderbar über andere Eltern lästern konnten. Die besuchten uns, als Lilly etwa ein Jahr alt war. Gleich zu Beginn die üblichen Bemerkungen: »Na, wie ist es denn jetzt so mit Kind? Heute schon geschlafen?«
    Dann kam Lilly, sah und siegte. Sie blickte sie mit ihren neugierig freudigen Augen an, und plötzlich, galupp, galupp, schlabunz, schlagang, waren sie verwandelt. Und noch der härteste Griesgram wird den Kampf gegen die hochkommenden Gefühle verlieren, wenn ein echtes Baby ins Spiel kommt. Babys bewerben sich gewissermaßen selbst. Aber die brauchen natürlich auch einen Marketingleiter. Und diese Rolle habe ich dann übernommen: »Ihr solltet auch Kinder haben!«
    Ja, ich habe es wirklich gesagt.

[Menü]
    Spuckiluckituch
    Es gibt eine letzte Barriere der Zivilisation, die sich gegen Verfall und Verwahrlosung bei frischgebackenen Eltern stemmt: das Spucktuch. Babys spucken, das ist wie ein eingebautes Überlaufventil: Du füllst oben Milch rein, und da kommt es dann kurz später auch oft wieder zum Vorschein. Dann heißt es wieder nachfüllen. Das ist alles noch human, solange sie noch nicht die Distanz für sich entdeckt haben. Die Kleinen praktizieren anfangs ein gemütliches Rauslaufenlassen. Bei betrunkenen Männern hat man das auch schon so beobachtet. Der einzige wirkliche Schutz vor Anspucken und die wichtigste Erfindung für Babyeltern ist das Spucktuch. Das sind diese undefinierbaren Stofffetzen, die Millionen Eltern auf ihre Schultern legen. Diese Spucktücher sehen alle gleich aus, als ob sie aus alten Mullbinden ehemaliger Mumien gemacht werden. Wenn man sie dann wäscht, krumpeln die ganz furchtbar. Nach zweimal Waschen sehen sie aus wie kurzgeschnittene Verbandstücher. Das wäre doch mal eine Marktlücke: Designer-Spucktücher. Ed Hardy und sein ausführender Klamottensklave Christian »Isnogud« Audigier werden sicher bald was entwerfen. Dann würde es wenigstens wieder passen: Mode zum Kotzen. Da Eltern ja die Angewohnheit haben, in Anwesenheit ihrer Nachkommen in eine kindliche Sprache zu verfallen und Dinge umzubenennen, wurde aus Spucktuch zum Beispiel Spuckiluckituch. Fragt mich nicht, wie wir darauf kamen, es ist so schon schlimm genug.
    Das Spuckiluckituch hat die Elternwelt revolutioniert wie keine zweite Erfindung der Neuzeit. Da Babys wegen fehlender Halsmuskeln am Anfang ihren Kopf noch nicht alleine halten können, hält man dann das Baby aufrecht im Arm und lehnt den Kopf an oder über die Schulter mit der Öffnung auf das Spucktuch, kann es da draufschlatzen. Aber

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